Dienstag, 31. Oktober 2017

From Loki with Love

Wenn es um spannenden, neuartigen und experimentellen Deutschrap geht, empfahl es sich eigentlich schon immer, auf die Künstler*innen des Mainzer Labels Sichtexot zu achten. Leider habe ich das letztes Jahr viel zu spät gemerkt, weshalb mir großartige selbstbetitelte Debüt ihres prominenten Signees Negroman, mit Sicherheit eines der besten Hiphop-Alben der Saison, erst auffiel, als diese schon vorbei war. Der Kölner MC, hinter dem sich niemand geringeres als Loki vom Rap-Duo Luk & Fil versteckt, verblüffte darauf mit unglaublich angenehmem Jazz-Rap, den er mit der bei ihm üblichen verkünstelten Wortklauberei verband und sich damit zwar gegen den Trend positionierte, aber dort unglaublich souverän war. Vor allem zeigte er aber, dass so etwas eben scheißegal ist, wenn man gute Songs schreibt. Und von denen gab es weiß Gott viele. Wer Beweise braucht, muss sich einfach nur mal From Uwe with Love, Kein Platz im Bus für Opas, Auch ein Negroman hat Gefühle oder Schlüsselloch anhören, um genau so hyped zu sein wie ich. Und dementsprechen ist es mir eine große Freude, jetzt auch endlich eine aktuelle Veröffentlichung dieses Künstlers zu besprechen, selbst wenn es nur eine EP ist. Wobei auch das eigentlich relativ ist, denn auch auf dem Kleinformat zeigt sich Negroman von seiner Schokoladenseite. Wer die Sachen vom Debüt schon mochte, für den ist bei Sequel wahrscheinlich der Name Programm. Und damit meine ich nicht, dass es sich hier um eine schlechtere Fortsetzung handelt. Im Gegenteil: Durch die knackige Spielzeit von 24 Minuten besiegt diese Platte die einzige Schwäche, die das Album letztes Jahr hatte, nämlich seine stellenweisen Längen. Und weil von den acht Songs hier auch keiner wirklich schlecht ist, hört sich das Gesamtergebnis unglaublich knackig und fett an. Highlights wie Vibe oder Werbung, Nejromunn oder Pool's Closed übernehmen das erfolgreiche Rezept des Debüts und basteln daraus noch mehr fantastische Tracks, mit Schlüsselloch wurde außerdem auch ein Song jenes Albums um sehr gute Features von Athony Drawn und Lunte ergänzt. Die Tatsache, dass es mehr auch nicht ist, klingt dabei erstmal schlimmer, als es in Realität aussieht. Sequel hat am Ende des Tages keinen höheren Anspruch, als eine Nachbereitung der großen LP zu sein und noch ein paar zusätzliche Nummern rauszuhauen, was auch fabelhaft funktioniert. Darüber hinaus gibt es erstmal nichts zu tun. Die EP ist damit logischerweise eher etwas für Fans von Negroman, und Neueinsteiger beziehungsweise Laufkund*innen werden daran wohl eher wenig Wert sehen. Da ich aber Fan bin, ist die Begeisterung über diese Songs ziemlich groß und auch wenn es hier quantitativ weniger zu holen gibt, ist Sequel für mich quasi gleichbedeutend mit dem Album. Auf jeden Fall wird es wieder ein paar Tracks geben, die bei mir in Heavy Rotation laufen werden und bis Loki wieder etwas größeres macht, sollte das erstmal reichen.





Persönliche Highlights: Nejromunn / Flaschenöffner / Vibe oder Werbung / Block / Pool's Closed / Schlüsselloch

Nicht mein Fall: -

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Schnelldurchlauf: Oktober 2017 (Kadavar, Miley Cyrus, Mark Kozelek, Slime und und und)

INJURY RESERVE
Drive It Like It's Stolen EP
Nach den zwei großartigen ersten Alben von Injury Reserve versucht das Hiphop-Trip aus Los Angeles hier, ein paar neue Impulse in ihren sehr liberalen Boombap-Stil einfließen zu lassen. Und obwohl viele Ergebnisse dabei wie immer ziemlich cool ausfallen, bin ich doch froh, dass Drive It Like It's Stolen kein vollwertiges Album ist, sondern nur eine EP. Denn so richtig warm werde ich mit einigen Sachen hier noch nicht so richtig. 7/11

SLIME
Hier & Jetzt
Es ist keine Frage, dass Slime eine der ehrenwertesten Punkbands der Bundesrepublik sind und ohne ihre Impulse in den Achtzigern die heutige Szene undenkbar wäre. Doch es ist auch glasklar, dass die Hamburger mit ihren platten Parolen und Drei-Akkord-Schrammelriffs in der momentan sehr aktiven und musikalisch hochwerigen Bewegung nicht mehr viel zu sagen haben. Hier & Jetzt müffelt nach Vergangenheit und bleibt stilistisch und inhaltlich weit hinter jüngeren Künstler*innen zurück. 3/11

MILEY CYRUS
Younger Now

Ich mochte Mileys etwas ~experimentelleren~ Output in den letzten Jahren eigentlich ganz gerne, doch ihr neuester Stilbruch zurück in Country-Gefilde ist nicht im Geringsten mein Fall. Zwar ist hier nicht alles so schlimm wie die Singles Malibu und der Titelsong, doch auch wirkliche Highlights gibt es wenige. Mag sein, dass die Sängerin in diesem Stil nun wirklich "angekommen" ist, aber sollte dem so sein, dann ist auch die Zeit vorbei, in der ich mich für ihre Musik interessiert habe. 5/11

KADAVAR
Rough Times
Wenn man sich damit abgefunden hat, dass Kadavar wohl nie wieder die coole Protometal-Keule sein werden, als die sie vor fünf Jahren bekannt wurden, ist Rough Times gar kein so schlechtes Album. Zumindest ist es an vielen Stellen weniger peinlich als das schwanzrockig müffelnde Berlin von 2015. Allerdings braucht man sich auch nicht einbilden, dass Kadavar hier bessere Musik machen als 90 Prozent der anderen Bands, die mal bei ihnen abgeschaut haben. 6/11

PRIMUS
the Desaturating Seven
Nach dem großartigen Titeltrack als Leadsingle vor ein paar Monaten war ich auf dieses Album eigentlich sehr gespannt und interessierte mich zum ersten Mal wirklich für die Musik von Primus. Doch da the Desaturating Seven am Ende eher einem klanglich untermalten experimentellen Hörspiel gleicht als einer LP, war diese Vorfreude schnell erledigt. Am Ende ist das hier zwar nicht übel, aber von den guten Momenten hier gibt es einfach nicht genug. 7/11

MARK KOZELEK WITH BEN BOYE & JIM WHITE
Mark Kozelek with Ben Boye & Jim White
Mark Kozeleks dritte Kollabo-LP in diesem Jahr ist eine der besseren, wenngleich auch nichts wirklich neues. Zusammen mit Ben Boye und Jim White von Dirty Three (💙) verfolgt er weiter das Bandleader-Konzept, das bereits auf seinem Sun Kil Moon-Album vom Februar sehr gut funktionierte. Das bedeutet zwar, dass sie Songs hier ziemlich solide sind, aber er genau das gleiche dieses Jahr auch schon besser gemacht hat. 8/11

DIE! DIE! DIE!
Charm. Offensive.
Die neuseeländischen Shoegaze-Punker Die! Die! Die! hatten bis dato immer einen Platz in meinem Herzen, aber nichts täuscht darüber hinweg, dass diese neue Platte ihre bisher schwächste ist. In zwölf stilistisch ziemlich ideenlosen Songs schreiben sie Mistgabelmob-Stücke gegen moderne Technologie und soziale Netzwerke, was schon irgendwie ziemlich Punk ist, aber in vielen Momenten auch einfach nur paranoid. 6/11

CHAD VANGAALEN
Light Information
Ich hatte gehofft, dass Chad Vangaalen mit diesem Album endlich aus der Abstellecke der Auswechlungs-Ty Segalls ausbricht und zeigt, was er wirklich drauf hat. Leider ist Light Information dann wieder nur so ein halbgares, standardmäßiges Garagen-Ding geworden, das weder für den Künstler selbst noch für den Rest der Welt irgendwie spannend ist. Und allmählich beginne ich zu glauben, dass dieser Typ am Ende gar keine geheimen Talente besitzt. 7/11

