Silver Apples
Sliver Apples
[ sexy | selbstbewusst | mixtapig ]
Die wichtigste gute Nachricht für Ariana Grande 2020 ist, dass sie definitiv nicht mehr die große PR-Bühne braucht, um eine erfolgreiche Pop-Künstlerin zu sein. Positions ist nach Thank U, Next vom letzten Jahr die zweite LP der Sängerin, die eher in Form einer Mixtape-artigen Guerilla-Release-Taktik erscheint statt mit großem Single-Backing und vorläufigem Trara und demnach zu urteilen, was man so mitkriegt, ist es auch das beste so. Als Promi-Persönlichkeit und ehemaliger Teeniestar, der viel im öffentlichen Interesse stattfand, waren Promophasen für Grande seit jeher Stoßzeiten für Hasskommentare und Boulevard-Schnickschnack und ich kann gut verstehen, dass sie auf diesen Mist inzwischen gut verzichten kann. Zumal sie ja anscheinend keine fette Promomaschinerie braucht, um nach wie vor genauso präsent zu sein und nach dazu mehr und mehr kritische Props als ernstzunehmende Künstlerin ansammelt. Ich für meinen Teil bin zwar der Meinung, dass ihre letzten beiden Alben innerhalb dieser Schiene nicht so gut waren wie ein Dangerous Woman vor vier Jahren, doch sehe ich deren Problem nicht in der Herangehensweise an sich, sondern eher in der Attitüde und musikalischer Umsetzung. Und dass es besser funktionieren kann, zeigt uns nunmehr Positions, das ästhetisch und strukturell wieder ähnlich funktioniert. 14 Songs, die sich eher anfühlen wie ein Mixtape als ein Album und bei denen im Mittelpunkt zu hundert Prozent die Musik steht und damit das, was Ariana zu sagen hat. Einige haben Positions in den letzten Tagen als Quarantäne-Album bezeichnet, ich persönlich sehe dafür nicht unbedingt ein Indiz. Es sei denn man will darauf anspielen, dass Grande zu lange alleine zu Hause war und deshalb diese Songs schreibt. Denn wenn diese LP durch eines auffällt, dann die aggressive Sexualität vieler Stücke hier. Wenn man so will, ist der Name dieser Platte auf eine sehr physische Art und Weise zu verstehen und auch der entsprechende Titeltrack suggeriert ähnliches: Das hier ist in großen Teilen ein Album über Sex und ich kann folgendes an dieser Stelle nicht deutlich genug betonen: Es wird in einigen Momenten ziemlich explizit. Nicht, dass das etwas wirklich neues wäre, denn für einen guten Matratzenjam war diese Künstlerin ja schon immer zu haben, doch ist es neu, dass diese Themen so exklusiv behandelt werden. Und vor allem ist es absolut nichts schlechtes. Dass Grande ein Talent für erotisches Songwriting hat, ist vom ersten Moment an sehr offensichtlich und auch ihre Performance als Sängerin passen sehr gut ins Konzept. Des weiteren finde ich auch den etwas loseren strukturellen Ansatz cool, der nicht zu irgendwelchen Quotenhits verpflichtet ist und dem ganzen vor allem klanglich einen Vibe gibt, den man tatsächlich gut in Momenten trauter Zweisamkeit auflegen kann. Und wenn das die Art und Weise ist, wie diese Künstlerin ihre Kompetenzen am besten präsentiert, dann soll es ihr Schaden nicht sein. Schlussendlich ist es ja vor allem eine schöne Sache, dass man als Frau 2020 so ein Album machen kann ohne blöde Kommentare abzukriegen und Grande wieder Mal zeigt, dass sie den Arsch in der Hose hat, zu machen wonach ihr musikalisch gerade ist, statt erwartbar und öffentlichkeitskonform zu sein. Positions ist dahingehend zwar kein so deutliches Statement wie Thank U, Next, muss es aber auch gar nicht sein. Es reicht, dass Ariana hier in ihrer Zone ist und alle anderen die Klappe halten können. Das hat sie sich immerhin schwer erarbeitet.
