The Golden Casket
Epic
2021
[ abenteuerlich | farbenfroh | optimistisch ]
Ganz ehrlich: Umso weiter ich in den letzten Jahren in die Diskografie von Modest Mouse hervorgedrungen bin, umso weniger tendiere ich inzwischen dazu, diese Band zu mögen. Und ich frage mich vielleicht auch ein bisschen, wieso ich überhaupt je versucht habe, das zu tun. Denn ehrlich gesagt war dieses Resultat schon das meiner ersten Reaktion, als ich vor circa einer Dekade Mal auf gut Glück ihre größten Hits durchskippte und davon eher wenig begeistert war. Sicher, kurze Zeit später entdeckte ich die paar wenigen echten Highlights, die sie in Zusammenhang mit Platten wie The Lonesome Crowded West oder This Is a Long Drive for Someone With Nothing to Think About herausbrachten, doch rückblickend betrachtet finde ich die auch bei weitem nicht mehr so reichhaltig wie noch vor ein paar Jahren. Nimmt man also die Perspektive von 2021 ein, dann ist es tatsächlich ihr geschmähtes Comebackalbum Strangers to Ourselves von 2015, das mir bei ihnen noch mit am meisten zusagt. Zwar ist das auch alles andere als perfekt, hat aber wenigstens seine Momente und ist darüber hinaus irgendwie mutig. Und rein theoretisch finde ich es auch gut, dass Modest Mouse diesen Weg auf ihrer neuen LP weitergehen. Nach der Rückkehr mit besagtem Strangers to Ourselves sind inzwischen schon wieder sechs Jahre ins Land gegangen, besonders viel hat die Band in dieser Zeit allerdings nicht gemacht. Lediglich ein paar ziemlich cringige, psychedelische Singles erschienen im Frühjahr 2019, von denen zum Glück keine mehr hier auftaucht. Stilistisch kann man aber durchaus sagen, dass Modest Mouse diesen Weg weiter verfolgen und hier ein Album vorlegen, das vor allem eines nicht sein will: langweilig. Und wo ich immer so ein bisschen vermutet hatte, dass die Washingtoner nach ihrem Comeback langsam ein bisschen zahmer geworden wären und sich auf ihren Lorbeeren ausruhen würden, könnte ich damit hier nicht falscher werden. Ein erneuter Durchlauf von Strangers to Ourselves räumte diese Ahnung schon ein paar Wochen aus und auch The Golden Casket hat kein Interesse daran, die Kreativität und Wildheit dieser Gruppe ruhen zu lassen. Wie zum Beweis üben sich Modest Mouse hier in viel extra kantiger und verfrickelter Kompositorik, singen übers Feiern und Drogen nehmen und Sänger Isaac Brock geht manchmal in fast ein bisschen rappige Passagen über. Dass solche Sachen nicht zu hundert Prozent funktionieren, merkt man dann auch direkt im furchtbaren Opener Fuck Your Acid Trip, größtenteils bin ich aber erstaunt darüber, wie wenig peinlich das Ergebnis hier ausgefallen ist. Wobei es hilft, dass Modest Mouse und besonders Brock immer mehr das musikalische Gen eines James Murphy entwickeln und hier konsequent die griesgrämig-schrullige Indie-Showband geben, die ihnen inzwischen ganz gut zu Gesicht steht. Nur so funktioniert hier ein Song wie the Sun Hasn't Left, der mit seinem blendenden Optimismus in den Bläsersätzen an der Spitze schon fast wie ein Kinderlied klingt oder die grummelig loureedesken Momente in Wooden Soldiers oder Transmitting Receiving, die konzeptuell nach kreativem Suizid klingen, in dieser Umsetzung aber unglaublich Spaß machen. Was aber noch viel wichtiger ist: Modest Mouse klingen auch auf ihrem mittlerweile zehnten Album (wenn ich richtig gezählt habe) noch abenteuerlich. Dass sie inzwischen auch Balladen und leise Töne können, ist ein netter Bonus, aber diese Sachen waren schon auf Strangers to Ourselves nicht die Tracks, die das Ding lebendig machten. Und wo sie dort manchmal noch eher theoretisch cool waren, sind sie es hier endlich auch in der Umsetzung und erschaffen so etwas, das unter Umständen meine bisherige Lieblingsplatte dieser Band sein könnte. Ich sage das zu diesem Zeitpunkt noch immer als Modest Mouse-Skeptiker und so richtig festlegen will ich mich damit nicht, doch ist es im Moment schon meine ernsthafte Meining. Wer weiß, vielleicht fangen diese Jungs ja auch gerade erst an, richtig gut zu werden.
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡⚫⚫⚫ 08/11
Persönliche Höhepunkte
We're Lucky | Walking & Running | Wooden Soldiers | Transmitting Receiving | the Sun Hasn't Left | Lace Your Shoes | Leave A Light On | Japanese Trees | Back to the Middle
Nicht mein Fall
Fuck Your Acid Trip | Never Fuck A Spider On the Fly
Hat was von
LCD Soundsystem
LCD Soundsystem
Car Seat Headrest
Making A Door Less Open