KING KHAN
Murderburgers
Mit seinen Bands the Shrines und the BBQ Show war King Khan in den Nullerjahren einer der heimlichen Helden der Untergrund-Surfrock-Szene, doch auf seinem ersten Soloalbum merkt man von diesem Legendenstatus wenig. Murderburgers klingt unfassbar zahm, ziemlich poliert und hat sehr wenig von seinem früheren Output. Definitiv eines der weniger gelungenen Comebacks des Jahres. 7/11

THE FRONT BOTTOMS
Going Grey
Man neigt dazu, zu unterschätzen, wie stabil der Output der Front Bottoms bis hierhin gewesen ist, bis man merkt, dass sie mit Going Grey ihr erstes nicht ganz so gutes Album gemacht haben. Der etwas poppigere Ansatz, der auf dem Vorgänger noch so gut funktionierte, verliert hier viel von seinem Charme, wodurch die Songs leiden. Nichtsdestotrotz alles andere als ein misslungenes Album und immer noch eine der wenigen wirklich guten Gruppen der Poppunk-Szene. 8/11


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Sonntag, 29. Oktober 2017

Culture Clash

Unter den Künstler*innen der zeitgenössischen instrumentalen U-Musik, vor allem der Acts des Constellation-Labels, waren Esmerine noch nie die größten Rocker. Wenn man die Kanadier kannte und mochte, dann höchstwahrscheinlich aufgrund ihrer Pluralität an internationalen Folk-Einflüssen, der großen Melodien und ihrer Fähigkeit, spannende Rhythmen zu schichten. Zumindest für mich waren das die Gründe, warum ihr letztes Album Lost Voices zu einer meiner Lieblingsplatten des Jahres 2015 wurde. Doch war ich dabei, wahrscheinlich aufgrund ihrer Label-Verwandtschaft, immer der Meinung, Esmerine seien im Kern eigentlich eine Rockband. Und vielleicht war das auch mal so, aber davon haben sie sich spätestens auf dieser neuen LP gelöst. Zwar ist auf Mechanics of Dominion nach wie vor die Gitarre ein wichtiges Instrument und es werden auch deutliche Rock-Bezüge hergestellt. Jedoch sind diese Dinge diesmal eher ein Surplus und täuschen nicht darüber hinweg, dass diese Band mittlerweile ganz andere Steckenpferde hat. Neben den nach wie vor starken Einflüssen aus europäischer, orientalischer und ostasiatischer Folkmusik meine ich damit insbesondere Jazz und Neo-Klassik. Das Grundgerüst der acht Tracks sind viele Elemente von beidem, aber insgesamt ist Mechanics of Dominion merklich zahmer als noch sein Vorgänger. Schon der Opener the Space in Between erinnert mit seinem auf Klaviermelodien fokussierten Songwriting enorm an Grauzonen-Komponisten wie Ludovico Einaudi oder Yann Tiersen und setzt damit die Ästhetik dieser Platte schon ganz anders an als alles zuvor. Denn danach wird diese Art von Material zum Teig, mit dem Esmerine ihre bunten Torten backen: La Penombre spielt mit Flamenco-Bausteinen, Que Se Vayan Todos wird zum minimalistischen Arvo Pärt-Verschnitt (nur eben mit Drone!) zum rhythmisch vertrackten Bebop-Godspeed-Mutanten, La Plume des Armes experimentiert vor allem mit schräger Percussion und in La Lucha Es Una Sola hört man stellenweise sogar Ska-Momente heraus. Wie jedes Esmerine-Album erinnert Mechanics of Dominion dabei ein einen wirren und bunten Sound-Basar, an dem von jeder Ecke ein anderes musikalisches Schmankerl schrillt. Doch wo das ganze auf Lost Voices irgendwie noch einem gewissen Plan folgte, hat die Band diesmal leider doch ein bisschen die Kontrolle verloren. Vor zwei Jahren klangen die Kanadier nach klanglichem Schmelztiegel, hier hört es sich eher so an, als wären ein paar Soundspuren aus Versehen im selben Ordner gelandet. Teilweise völlig wahllos prallen Stile hier aufeinander und wo so etwas eigentlich kreativ und cool sein sollte, haben Esmerine es diesmal vielleicht doch ein klein wenig übertrieben. Wenn türkische Volkstänze und Surfrock partout nicht zusammen passen, dann sollte man irgendwann einfach aufhören, sie auf Krampf fusionieren zu wollen. Und manche der vielen verschiedenen Klänge, wie beispielweise die synthetischen Chöre und das Jazz-Schlagzeug im Titelsong, verderben den Spaß auch mehr, als ihn anzufachen. Da freut man sich nachher doch eher über die zurückhaltenden Klavierstücke, die wenigstens funktionieren und nicht so sehr verwirren. Man darf das nicht falsch verstehen, es gibt auf jeden Fall total viele geniale Momente auf diesem Album. Nur machen Esmerine hier immer entweder zu viel oder zu wenig. Ein Mittelweg, wie es ihn auf Lost Voices gab, scheint hier ausgeschlossen und daran verliert diese LP sehr viel. Sie macht diese Band vielleicht interessanter, aber kompositorisch auch schwächer. Und ich für meinen Teil weiß, wo ich zwischem beiden meine Prioritäten setze.





Persönliche Highlights: the Space in Between / La Lucha Es Una Sola / Que Se Vayan Todos / Northeast Kingdom / Piscibus Maris

Nicht mein Fall: La Plume des Armes

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Freitag, 27. Oktober 2017

Mathe: Eins, Musik: Fünf.

Es ist inzwischen fast ein Jahrzehnt her, dass And So I Watch You From Afar mit ihrem fantastischen selbstbetitelten Debüt quasi aus dem Stand zu einer der besten instrumentalen Rockbands des neuen Jahrtausends wurden. Die Nordiren definierten ihren energischen instrumentalen Math-Prog durch immenses Tempo, flirrende Staccato-Beats und ein höhenintensives Gitarrenspiel, das mitunter eher an 8-Bit-Elektro erinnerte als an Rockmusik. Wer sich für derartige Grenzgebiete interessiert und instrumentale Musik nicht immer nur im Postrock-Kontext hören will, dem kann ich diese LP nach wie vor wärmstens empfehlen. Aber ASIWYFA wären nicht so eine großartige Band, hätten sie die Fackel dieser Ästhetik nicht auch nach ihrem Debüt weitergetragen und vor allem entwickelt. Ihre Diskografie der letzten acht Jahre ist gespickt mit seltsamen stilistischen Exkursen und wahnwitzigen Ideen, die in bis dato vier tollen Alben mündeten. Nach der klanglich prägenden ersten Platte experimentierten sie auf Gangs mit Prog und Metal, wagten sich auf All Hail Bright Futures weit in Pop-Territorium vor und machten 2015 mit Heirs zuletzt ihre vielleicht rockigste LP. Man könnte also meinen, dass ASIWYFA mittlerweile genug musikalische Erfahrungen gemacht haben, um sich jetzt nach Lust und Laune auszutoben. Nur warum machen sie dann hier ihr bisher ideenlosestes und ödestes Album überhaupt? Ich weiß es auch nicht so wirklich. Was ich neben der einzigartigen Handschrift an dieser Band immer besonders mochte, war ihr Wille, ständig neue Sounds zu erforschen und das in einem Tempo, bei dem teilweise sogar mir selbst schwindlig wurde. Es schien vollkommen unmöglich, dass sie irgendwann keine neuen Steckenpferde mehr finden würden und ich für meinen Teil hätte sicher auch ein Funk-, Disco- oder Reggae-Album der Nordiren cool gefunden. Hauptsache, es kommt nicht zum Stillstand. Nur passiert leider gerade das auf the Endless Shimmering in fast allen Aspekten: Das Songwriting ist lahm, die Produktion zahnlos und in fast allen der neun Tracks hier bedienen ASIWYFA die langweiligsten Mathrock-Klischees. Dem Ur-Stil ihrer alten Alben bleiben sie dabei zwar treu, aber der ist ohne kreatives Beiwerk und kompositorischen Fokus auch für die Katz. Zumindest nachdem man das ganze auf vier Alben davor in wesentlich besser hören konnte. Es ist schockierend, denn von absolut grandiosen Ikonen fällt die Band hier innerhalb von 43 Minuten plötzlich auf das Stadium der Acts zurück, die in den letzten Jahren vergeblich versucht haben, ihren Stil zu kopieren. Und das ist schon ein ziemliches Armutszeugnis. Wenn ich the Endless Shimmering so höre, bekomme ich es mit der Angst zu tun, dass ASIWYFA von jetzt an nie wieder so eine coole Band werden wie vor dieser LP. Es ist zwar schon eher unwahrscheinlich und sicher werden sich die Nordiren hiernach schnell wieder rappeln und weiter tolle Musik machen, aber das hier ist schon eine Zäsur. Für mich wird diese Platte mit großer Wahrscheinlichkeit zum krassen Schandfleck ihrer Diskografie werden und es ist ernüchternd, wenn man das schon eine Woche nach Veröffentlichung weiß. Am besten ist es deshalb , den Mist so schnell wie möglich zu vergessen und einfach weiter zu gehen. Man muss sich ja nicht unnötig quälen.