Hat was von
Teyana Taylor
KTSE
Christina Aguilera
Liberation
Persönliche Höhepunkte
Motive | Just Like Magic | Off the Table | Six Thirty | Nasty | Love Language | Positions | Obvious | POV
Nicht mein Fall
Shut Up
Es ist eine ziemliche Schmach, wie wenig ich auf diesem Format 2020 über Shoegaze gesprochen habe, gemessen daran, wie viel es in der Vergangenheit hier stattfand. Mitte November diesen Jahres gibt es gerade Mal eine Besprechung hier, die mit dem entsprechenden Genre-Tag versehen ist, und das ist die zum aktuellen Deftones-Album, das ja eigentlich primär eine Metal-LP mit Shoegaze-Einschlag ist, also auch nicht wirklich güldet. Damit die Saison für mich aber nicht komplett ohne ein empfehlenswertes Stück Musik aus diesem Bereich zu Ende geht, gibt es jetzt das neue Album von Nothing, die hier wieder mal beweisen, dass man sich in solchen Situationen auf sie verlassen kann. Bereits seit sechs Jahren gehört ihr Katalog in meinen Augen zu den stabilsten, die der moderne Shoegaze-Pop vorweisen kann und überzeugt seit dem Debüt Guilty of Everything 2014 pünktlich alle zwei Jahre mit einer guten bis sehr guten Neuerscheinung. Und viel mehr als dass the Great Dismal in dieser Hinsicht wieder abliefert, gibt es an dieser Stelle eigentlich nicht zu vermelden. Nach den etwas waghalsigeren, großkotzigen Ansätzen des Vorgängers Dance On the Blacktop von 2018 ist die Stimmung hier wieder etwas konservativer und konzentriert sich auf bewährte Kernkompetenzen: Schürfende Riffs, süßlich-melancholische Wellenbrecher, viel Dynamik und genau die richtige (Über-)dosierung von Reverb auf allen Spuren, die für ein ausgewogenes psychedelisches Erlebnis sorgen. Nothing sind dabei seit dem letzten Mal ein Mü rockiger geworden, auch wenn sie diesmal weniger Liam Gallagher sein wollen als Rachel Goswell. Vor allem heißt das, dass the Great Dismal auf kompositorischer Seite schön klassisch bleibt und herrlich nach den frühen Neunzigern klingt, in Sound und Produktion aber so breitbeinig aufgestellt ist wie nie zuvor und tatsächlich die Ästhetik sucht, die am meisten scheppert und den größten Raum greift. Best of both worlds also und in seiner Ausführung tatsächlich ein Shoegaze-Highlight wie aus dem Lehrbuch. Fast jeder Song hier ist auf seine Art ein Höhepunkt, abfallende Formkurven gibt es kaum und wenn, dann nur damit Nothing kurz danach mit einem fetten Break aus dem Hinterhalt kommen und mich wieder völlig verzaubern. All das konnten sie zwar auch vorher schon, doch ist the Great Dismal das Album, auf dem vieles noch mal ein Stückchen besser ausbalanciert und zurechtoptimiert klingt. Und klar kann man der Band vorwerfen, dass das mittlerweile sehr routinemäßig geschicht und wirklich neue Ideen weiterhin wenig stattfinden, doch müsste mich diese tolle Eingespieltheit und Chemie dafür erstmal stören, was hier absolut nicht der Fall ist. Im Gegenteil: Neben Tired of Tomorrow von 2016 dürfte das hier das bisher stärkste Album der Gruppe sein. Das große Jahreshighlight im Bereich Shoegaze ist es außerdem, das allerdings ist 2020 auch nicht besonders schwer.
Hat was von
Slowdive
Slowdive
Simon Says No!
Simon Says No!