Persönliche Highlights: Terrors of Pleasure / Dying Giants / Mulally / Chrysalism

Nicht mein Fall: 3 Triangles / A Slow Unfolding of Wings / the Endless Shimmering

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Mittwoch, 25. Oktober 2017

Weil die Andern Spastis sind...

Also wenn man mich fragt, dann haben Zugezogen Maskulin das beste Deutschrap-Album der letzten zehn Jahre schon gemacht. Alles brennt von 2015 ist in meinen Augen eine Platte, die sich bis heute von der Arbeit fast aller Zeigenoss*innen in der hiesigen Szene absetzt und das in vielerlei Hinsicht. Es funktioniert als Gesamtheit, was im deutschsprachigen Hiphop leider noch immer ziemlich selten ist, wurde fantastisch produziert und schafft es, echtes Hitpotenzial mit der Edgyness von vulgärer Rapkultur zu verbinden. Vor allem ist es aber absolut gemeingefährlich und statt platt zu provozieren stellt es hinter die unsichtbare Wand sehr ernste und intelligente Botschaften, die Grim104 und Testo den Hörenden auch ohne Mitleid in die Fresse schlagen. Insgesamt schafften es ZM damit langfristig, mich aus der Deutschrap-Laufkundschaft in die Untiefen der Szene hinabzuziehen, wo ich mich plötzlich für Leute wie Gringo44 und Soufian interessiere. Allerdings war auch da keiner besser als diese beiden MCs und in den zweieinhalb Jahren seit seinem Release hat Alles brennt deshalb einen kleinen Legendenstatus für mich selbst entwickelt. Man könnte daher argumentieren, dass sein Nachfolger in meinen Augen ja nur scheiße werden konnte, weil er den Erwartungen nach so einem Debüt niemals gerecht werden würde. Und ein klein wenig ist das vielleicht auch so, aber ich möchte auch anmerken, dass ich in die Promophase für Alle gegen Alle eigentlich mit einem sehr guten Gefühl startete. Schon die 2016 veröffentlichte Einzel-Single Ratatat im Bataclan fand ich sehr ansprechend und als im Juli diesen Jahres die tatsächliche Album-Leadsingle Was für eine Zeit erschien, hatte ich ein Stückweit wieder das Gefühl von Alles brennt zurück. Zugezogen Maskulin machten wieder großartige Banger mit viel Message und Sarkasmus, die aber noch eine ganze Ecke finsterer und nihilistischer waren als die Sachen vom Debüt. Wäre das komplette Album so geworden, hätte das hier ein großartiges Sequel sein können. Aber genau das wollten ZM diesmal eben nicht machen. Hätten sie gewusst, was sie stattdessen machen wollen, wäre das vielleicht auch kein Problem gewesen. Aber so wie es aussieht, ist Alle gegen Alle so ein bisschen das Produkt einer Sinnkrise. Vieles hier ist so ein bisschen wie auf dem letzten Album, andere Sachen komplett neu, wobei beides seine Licht- und Schattenseiten hat. So ist beispielsweise ein Track wie Yeezy Christ Superstar, der auch auf Alles brennt gepasst hätte, zwei Jahre später nicht mehr wirklich so sensationell, weil man diese Attitüde von den beiden inzwischen schon sehr gut kennt. Bei Vor Adams Zeiten, einem sehr introvertierten und unüblich existenzialistischen Stück, ist es auf der anderen Seite so, dass ich das Gefühl habe, ZM könnten sich darauf nicht wirklich einlassen, weil sie am Ende doch noch zu sehr die scharfzüngigen Rüpelrapper sind. Diese beiden Songs sind natürlich Extreme, aber irgendwie pendelt dieses ganze Album ziemlich unbefriedigend zwischen diversen Ideen hin und her, von denen nur wenige wirklich konsequent sind. Macht man noch Trap-Beats oder denkt man schon weiter? Wie viel Mainstream-Kuschelei darf man zulassen? Wie viel Autotune ist zu viel Autotune? Mehr emotionale Seelenschau oder mehr politische Provokation? Warum finde ich alle Menschen so scheiße? Die Band stellt diese Fragen hier, kann sie aber für sich nicht lösen und verliert deshalb lyrischen und musikalischen Fokus. Besonders merkt man das in den Hooks vieler Songs. Wo ich ZM bisher stets dafür schätzte, in fast allen Fällen einen pointierten Refrain hinzubekommen, der beim Hören fies stecken blieb, schaffen die beiden hier wenige wirklich überzeugende Hit-Momente und das, obwohl der Sound im großen und ganzen wesentlich gefälliger ist. Damit ist Alle gegen Alle an vielen Stellen wieder näher am ersten Mixtape des Duos als an ihrem Debüt. Wobei das alles natürlich auch ein bisschen Jammern auf hohem Niveau ist. Denn worauf man sich nach wie vor bei beiden MCs verlassen kann, sind die auf den Punkt formulierten Parts. Ob nun emotional-nostalgisch aufgeladen wie in Nachtbus, fies-ironisch wie in Stirb oder einfach nur bitterböse wie in Was für eine Zeit, Zugezogen Maskulin bringen die Bars. An gutem Punchline-Material ist diese Platte genauso reich wie ihr Vorgänger und auch die Attitüde passt wieder sehr gut. Selbst wenn Grim in Songs wie Der müde Tod oder Vor Adams Zeiten in etwas lamentierendes Poesie-Terrain abdriftet, nimmt man ihm diese Haltung mit jeder Zeile ab. Und es wird sicher Leute geben, denen das genügt. Als jemand, der sich bei dieser Band aber vor allem in die konzeptuelle Leistung und den Balanceakt zwischen Szene und Mainstream verliebt hat, bleibt Alle gegen Alle doch irgendwie unbefriedigend. Ohne stilistischen roten Faden, knackige Beats und Hammer-Hooks sind ZM zwar immer noch eine stabile Währung, aber sie begeistern mich auch nicht mehr wirklich. Keiner der Songs hier hätte mich so zum Fan werden lassen wie eigentlich jeder einzelne auf Alles brennt. Und ich hoffe inständig, dass diese Flaute nur das vorübergehende Symptom der Hype-Betaphase von ihrem Debüt ist. So gut, wie diese beiden MCs tatsächlich sind, wäre es eine Schande, wenn sie so enden würden wie all die großartigen Deutschrapper, die alle nur dieses eine legendäre Album gemacht haben und danach nur noch Schrott. Obwohl sie dafür auch echt noch ein ganzes Stück nachlassen müssten.





Persönliche Highlights: Intro / Was für eine Zeit / Alle gegen Alle / Yeezy Christ Superstar / Nachtbus / Der müde Tod / Steine & Draht

Nicht mein Fall: Teenage Werwolf

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Dienstag, 24. Oktober 2017

Bring da Mothafuckin' Ruckus!

Achtung, aufgepasst bei diesem Bandnamen! Auch wenn es erstmal so scheint, als wäre dieses neue Album the Saga Continues ein Tonträger des bekannten und beliebten New Yorker Hiphop-Kollektivs Wu-Tang Clan, es ist tatsächlich nicht ganz so. Denn obwohl zum vollständigen Namen nur noch ein kleiner Zusatz fehlt und die Besetzung hier der des "richtigen" Clans sehr ähnlich ist, es ist nur fast das Original. Weil Gründungsmitglied U-God im Vorfeld der LP mit dem Rest der Crew in Streit über Songrechte kam, ist er an dieser neuen Platte nicht beteiligt und wenn nicht alle dabei sind, ist es natürlich nicht dasselbe. Eigentlich ein sehr nobler Move des Kollektivs, wenngleich einer, den sie nicht das erste Mal bringen. Schon vor ungefähr zehn Jahren probierten die New Yorker diesen Etikettenschwindel, nachdem durch das Ableben von Ol' Dirty Bastard die Stelle, die wenig später Cappadonna besetzte, noch vakant war. Die Umstände diesmal sind aber zum Glück nicht ganz so dramatisch. Viel eher befindet sich der Wu-Tang Clan gerade inmitten eines ziemlich glücklichen zweiten Frühlings, der schon einige Jahre andauert. 2014 feierte das Kollektiv sein offizielles Comeback mit dem sehr guten Album A Better Tomorrow, das wenig später noch durch die Sensation um seinen Nachfolger Once Upon A Time in Shaolin ausgestochen wurde. Mit einer einzigen angefertigten Kopie wurde die LP 2015 zum teuersten Tonträger aller Zeiten und als wenig später herauskam, dass niemand geringeres als Pharma-Mogul Martin Shkreli diesen erworben hatte, war das Geschrei groß. Dieser versprach auch noch zu allem Überfluss, einen kostenlosen Download der LP zu veröffentlichen, würde Donald Trump zum Präsidenten der USA gewählt werden. Inzwischen gab es von Shkreli einen Livestream dieses Albums zu hören, bevor er selbiges für über eine Million Dollar weiterverkaufte. Eigentlich eine Story für sich. Tatsache ist einfach nur, dass es dem Wu-Tang Clan gerade deutlich schlechter gehen könnte und er seit vielen Jahren auch endlich mal wieder gute Musik veröffentlicht. Demenstsprechend hoffungsvoll war ich, als ich hörte, dass mit the Saga Continues nun auch eine weitere richtige LP nach A Better Tomorrow angekündgt wurde. Die von RZA lancierte Leadsingle Lesson Learn'd war zudem gar nicht übel und ganz ehrlich, dass U-God fehlt, ist alles andere als ein Beinbruch. Er war ohnehin immer einer der schwächeren MCs des Clans und ist nicht unbedingt unersetzlich. Wenn es dafür außerdem Features von Redman und Sean Price gibt, ist das durchaus verzeihlich. Doch wo ich abgesehen von U-Gods Abwesenheit eigentlich ein vollwertiges neues Album erwartet hatte, ist das hier am Ende doch eher eine Art eingeworfenes Mixtape geworden. Von den 18 neuen Tracks gibt es eigentlich keinen, der so gut ausgearbeitet und stilistisch kreativ ist wie die Sachen von A Better Tomorrow und auf der ganzen LP leiert der Clan mehr oder weniger nur die elende Oldschool-Nummer durch. Gäbe es nicht ein paar wenige Experimente mit Autotune und eine ganze Menge lyrische Rückbezüge auf die Once Upon A Time in Shaolin-Geschichte, könnte man meinen, die Platte hätte schon mindestens 15 Jahre auf dem Buckel. Glauben die Musiker hier wirklich, dass 2017 noch irgendjemand diese Kung-Fu-Film-Samples und grauenvollen LoFi-Beats spannend findet? Sicher, es sind genau die Elemente, die die Marke Wu-Tang in den Neunzigern groß machte, aber man muss davon auch irgendwann loslassen können, wenn es nur noch die blanke Reproduktion ist. Gerade diese Eigenschaft mochte ich an A Better Tomorrow, das wirklich neue Horizonte für den Clan aufzeigte und seine musikalische Tradition mit echt originellen Elementen verband. The Saga Continues schmeist sich zwar für ein paar Hooks an modernen R'n'B und Neo-Dancehall ran, doch enden diese Versuche, wie My Only One, meistens ziemlich peinlich. Wu-Tang klingen hier zum ersten Mal wirklich wie die Gruppe von Rap-Opas, die keine Ahnung mehr davon hat, was eine jugendliche Zielgruppe hört, die aber dennoch auf Biegen und Brechen versuchen, diese anzusprechen. In dieser Hinsicht haben sie aber schon mit diesem seltsamen Comic-Artwork verkackt, das arg nach den Neunzigern müffelt. Auch ist es schade, dass einige der besten Rapper des Kollektivs wie Ghostface Killah, Raekwon oder Method Man nur in wenigen Songs der LP auftauchen und sich auch da nicht wirklich Mühe geben. Wirklich großartige Parts wie den von Method Man in Hood Go Bang! gibt es wenige, dafür umso mehr schwache und sogar echte Rohrkrepierer wie Streetlifes Strophe in If What You Say is True. Das alles noch richtig beschissen produziert und fertig ist das sicherlich unwürdigste Album des Wu-Tang-Clan im neuen Jahrtausend. Es gibt sicher Menschen, denen das hier gefällt, weil es wieder stärker nach dem alten Material klingt, aber es ist erstens eher ein schlechter Abklatsch davon und zweitens erweckt es den Anschein, dass diese Rapper nichts anderes mehr können als die Verwaltung ihres eigenen Erbes. Dabei hat der Clan doch bereits gezeigt, dass dem nicht so ist. Die New Yorker können durchaus noch immer diese großen Alben machen, die man von ihnen so liebt und dabei in einem gewissen Rahmen sogar progressiv sein. Davon würde ich zu diesem Zeitpunkt gerne noch mehr hören und weniger vom ewigen Retro-Gestreichel. Ihr wollt den mothafuckin' ruckus? Dann bringt ihn gefälligst zurück!





Persönliche Highlights: Lesson Learn'd / If Time is Money / People Say / Why Why Why / Hood Go Bang!

Nicht mein Fall: Fast & Furious / Berto & the Friend (Skit) / If What You Say is True / My Only One

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Montag, 23. Oktober 2017

Liebe ist schon was schönes...