Persönliche Höhepunkte
A Fabricated Life | Say Less | April Ha Ha | Famine Asylum | Bernie Sanders | In Blueberry Memories | Blue Mecca | Just A Story | Ask the Rust
Nicht mein Fall
-
02-22-37-53-69 / 24 20-22-33-61-65 / 1913-30-35-42
1.4666936540e-1 8.7269812070e-1 -7.9772268600e-1 4.9165155510e-1 -1.9563630520e+0 -2.7657833730e-1 -9.6209114130e-1 5.3905906730e-1 -9.4181971910e-1 -6.7499694670e-2
Play a minor pent scale in F with attack on the 3rd string
0.3046736287 0.9231569187 0.4064404742 0.1357162095 0.2769495434 0.6286829547 0.9438945898 0.0246102734 0.5644677842 0.0487098774Nicht mein Fall
0.1315103305 0.6963750150 0.1172190861 0.8850091025 0.1986352299 0.2694500406 0.6025193453 0.1920965301 0.2627698326 0.58069413501000kilosonar bei Twitter
Hinsichtlich der Parameter, die ich an elektronischer Musik gemeinhin mag, war Actress schon lange ein Künstler, den ich theoretisch hätte gut finden müssen. Seitdem ich seine Musik vor etwa sechs Jahren zum ersten Mal aufschnappte, war sein Ansatz einer, den ich von der Idee her irgendwie mochte. Die dekonstruierten Elemente von House, Techno und Minimal, seine abstrakte Kompositionsweise, der kohärente Sound und ein immenses Geschick für gute Postproduktion waren Sachen, die ich an artverwandten Kolleg*innen wie Andy Stott, James Ferraro oder Autechre (bisweilen) eigentlich schätzte, die mir bei ihm nur immer etwas in den falschen Hals kamen. Sowohl Ghettoville von 2014 als auch AZD von 2017 waren Platten mit Potenzial, bei denen in meinen Augen aber immer auch irgendetwas fehlte oder die mir zu chaotisch waren. Mit Freude kann ich allerdings berichten, dass vor einigen Wochen nun die LP erschienen ist, die diesen Knoten für mich löst und endlich das offenbart, was ich in seinen Songs schon immer gesehen habe. Dabei ist Karma & Desire in vielen Punkten mal wieder völliges Neuland für den Londoner. Die grundlegenden Elemente von verhackstücktem House und Minimal bleiben hier zwar erhalten, doch ist das Ergebnis wesentlich weniger verglitcht und avantgardistisch, sondern eher verhalten und ambient. Zu großen Teilen würde ich mich gar dazu hinreißen lassen, das hier als Downtempo-Album zu bezeichnen, wenngleich nicht auf eine groovig-loungige Art und Weise, eher chillig im Sinne von unterkühlt. Klanglich nimmt Karma & Desire viele Ästhetiken von alternativem R'n'B, Vaporwave und Artpop auf, sowohl kompositorisch als auch in der Produktion. Immer wieder gibt es hier Spuren, die ein bisschen verrauscht und pappig sind, zwischen die scharfkantigen Muster mischen sich immer wieder Klänge mit dicker Patina und vor allem die vereinzelten Gesangsspuren sind fast immer nachträglich verfremdet. Vom Sound her erinnert mich dabei vieles an die Mitte-Zwotausendzehner-Phase von James Ferraro, die von solcherlei urbanen, kühlen und postmodernen Sphären geprägt war, Actress bringt diese allerdings in einen wesentlich stärker Ambient-geprägten Kontext. Auf immerhin 17 Songs in 68 Minuten variiert er dabei zwischen klaustrophobischem House-Nummern wie Angels Pharmacy und Loveless und entrückten Kunststücken wie Reverend oder Many Seas, Many Rivers. Ausnahmslos erhält sich dabei aber jene fröstelnde Atmosphäre, die nach urbaner Anomymität, seelenlosen Orten und traurigen Menschen klingt. Wie die Platten von Ferraro damals ist die größte Qualität von Karma & Desire, dass es klingt wie ein Soundtrack zu irgendetwas, dessen Sprunghaftigkeit auch irgendwie Teil seines Charakters ist. Eine Sammlung von Vignetten, die weniger durch einen gemeinsamen klanglichen Ansatz geeint werden, sondern durch eine Emotionalität, die sie verbindet. Kann aber auch sein, dass dieser Eindruck völlig subjektiv ist. Fakt ist, dass dieses hier die erste LP von Actress ist, die ich wirklich als Gesamtheit großartig finde und nicht nur theoretisch feiern kann. Was hoffentlich kein Einzelfall bleibt, denn dass dieser Typ sehr talentiert ist, davon bin ich schon lange überzeugt.