Ich weiß nicht ob es an mir liegt oder an der satanistischen Reptiloiden-Musikindustrie, aber gerade habe ich es hier irgendwie mit Kollaborationen. Erst gestern schrieb ich über die gemeinsame Platte von Kurt Vile und Courtney Barnett und heute geht es direkt mit einer Team-LP weiter. Doch wo das beim letzten Artikel eine relativ gewöhnliche Zusammenarbeit zwischen zwei KünstlerInnen war, die irgendwie ja schon aufeinander passen, ist Alle Liebe nachträglich eine doch extrem spezielle Angelegenheit. So speziell, dass ich mir von Anfang an ziemliche sicher war, dass sie wohl zum Scheitern verurteilt wäre. Ein Konzeptalbum über Beziehungen ist an sich schon eine müßige, schwerwiegende Sache, an deren sich nicht wenige Künstler*innen die Zähne ausbeißen, aber dass nun ausgerechnet Mine und Fatoni damit erfolgreich sein sollten, hielt ich für schlichtweg unmöglich. Er, der schlitzohrige Pausenclown des Deutschrap, der noch in diesem Frühjahr eines der krass sarkastischen und albernen Mixtapes dieses Jahres veröffentlichte und sie, die Pop-Songwriterin, die seit Jahren völlig ohne Inhalte auskommt? Never Ever. Ein gehaltvolles, ernsthaftes Album traute ich niemandem der beiden zu, geschweige denn ihnen gemeinsam. Und doch muss ich hier und jetzt sagen, dass ich von Alle Liebe nachträglich inzwischen einigermaßen beeindruckt bin. Sicher, die Songs hier sind durchaus gewöhnungsbedürftig und keine/r der zwei KünstlerInnen macht hier das, wofür man sie üblicherweise mag, aber ein bisschen besteht gerade darin der Reiz. Das wichtigste ist wahrscheinlich, dass man diese LP nicht als einen Teil der Diskografie irgendeines dieser Musiker*innen begreifen sollte, sondern als losgelöste Arbeit, die für sich selbst steht. Innerhalb dieses Kosmos sind die beiden nicht der Rapper und die Chanteuse, nicht der Clown und die Diva, sondern gleichberechtigte GeschichtenerzählerInnen, die einer wie die andere ordentlich auspacken. Denn was sie beide wirklich gut können, ist ins Detail gehen. In jedem der zehn Tracks wird ein Thema aus mindestens zwei Perspektiven totanalysiert, aufgebauscht und mit viel Charme an die große Glocke gehängt. Die Stories sind dabei in den wenigsten Fällen romantisch, eher erschütternd realistisch und mit verletzter Schlagseite erzählt, aber immer irgendwie packend und nie abgenudelt. Mine und Fatoni schaffen es, ihrem Thema in den 37 Minuten dieses Longplayers immer wieder neue Facetten abzuringen und werden nie wirklich langweilig. Und das liegt nicht zuletzt auch daran, wie toll Alle Liebe nachträglich musikalisch umgesetzt ist. Mine strahlt hier als klangliche Dekorateurin und Hauptproduzentin mit einem sehr edlen Sound, der vor allem auf satte Elektro-Flächen und Streicher setzt, aber auch den ein oder anderen Trap-Moment wie in Tattoo oder Akustikgitarre wie in Romcom nicht auslässt. Die dabei entstehenden Hooks sind textlich zwar ab und zu etwas wacklig, aber kompositorisch absolut erste Sahne und schaffen es sogar, einige dieser verklausulierten Lyrics doch noch zu Hits werden zu lassen. Das wirklich coole dabei ist, dass sich die vokalistischen Anteile dabei keinesfalls in "Mine singt die Hook und Fatoni rappt alle Strophen" teilt. Des öfteren spielen die beiden KünstlerInnen mit der Anordnung ihrer Parts und im Closer Erdbeeren ohne Grenzen funktioniert es sogar genau andersrum. All diese kleinen, schönen, kreativen Momente machen Alle Liebe nachträglich vielleicht nicht zu einer der besten, aber zu einer der interessantesten Pop-Platten dieses Jahres, die mal wirklich etwas anderes ist als das, was man von diesen beiden sonst gewöhnt ist. Mine und Fatoni lehnen sich hier weit aus dem Fenster, weswegen ihre Fans dieses Album vielleicht nicht unbedingt mögen werden. Aber im Endeffekt lohnt es sich doch ziemlich und mein anfänglicher Groll auf diese LP ist inzwischen einem ziemlich umfassenden Wohlwollen gewichen. Wäre ja auch sinnwidrig, eine Musik über die Liebe zu hassen.





Persönliche Highlights: Romcom / Aua / Mehr / Alle Liebe nachträglich / Fundament / Tattoo / Traummann / Erdbeeren ohne Grenzen

Nicht mein Fall: Schminke

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Sonntag, 22. Oktober 2017

Blues für Zwei

Es gibt eigentlich keinen rationalen Grund, warum ich mich auf ein Album wie Lotta Sea Lice freuen sollte, und dafür gibt es verschiedenste Gründe. Erstens bin ich kein besonders großer Freund der beiden darauf zu hörenden KünstlerInnen. Von Kurt Vile mochte ich bisher nur einige wenige Songs überhaupt und seine musikalische Attitüde nervt mich bisweilen schon ein bisschen. Courtney Barnett ist zwar ziemlich witzig, aber auch ihr ziemlich abgefeiertes Debüt von 2015 empfand ich als ein kleines bisschen überbewertet. Zudem hatte ich nicht den Eindruck, dass die beiden auf einem gemeinsamen Album wirklich zusammenpassen würden und mit Duetten kann man mich bis auf wenige Ausnahmen sowieso jagen. Allerdings gehören diese beiden Menschen wahrscheinlich zu den wichtigsten Acts, die sich momentan im Americana-Dunstkreis herumtreiben und eine solche Kollaboration von ihnen ist somit eben eine ziemliche Sensation, für die sich bestimmte Leute interessieren. Und ein bisschen hatte trotz aller Gegenargumente auch ich den Eindruck, dass diese LP etwas werden könnte. Immerhin muss man sowohl Vile als auch Barnett zugestehen, dass sie Songs schreiben können. Außerdem hat ersterer bei mir in Sachen Features zumindest einen Punkt, weil er letztes Jahr das großartige Let Me Get There mit Hope Sandoval gemacht hatte. Letztendlich hatte ich aber sowohl mit meinem Unmut als auch mit meiner Neugier hier irgendwie recht. Lotta Sea Lice ist kein sensationelles Album, aber ich kann auch sehr verstehen, wenn man es ein bisschen ins Herz schließt. Vor allem textlich blühen die beiden SongwriterInnen hier auf und schaffen es mit einem sehr dialogischen lyrischen Prinzip, dass teilweise sehr an Bands wie die Moldy Peaches oder Empire! Empire! erinnert, eine ziemlich gute Chemie aufzubauen. Viele der Stücke, in denen die Zwei auf diese Art und Weise kommunizieren, sind dann tatsächlich ganz schön niedlich und haben auf jeden Fall jede Menge Herz in sich. Ähnlich wie beim letzten Album von Barnett kann man sich leicht an einzelnen Zeilen aufhängen und diese dann gedanklich einrahmen. Das führt folglich nicht zuletzt dazu, dass ich mich zum ersten Mal überhaupt für die Texte von Kurt Vile interessiere. Und allein deshalb könnte Lotta Sea Lice eigentlich ein ziemlich gutes Album sein, wenn nur das musikalische Backing etwas aufregender wäre. Betrachtet man es von außen, scheitert diese Platte an einer eher einfachen Aufgabe, nämlich der Zusammenstellung von coolen Melodien. Für zwei KünstlerInnen, die es schaffen, über 44 Minuten hinweg eine coole Spannung untereinander aufrecht zu erhalten und sich dabei stilistisch selbst zu übertreffen, sollte das eigentlich das geringste Problem sein. Doch leider passt mir genau das an dieser LP nicht so richtig. Was man klanglich hier mitbekommt, ist so etwas wie der schlechte Konsens aus den Stilen beider Acts. Das sehr Americana-lastige Creedence-Songwriting von Kurt Vile und der Indie-Garagenpunk von Courtney Barnett finden hier schon irgendwie ganz gescheit zusammen, aber beide opfern dafür eine gewisse musikalische Einzigartigkeit. Was man hier hört ist Country-Rock-Standard mit wenigen Überraschungen, der mehr oder weniger nur die Tapete für das ist, was textlich passiert. Ein bisschen mehr hätte ich mir da schon gewünscht. So ist Lotta Sea Lice zwar trotzdem ein gutes Album, aber scheitert kurz davor, so richtig gut zu sein, was ein bisschen schade ist. Für meine Auffassung der beiden Beteiligten ist es trotzdem das beste, was sie seit Jahren gemacht haben. Insbesondere für Kurt Vile, der momentan an einem Punkt in seiner Karriere ist, an der vieles nur noch stagniert. Für seine Partnerin könnte diese LP indes der Ausgangspunkt für ein paar coole stilistische Moves sein, die ihren Output etwas geordneter und findiger machen. Diesen pädagogischen Aspekt fände ich dann noch viel wichtiger als das Album an sich, was allerdings auch eine ziemlich spekulative Sache ist. Stand Oktober 2017 haben Barnett und Vile ein ziemlich solides Collabo-Projekt aufgenommen, das ein bisschen besser hätte sein können. Ich sollte nicht so tun, als ob das nichts wäre.