Hat was von
Andy Stott
Too Many Voices
James Ferraro
Skid Row
Persönliche Höhepunkte
Angels Pharmacy | Remembrance | Reverend | Leaves Against the Sky | Save | XRAY | Public Life | Fret | Loose | Turin | Diamond X
Nicht mein Fall
-
[ perkussiv | experimentell | hibbelig ]
Ungefähr ein Jahr ist inzwischen ins Land gegangen, seitdem ich Bekanntschaft mit dem ugandischen Label Nyege Nyege Tapes und dessen skurrilen Entwurf von Technomusik gemacht habe. Und obwohl ich sagen muss, dass es unter den Platten, die ich von ihnen bisher gehört habe, wenige gab, die mich musikalisch wirklich überzeugten, kann ich doch auch nicht anders, als bei jedem neuen Release, das daraus hervorgeht, wieder sehr gespannt zu sein. Denn auch wenn mich die klanglichen Kosmen, die viele der dort beheimateten Künstler*innen aufstoßen, ziemlich verunsichern, ist Nyege Nyege doch objektiv ein kreativer Pool, in dem viel neues und interessantes passiert. Eine Energie, die inzwischen elektronische Visionäre aus der ganzen Welt in ihren Bann zieht, wie man auch an diesem jüngsten Eintrag in ihrem Katalog merkt. HHY & the Kampala Unit ist ein Zusammenschluss des portugiesischen Psychrock- und Ambient-Künstlers Johnatan Saldanha und der beiden aus Uganda stammenden Jazzmusikern Omutaba und Florence Lugemwa, die mit Lithium Blast ihr erstes gemeinsames Album vorstellen. Diese Paarung allein wäre schon ziemlich wüst, würden die drei hier einfach nur die Dinge kombinieren, die sie in ihren anderen Projekten ohnehin machen, doch ist diese vorliegende LP nochmal ein ganz anderer Mutant. Denn ganz im Sinne der klanglichen Marschrichtung von Nyege Nyege ist das hier ein experimentelles Techno-Abenteuer, das an nicht wenigen Stellen auch vollumfänglich in Avantgarde-Gefilde überschwappt. Stilistisch nennen sie das ganze hier Dub, was aber in keinem Moment ein wirklich wiedererkennbarer Bezugspunkt ist. Viel eher erinnert das ganze hier an Leute wie Arca, Aphex Twin, James Ferraro oder Oneohtrix Point Never, nur eben mit diesem typischen Kampala-Einschlag. Viele Polyrhythmen, ein insgesamt sehr perkussiver Sound und jene düstere Grusel-Ästhetik, die fast schon wieder an Noise grenzt. Lithium Blast geht mit diesem Konzept in vielen Momenten auch an seine kompositorischen Extreme, und dass hier zwei experimentelle Jazzmusiker mitarbeiten, merkt man in jedem Moment. Mitunter, wie in Bursting Thru the Gates oder Queendom, gibt es auch stark von afrikanischem Jazz inspirierte Bläsersätze, die für kurze Zeit so etwas wie Eingängigkeit suggerieren. Dass es dabei genau diese Parameter braucht, um mich für den Nyege Nyege-Sound zu begeistern, geschieht unverhofft, denn eigentlich dachte ich bisher, ich bräuchte mehr Klarheit in dieser Musik. Tanzbare Grooves, ein bisschen mehr Melodie oder vielleicht sogar Rap oder Gesang. Aber nichts da: Meine persönliche Erfüllung dieses Sounds erlebe ich in der denkbar schrägsten, extremsten und unzugänglichsten Platte, die ich von diesem Label bis dato gehört habe. Nicht dass ich denke, das würde bei allen so funktionieren. Wenn der grundsätzliche Entwurf hier für euch interessant klingt, ihr ihn aber erstmal antesten wollt, empfehle ich doch eher gefälligere Sachen wie Nihiloxica oder Otim Alpha. Ich persönlich finde das hier aber zum ersten Mal so richtig gut. Und wenn es die nerdigen Kunstplatten sind, die mir dieses Konzept verkaufen, dann sei es eben so. Muss ja nicht immer alles zum tanzen sein.