Persönliche Highlights: Over Everything / Fear is Like A Forest / Outta the Woodwork / Continental Breakfast / Blue Cheese / Peepin' Tom

Nicht mein Fall: Let It Go

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Samstag, 21. Oktober 2017

Fellow Children

Mittlerweile erwische ich mich manchmal bei dem bösen Gedanken, dass ich Beck im Moment vielleicht lieber mögen würde, hätte er nicht doch wieder angefangen, Platten aufzunehmen. Bis zu Modern Guilt von 2008 war seine Diskografie eine äußerst solide Angelegenheit (abgesehen von seinem Debüt vielleicht) und seine Distanzierung vom klassischen Release-Format Anfang dieses Jahrzehnts war nicht nur ein intelligenter und kreativer Move, sondern verpasste dem Songwriter auch eine gewisse mystische Aura. In meinen Augen wäre Beck damit als einer der großen musikalischen Helden meiner frühen Teenagerjahre aus dem Musikbusiness ausgeschieden. Aber dann ging es irgendwie trotzdem weiter. Sein Grammy-Album Morning Phase war vor drei Jahren leider ziemlicher Kram und alles, was seitdem erscheint, hat den Künstler für mich leider ein bisschen egal werden lassen. Stand 2017 ist das einstige Kreativ-Genie der Slacker-Bewegung in den Neunzigern, der Hiphop mit Folk kombinierte und als Disco-Funker ebenso glaubwürdig war wie als intimer Akustik-Barde, zum Konsens-Musiker geworden, den die Fans von damals immer noch gut finden, weil er "mit ihnen gewachsen" ist. Im Klartext heißt das aber nur, dass Beck langweiliger geworden ist. Und zum absolut perfekten Zeitpunkt erscheint mit Colors nun auch sein bis dato glattestes und hörerfreundlichstes Album. Man kann es nicht beschönigen: Auf diesen 44 Minuten erleben wir einen Künstler, der seine typischen Kompositions-Bausteine nur noch routiniert herunterspielt und dabei Musik für eine Laufkundschaft macht. Eine LP voll mit unbeschwertem Easy Listening, das auch im Vormittagsprogramm von MDR Figaro nicht weiter auffallen würde. Sogar die Tatsache, dass Beck hier nach wie vor Genregrenzen sprengt, hat er irgendwie geschafft, richtig langweilig werden zu lassen. In dem Versuch, eine Art Werkschau durch Becks künstlerische Stationen zu sein, endet diese Platte irgendwo zwischen einer Singlesammlung von Maroon 5 (die klangliche Ähnlichkeit ist tatsächlich verblüffend) und dem Alterswerk eines One Hit-Wonders der Neunziger, das Beck nie gewesen ist. Dear Life ist eine schwungvolle Ballade, die die Missverhältnisse der Existenz beklangt, dabei aber höchstens das Niveau einer B-Seite von Guero oder Modern Guilt erreicht, Dreams klingt, als wäre Ed Sheeran seit neuestem Tame Impala-Ultra geworden, I'm So Free scheitert äußerst peinlich bei dem Versuch, den Gedanken von Raprock ins neue Jahrtausend zu transportieren und spätestens mit dem Trap-Beat in Wow kann man sich nur noch an den Kopf greifen. Einzig der Opener und Titelsong, obgleich dreißt von Animal Collective geklaut, sorgt ein bisschen für Aufatmen bei mir. Denkt Beck, er wäre irgendwie cool oder könnte damit die Millenials erreichen, die ihn erst von seinem Morning Phase-Grammy kennen? Und wenn ja, warum macht er dann Musik, die so gebürstet und clean ist, dass man dafür schon mindestens 30 sein muss? So wie ich es sehe, ist Colors das albumgewordene Steve-Buscemi-Meme und das ist für mich als ehemaligen Superfan schon ein bisschen ein Skandal. Ich sehe diesen Typen weiß Gott schon eine Weile nicht mehr als das gigantische Genie, das er nie war, aber hier verkauft er sich definitiv unter Wert. Statt ein erwachsenes neues Album zu machen, wie es sich für einen Künstler seines Formats gehört, wirft er sich hier einem jungen Mainstream-Publikum vor die Füße, das sich höchstwahrscheinlich einen Scheiß für diese LP interessieren wird und auf den Mist auch gar nicht erst reinfällt. Rein moralisch ist Colors für mich also der Tiefpunkt von Becks Karriere. Um aus diesem Tal wieder herauszukommen, muss schon was passieren. Und ich hoffe inständig, dass etwas passiert. Denn diese Mann kann das auch 2017 noch besser.





Persönliche Highlights: Colors

Nicht mein Fall: I'm So Free / No Distraction / Wow / Up All Night

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Freitag, 20. Oktober 2017

Annie, You're A Star

Für viele Menschen, die sich für Musik interessieren, ist Annie Clark aka St. Vincent in den letzten zehn Jahren eine ziemlich wichtige Musikerin gewesen, die mit Platten wie Actor und Strange Mercy elementare Impulse für den Artpop des neuen Jahrtausends lieferte. Angesichts dieser Tatsachen finde ich es schade, dass ich selbst nie so richtig eine Meinung zu ihrem Output hatte. Ich mag zwar viele ihrer Sachen ganz gerne, aber sie waren für mich selbst nie so große Highlights wie wahrscheinlich für die meisten anderen. Und dass sie sich momentan in der größten stilistischen Umbruchsphase ihrer Karriere befindet, hilft da nicht wirklich. Nachdem sie sich zuletzt mit ihrem selbstbetitelten Album von 2014 endgültig in die Richtung des experimentellen Pop bewegte und danach ziemlich lange Ruhe war, veröffentlicht sie mit Masseduction nun ihr bisher vielleicht gefälligstes Material überhaupt. Die 13 neuen Songs sind wesentlich näher am Mainstream als alles, was die Songwriterin aus Oklahoma bisher machte und erinnern statt an Tori Amos und Björk eher an Lily Allen, Madonna oder Matthew Bellamy. An sich ist das gar kein blöder Move, da Clark schon immer irgendwie alles gut konnte und ich ihr einen derartigen Crossover durchaus zutraue. Nur ist Masseduction am Ende gar kein Crossover geworden, sondern ein astreines Pop-Album. Und noch dazu ein ziemlich gutes. Ich war zu Anfang zugegebenermaßen etwas verstört von den zahlreichen erotischen Anspielungen in den Texten, den ulkigen, quietschbunten Elektro-Instrumentals und nicht zuletzt von diesem komplett verpeilten Artwork, aber im Gesamtkontext macht alles irgendwie Sinn. Diese Platte ist ein mehr oder weniger konzeptuelles Album, das sich sehr weit gefasst mit hedonistischer Millenial-Kultur beschäftigt und dazu eben einen passend knalligen Sound findet. Es gibt hier viele verkaterte Liebeslieder, Tracks über schlechte Partys und guten Sex, über Zigaretten und Viagra. Das ganze ist ein sehr schöner Rahmen, in dem alles geregelt und trotzdem mit dem richtigen Maß an Kreativität abläuft und Annie Clark nicht weniger strahlen kann als auf ihren vorherigen Platten. Dass trotzdem ein paar Stücke aus dem Muster herausfallen, ist da eher eine doofe Nebenwirkung. Pills ist mir ein kleines bisschen zu hektisch, Happy Birthday, Johnny passt als bodenständige Country-Ballade eher wenig zum Rest der LP und Fear the Future übertreibt es ein bisschen mit dem rummeligen Elektropop-Ansatz. Dafür gibt es mit dem fetzigen Sugarboy, dem niedlichen New York und dem sehr New-Wavigen Titelsong ein paar echte Highlights hier. Nicht jeder Song hier ist ein Treffer ins Schwarze, aber mit den meisten Songs übertrifft Annie Clark zumindest meine anfänglichen Erwartungen. Ein durchwachsenes Album mit gutem Hintergedanken ist immer noch besser als ein sinnloser Stilbruch ohne richtigen Plan. Und auch wenn Masseduction nicht unbedingt zu den besten Platten von St. Vincent zählt, schafft es doch ein relativ neues Kapitel ihrer musikalischen Identität, von dem ich durchaus mehr vertragen könnte. Sollte diese Frau am Ende doch noch zum Popstar werden? Vielleicht würde ich dann endlich wissen, was ich von ihr halten soll...





Persönliche Highlights: Hang On Me / Masseduction / Sugarboy / New York / Slow Disco

Nicht mein Fall: Happy Birthday, Johnny / Fear the Future

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Donnerstag, 19. Oktober 2017

Nullsummenspiel

Unter den Institutionen des deutschsprachigen Indierock spielten Kettcar in meinen Augen immer so ein bisschen die Rolle der Duckmäuser und Außenseiter. Die, die äußerst bodenständig und ernsthaft ihr Ding machten und dabei weder in die Charts kamen wie Selig oder Olli Schulz, noch zu Helden der Pop-Intelligenz wurden wie Tocotronic oder Thees Uhlmann. Kettcar waren immer das Bindeglied dazwischen, die man mal zwischendurch cool fand, aber nie wirklich krass feierte und bei denen man irgendwie trotzdem das Gefühl hatte, dass sie es besser verdient hätten. So war es zumindest immer bei mir. Ich mag gewisse Songs sehr gerne und schätze die häufig sehr intensiven Texte von Marcus Wiebusch, aber irgendwie hatte die Band auch nie so richtig das Charisma ihrer Kolleg*innen. Und je länger die Formation nun schon existiert, desto mehr nutzt sie sich für mich inzwischen auch ab. Das letzte Album Zwischen den Runden von 2012 war zwar schon irgendwie okay und schleppte den typischen Stil mit großer Mühe weiter, aber zum Fan wäre ich dadurch sicher nicht geworden. Kettcar hatten sich musikalisch irgendwie in eine Sackgasse manövriert und um diese zu verlassen, mussten eben neue Ideen her. Und als die Band vor einigen Monaten die Leadsingle Sommer '89 (Er schnitt Löcher in den Zaun) ihres neuen Albums präsentierte, sah es zunächst so aus, als würde genau das passieren. Besagter Song ist nicht nur deutlich politischer als das meiste Material der vergangenen Jahre, er ist auch weit mehr als ein einfacher Song. Marcus Wiebusch setzt hier auf die sehr prosaischen Fast-Rap-Gesang-Geschichten seiner ersten Solo-LP noch einen Drauf und erzählt tatsächlich so etwas wie eine musikalisch begleitete Kurzgeschichte, die vor allem durch ihren Spoken-Word-Charakter brilliert. Und auch wenn ich mich mit der Gesamtheit des Songs bis jetzt irgendwie schwer habe, ist Sommer '89 doch definitiv Neuland für Kettcar und damit auch bisschen das, was ich jetzt von ihnen hören wollte. Ein ganzes Album von diesem Format wäre zumindest spannend gewesen. Nur ist Ich vs. Wir bedauerlicherweise genau das nicht geworden, sondern zum Großteil eben doch wieder das, was diese Band schon die ganze Zeit gemacht haben. Zwar ist die Platte auch auf im Gesamtkontext verhältnismäßig sehr direkt und explizit politisch, doch einen Unterschied macht das nicht wirklich. Marcus Wiebusch war schon immer jemand, der sich in Songtexten gut positionieren konnte und dass er hier sinngemäß so originelle Dinge äußert wie "Nationalismus finde ich scheiße" und "Das Konzept Deutschland ist ziemlich überbewertet" überrascht nur mäßig. Das hat man von ihm schon besser gehört. Auch wenn er in Trostbrücke Süd oder Die Straßen unseres Viertels seine erzählerische Masche auspackt, ist das nicht mehr ansatzweise so ergreifend wie bei einem Landungsbrücken raus oder Am Tisch. Die Rhythmusgruppe spielt dazu ebenfalls Melodien, die irgendwie gut und wirkungsvoll sind, aber die eben auch die letzten Indiepop-Klischees von Anno Dazumal verwurstet, für die sich inzwischen selbst Revolverheld zu blöd sind. Mehr als Malen nach Zahlen kommt bei Kettcar unterm Strich also wieder nicht rum. An sich ist Ich vs. Wir zwar mindestens genauso gut wie sein Vorgänger, wenn nicht sogar ein Mü besser, allerdings ist es auch der nächste Schritt, den diese Band in die stilistische Irrelevanz geht und mit dem sie insgesamt noch ein bisschen langweiliger wird. Ich bin mir sicher, Kettcar hätten es drauf gehabt, ein durchaus sehr überzeugendes, pikant-politisches Album aufzunehmen, das für Aufsehen sorgt, denn doof oder untalentiert sind sie ja weiß Gott nicht. Nur mittlerweile vielleicht ein bisschen zu gemütlich. Und eben wieder nicht diejenigen, die Auffallen werden, sondern gemütlich ihr Ding machen, obwohl sie es vielleicht besser verdienen.





Persönliche Highlights: Ankunftshalle / Sommer '89 (Er schnitt Löcher in der Zaun) / Die Straßen unseres Viertels / Mannschaftsaufstellung

Nicht mein Fall: Benzin & Kartoffelchips / Mit der Stimme eines Irren

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Mittwoch, 18. Oktober 2017

Sein (vielleicht) letzter Coup

Wir leben in traurigen Zeiten, wenn man Menschen ständig beweisen muss, dass Billy Corgan ein guter Songwriter ist. Sicher, die letzten zehn Jahre seiner Karriere und seine letzte Frankenstein-Neubelebung der Smashing Pumpkins waren zumeist einfach nur peinlich und der Songwriter gab selbst keinerlei Anlass, mit Freude auf irgendeines seiner Projekte zu blicken. Doch man musste nur genau hinschauen, um hin und wieder das Genie hinter dem frustrierten, griesgrämigen Narziss dieses Mannes aufblitzen zu sehen. Bestes Beispiel in dieser Hinsicht war letztes Jahr seine Video-Roadtrip-Aktion "30 Days", bei der er drei Wochen die USA bereiste, jeden Tag einen Song schrieb und diesen dann an einem zufälligen Ort performte. Nicht nur war dabei das interaktiv-mediale Konzept dabei wahnsinnig spannend, auch die Songs an sich waren an sich nicht übel. Und endlich wirkte Corgan zwischendurch mal wieder entspannt und cool beim Musikmachen. Ein Stück weit erwirkte "30 Days" bei mir nach lange Frustration wieder eine gewisse Sympathie mit diesem Menschen und der Glaube daran, dass er nach wie vor gute Musik machen könnte, keimte ein bisschen auf. Dass es dann tatsächlich gleich ein ganzes Album wird, übersteigt allerdings auch meine Erwartungen. Aber es macht Sinn: Mit seinem ersten Soloalbum seit 2005 schafft es Corgan, sich strukturell von der inzwischen nur noch lästigen Bürde Smashing Pumpkins zu distanzieren und ein bisschen sein Ding zu machen. Demzufolge ist Ogilala auch keine LP der großen Rock-Hymnen, sondern eher eine Art Songwriter-Ding, die allerdings den Vorteil hat, dass es auf ihr tatsächlich so etwas wie gute Musik gibt. Stilistisch bewegt sich das ganze wieder sehr nahe am Neunziger-Output von Corgan, insbesondere Mellon Collie & the Infinite Sadness ist ein wichtiger Bezugspunkt. Und obwohl diese Platte auch bei weitem nicht der inoffizielle Nachfolger jenes legendären Generations-Albums oder sowas ist, wird sie einem gewissen kompositorischen Anspruch doch durchaus gerecht. Insbesondere die beiden Singles Aeronaut und the Spaniards erinnern gewaltig an etwas heruntergebrochene Versionen von Mellon Collie-Stücken, die Corgan noch aus irgendeiner Schublade gekramt. Gleichzeitig ist es aber auch extrem gut, dass Ogilala mit diesen Ideen nicht so in die Vollen geht wie die Pumpkins damals. Hätte man versucht, hier große Sound-Paläste und orchestrale Rock-Tempel aufzubauen, hätte man sich hundertprozentig daran verhoben, so wie bei den letzten Bandplatten. So gibt die Komposition der Tracks einen Eindruck, was die Melodien und Texte können, lassen aber viel Platz für das wenige, was tatsächlich stattfindet. Vergleichbar ist diese Wirkung mit der Ruminations-LP von Conor Oberst oder der MTV-Unplugged-Performance, die die Smashing Pumpkins leider nie gespielt haben. Vor allem ist Ogilala aber die erste wirklich genießbare Veröffentlichung dieses Mannes auf Longplayer-Format seit mindestens 15 Jahren. Und das ist echt eine Sache, die ich so nicht mehr zu erhoffen wagte, aber die dafür wirklich unglaublich gut geworden ist. Sollte Billy Corgan es in den nächsten Jahren tatsächlich wagen, seine Band noch ein weiteres Mal durch den Matsch zu schleifen und dabei so versagen wie die letzten drei Male, kann ich diesmal wenigstens auf diese LP zeigen und sagen: "Hier ist er nochmal richtig gut gewesen". Das ist jetzt mein persönlicher kleiner Triumph.