Hat was von
Nihiloxica
Kaloli
Arca
Mutant
Persönliche Höhepunkte
Bursting Thru the Gates | Hunter | Queendom | Curse Go Back | Fission Core Fluid | Gun | Lithium Blast | Shing Scar
Nicht mein Fall
-
Mit dem erneuten Aufflammen der internationalen Black Lives Matter-Bewegung in diesem Sommer war 2020 rückblickend auch musikalisch ein Jahr, in dem viel Klartext gesprochen wurde. Run the Jewels, Beyoncé, Lil Baby: Viele übten und üben sich diese Saison im künstlerischen Aktivismus und ganz unabhängig davon, wie gut ein Song oder ein Album dabei letztendlich ist, ist es symbolisch viel Wert. Wobei es in meinen Augen auch dazugehört, dass es weiterhin vor allem R'n'B und Hiphop sind, die in diesem Kampf die klanglichen Leitmotive darstellen. Dass sich die Künstler*innen, die junge POCs (und deren solidarische Mitstreiter*innen) sowieso hören, hinter ihre Sache stellen, ist inspirierend und wichtig. Was jedoch nicht heißt, dass eine Metalband nicht ebenso gut dazu fähig ist, einen Beitrag zu diesem Thema zu leisten. Vor allem eine mit dem Profil von Zeal & Ardor, die ja schon lange in diesem musikalischen und inhaltlichen Kontext unterwegs ist. Auf ihren ersten beiden Alben the Devil is Fine und Stranger Fruit wurden sie zwar vordergründig dadurch bekannt, dass sie die Traditionen von Black Metal mit denen von Soul und Gospel stilistisch vermengten, schon dort lohnte es sich aber auch, auf die Geschichten im Hintergrund zu achten. Die musikalisch sehr düstere Herangehensweise an Gospel- und Worksong-Ideen provozierte sogar fast die naheliegende Beschäftigung mit den Themen Sklaverei, Verfolgung, strukturellem Rassismus und Unterdrückung, besonders in den US-amerikanischen Südstaaten. Wo die zurückliegenden Platten dabei aber eher in die Vergangenheit blickten, ist Wake of A Nation erstmals ein sehr gegenwärtiges Werk, dessen Schauplätze ganz klar die Ereignisse von 2020 sind. Die lyrischen Bezüge zu den Morden an George Floyd und diversen anderen könnten eindeutiger nicht sein, der Song Tuskegee steht in Zusammenhang mit einer gleichnamigen rassistischen Studie der US-Regierung und auch das Kreuz aus Gummiknüppeln auf dem Cover ist ebenfalls leicht interpretierbar. Stimmungsmäßig ist das Ergebnis dabei eine Mischung aus Klagelied und aktivistischer Botschaft, die sich auch musikalisch unterschiedlich ausdrückt. Der Opener Vigil ist eine dick aufgetragene Soulballade, die an Bands wie Algiers erinnert und die EP mit einem starken Moment von Trauer und Enttäuschung eröffnet. Andere Tracks wie Tuskegee oder Trust No One, die eher auf einen metalligeren Sound abzielen, zeichnen eher ein sehr grausames Bild menschlichen Hasses und sind mitunter ziemlich gruselig. Auf At the Seams und dem Titelsong fällt mir außerdem auf, dass Zeal & Ardor verstärkt deutschsprachige Texte einbeziehen, die dem ganzen Teilweise einen Anstrich von Theatermusik verpassen. Wobei letzterer als Closer dann auch endgültig der Moment ist, wo Trauer in Wut umschlägt und ein klarer Anspruch an eine Umverteilung der Machtverhältnisse geäußert wird. Es ist erstaunlich, wie die Band es hier in gerade Mal sechs Songs schafft (faktisch fünf, die 78 Sekunden von I Can't Breathe sind eher Bonus), ein so umfassendes Wechselbad von Emotionen aufzubauen. Und es mag auch an der besseren Zugänglichkeit liegen, die durch die Black Metal-Einflüsse für mich persönlich besteht, aber rein konzeptuell finde ich das hier größer als so manches Rap-Epos zu ebendiesem Thema. In den gerade Mal 17 Minuten von Wake of A Nation liegt so viel Energie, so viel geballte Empfindung und ein künstlerischer Ansatz an das Konzept Black Lives Matter und dessen Andockpunkte, der mich nicht nur der Thematik wegen mitnimmt, sondern auch, weil es musikalisch genial aufbereitet ist. Und spätestens jetzt wird mir auch klar, was die Welt an einer Band wie Zeal & Ardor hat. Denn kein anderer Act hätte aus dieser einzigartigen Perspektive heraus so ein Projekt gemacht.
#BlackLivesMatter
Hat was von
Algiers
There is No Year
Code Orange
Underneath
Persönliche Höhepunkte
Vigil | Tuskegee | At the Seams | Wake Of A Nation
Nicht mein Fall
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Wann immer dieser Tage ein*e Künstler*in neu auf der Bildfläche der einschlägigen Musikmedien auftaucht, kann man sich eigentlich sicher sein, dass diese sogenannte Entdeckung so neu gar nicht mehr ist. In Zeiten von Bandcamp- und Soundcloud-Karrieren, Bedroompopstars und Tiktok-Hits ist der Moment, in dem jemand auf einem Label oder in einem Magazin auftaucht, meistens schon der Anfang vom Ende. Und es ist ja trotzdem schön, dass eine so tolle junge Frau wie Ela Minus jetzt offiziell bei Domino unterschrieben hat, doch sollte man deshalb keinesfalls glauben, hier ein unbeschriebenes Blatt gefunden zu haben. Mit ihren dreißig Jahren hat die New Yorkerin zu diesem Zeitpunkt schon einige Band-Jobs - unter anderem bei Austra - hinter sich und ist darüber hinaus eine erfahrene Hausnummer im Eigenbau modularer Synthesizer. Dass sie jetzt mit Acts of Rebellion ihr erstes Album als Solokünstlerin macht, ist damit bestenfalls ein Haken auf ihrer großen Liste, wenngleich kein vernachlässigbarer. Denn wie schon gesagt wurden die Leute, was sie angeht in den letzten Wochen plötzlich sehr aufmerksam und gerade im klassischen Feuilleton-Bereich ist Minus plötzlich sehr in Mode. Und auch ich muss zugeben, dass ihre Musik mich vor einiger Zeit sehr abholten. Insbesondere die düstere Vorab-Single El Cielo No Es De Nadie, die einen sehr clubbig-berlinigen Vibe hatte, beeindruckte mich immens und machte mich sehr neugierig auf das kommende Debüt. Jetzt, wo Acts of Rebellion erschienen ist, muss ich auch durchaus sagen, dass darin jede Menge Potenzial steckt. Und wo das einerseits heißt, dass Ela Minus auf LP-Format eine tolle Entdeckung mit viel Talent ist, bedeutet das auch, dass sie hier meiner Meinung nach noch nicht ihre finale Form erreicht hat. Dazu empfinde ich es als wichtig, ihre musikalische Herkunft als elektronische Tüftlerin zu verstehen. Wenn ich mir die Songs auf Acts of Rebellion anhöre, höre ich vor allem eine Künstlerin, die ein tiefes Verhältnis zu ihrem Equipment hat. Songs wie Let Them Have the Internet, Close oder Pocket Piano sind im wesentlichen nerdige Synth-Experimente, die wahrscheinlich primär für den Live-Einsatz geschrieben wurden. Das bedeutet nicht, dass sie doof sind, sie haben nur an vielen Stellen nicht den Feinschliff einer Studioaufnahme. Und das ist eine Sache, die man bei diesem Album immer im Hinterkopf haben sollte, denn es bestimmt doch sehr seinen Charakter. Die Songs, die Ela Minus komponiert, sind im LP-Format ganz einfach nicht zu Hause und wären am Ende tatsächlich besser in geekigen Gearporn-Videos auf Youtube oder auf der Bühne aufgehoben. Was genau dabei passiert, ist je nach Track auch sehr verschieden. Es gibt hier Nummern wie Dominique oder El Cielo No Es De Nadie, die ohne weiteres in ein Club-Setting passen würden, wieder andere wie Do Whatever You Want, All the Time sind fast schon atmosphärisch und mit They Told Us It Was Hard, But They Were Wrong schreibt Minus tatsächlich einen veritablen Elektropop-Stampfer. Auch diese Vielfältigkeit ist in meinen Augen ein Indiz dafür, dass wir es hier doch eher mit einer Bastlerin zu tun haben als einer Songwriterin, da hier das Experiment doch nach wie vor eine stärkere Rolle hat als eine kompositorische Vision. Schlecht ist das wie gesagt nicht, doch sehe ich hier auch die Punkte, wo Ela Minus' Musik noch sehr viel weiter wachsen könnte. Könnte man diese experimentelle Attitüde mit einem besseren Songwriting, einem Gespür für Flow und etwas cooleren Texten zusammenbringen, wäre das hier die neue Robyn. So ist es nur eine Künstlerin mit Potenzial. Aber auch das ist ja schon mal allerhand.
Hat was von
Austra
Future Politics
the Knife
Silent Shout
Persönliche Höhepunkte
They Told Us It Was Hard, But They Were Wrong | El Cielo No Es De Nadie | Do Whatever You Want, All the Time
Nicht mein Fall
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