Persönliche Highlights: Zowie / Processional / the Spaniards / Aeronaut / Half-Life of An Autodidact / Amarinthe

Nicht mein Fall: Archer

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Dienstag, 17. Oktober 2017

Fühlen lernen

Die Welt des sogenannten "alternativen R'n'B" ist in den letzten Jahren zweifelsohne einer der größten Märkte für neue künstlerische Blickwinkel geworden. Nicht nur ehemalige Fremdkörper wie Bon Iver oder Dirty Projectors fühlen sich inzwischen konstant zu elektronischen Soul-Blasen und frickeligem Post-Gejaule hingezogen, es sind vor allem junge Neuentdeckungen, die mächtig Wind in die Segel dieser Stilrichtung blasen. Musiker*innen wie Clarence Clarity, FKA Twigs oder Partynextdoor sind inzwischen ziemliche Hausnummern geworden und stehen für eine mitunter ziemlich radikale Neuinterpretation des R'n'B-Begriffs. Und obgleich ich die Idee daran von Anfang an sehr schätzte, bin ich mit den meisten Acts der Bewegung noch immer nicht richtig warm geworden. Zu oft erlebe ich es, dass der Avantgarde-Anspruch einer Platte viel wichtiger genommen wird als der, ein Gefühl zu vermitteln und nicht selten macht das diese Alben auch ein klein wenig öde. Ein Problem, dass sich unter Umständen mit Kelela lösen lässt. Schon seit einer ganzen Weile ist die Sängerin aus Washington D.C. so etwas wie der heimliche Shooting-Star der Bewegung und ihre bisherigen Veröffentlichungen machten 2016 in vielen Blogger-Kreisen die Runde. Aus gutem Grund: Kelela schafft es sehr erfolgreich, in ihren Songs die emotionale, sinnliche Energie des R'n'B der Neunziger mit skurrilen IDM-Beats und experimentellen Songstrukturen zu verbinden und hat damit schon einen großen Vorsprung zum größten Teil ihrer Kolleg*innen. Ihre Songs wirken weder steril noch kaputtgebastelt oder irgendwie verkopft. Und ich hatte wirklich gehofft, dass sie diese Qualitäten in Take Me Apart auf einem einheitlichen, starken Album manifestiert. Was auch ein Stück weit der Fall ist. Die 14 Songs hier sind definitiv nicht so unzugänglich wie viele der Sachen ihrer stilistisch Nächstverwandten FKA Twigs, Kelela ist hier um einiges geschmeidiger und tatsächlich auch ein bisschen erotisch (Wer jetzt denkt, das ist objektifizierend, kann sich ja mal die Lyrics durchlesen). Das hilft ihr auf jeden Fall, denn obwohl sie das sehr gut macht, hat diese LP die gleichen Kernprobleme, die ich eben beschrieben habe. Die Produktion (die übrigens unter anderem von Arca stammt, der auch für Björk und FKA Twigs viel Müll produziert hat) ist mir nach wie vor ein bisschen zu minimalistisch und instabil, sodass Kelela mit ihrer genialen Stimme und den tollen Texten leider sehr oft ins leere singt. Und auch hier werden die Tracks mit der Zeit ein kleines bisschen gleichförmig und können nicht wirklich ein Eigenleben aufbauen. Zwar sind in dieser Hinsicht auch schon bessere Ansätze da als bei den meisten Anderen, aber es bleibt trotzdem eher unbefriedigend. Man kann ahnen, wo Kelela mit diesen Ideen hin will, aber so gut wie alle Songs geraten weit davor ins Stocken. Und wenn es am Ende darum geht, ob mir diese Künstlerin das Konzept Indie-R'n'B verkauft oder nicht, dann ist die Antwort eben nach wie vor ein ziemlich klares Nein. Wenn es darum geht, bleibt die Überzeugungsarbeit für mich leider an alten, erfahreneren Projekten hängen, die wissen, wie man auf der Schnittstelle zwischen Avantgarde und Mainstream richtig balanciert. Ich spreche Kelela nicht ab, das noch zu lernen, doch auf diesem Album tut sie das ganz sicher noch nicht.





Persönliche Highlights: Frontline / Jupiter / Better / LMK / Truth Or Dare / Turn to Dust

Nicht mein Fall: Onanon

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Montag, 16. Oktober 2017

In Echt: Am Ende der Unschuld

Es sieht ganz so aus, als wollten Sigur Rós ihr eigenes Klischee loswerden. Zumindest ist von der Band, die einst so dafür gefeiert wurde, die isländische Pastorale neu zu erfinden und die musikalische Umsetzung von Geysiren und Vulkanen zu sein, im Moment nicht unbedingt viel zu sehen. Die Bühnenkostüme sind eingemottet, gespielt wird in legeren T-Shirts und Jogginghose (letzteres zumindest bei Georg Hólm), die Lichtshow könnte man durchaus als futuristisch beschreiben und die drei Musiker selbst legen heute alles daran, ihre innere Noiserock-Mentalität zutage zu fördern. An diesem Abend in Frankfurt am Main kommt die Musik dann tatsächlich auch nur von diesen Dreien. Kein halbes Orchester, keine Backing-Vocals und kein zweites Schlagzeug haben Sigur Rós im Gepäck, stattdessen hat mittlerweile jeder von ihnen einen eigenen Drum-Computer. Dass die Isländer in den letzten Jahren einen weiten Weg gemacht haben, wird hier unbestreitbar zur Schau gestellt. Hinsichtlich dieses fast provokativ un-Sigur-Rós-mäßigen Auftretens ist es allerdings erstaunlich, dass ein relativ klassisches und vor allem gediegenes Set gespielt wird. Besonders in der ersten Hälfte des Konzerts bedient sich die Band neben vielen neuen Songs vornehmlich an Tracks des unbetitelten "weißen" Albums, einer ihrer stillsten Platten. Für jemanden wie mich, der nach wie vor jede Menge Material von Kveikur erwartet hatte, ist das zumindest eine Überraschung, wenn auch alles andere als eine Enttäuschung. Denn egal was Sigur Rós live anpacken, sie schaffen es von der ersten Sekunde an, eine ausverkaufte Location mit 4000 Menschen zu verhexen. In der Jahrhunderthalle herrschte diesen Samstag gute zwei Stunden lang eine atemberaubende Magie, und das trotz einiger nicht zu übersehender technischer Pannen und einem stimmlich nicht ganz so fitten Frontsänger (der es dennoch schafft, einen perfekten Falsettton über 40 Sekunden lang A Capella zu performen). Schon bei der Eröffnung mit dem bisher unveröffentlichten Stück Á wird einem spürbar anders, und als ein bisschen später mit Glósoli der erste kleine Hit angestimmt wird, lösen sich auch die letzten Knoten. Das Zusammenspiel aus Musik und Lichtshow wirkt atemberaubend und nicht so durchinszeniert, wie es wahrscheinlich ist. Und statt isländischen Landschaften abstrakte polygonische Gebilde und CGI-Wasser zu sehen, ist irgendwie auch ein bisschen erfrischend. Was jedoch noch beeindruckender ist, ist die Tatsache, hier keiner wirklichen Show zuzusehen, sondern Musikern, die hart arbeiten. Das komplette Set über steht das Trio merklich unter Strom und rackert sich erstaunlich wenig routiniert durch die 14 Songs. Vor allem bei Drummer Hólm merkt man die Anspannung, der zwischendurch seinen Tontechniker wegen fehlendem Monitoring anherrscht. Ohnehin ist die Technik an diesem Abend der vielleicht größte Spielverderber. Nachdem bereits im vierten Song Dauðalagið (heute in extrem lärmig) irgendetwas mit Jónsis Effektgerät nicht stimmt, wird Fljótavík kurzerhand nicht gespielt. Die erste Hälfte des Konzerts endet daher etwas holprig mit den beiden neuen Stücken Niður und Varða, letzteres hat mit Bassist Orri Dýrason am Klavier allerdings eine ganz spezielle Sahnehaube. Trotzdem ist man froh, dass zum zweiten Teil des Sets dann alle Reibungen behoben sind. Denn hier wird es Setlist-technisch erst so richtig interessant. Beim aufwärmenden, ebenfalls neuen Óveður lässt die neue Lichtshow erstmals ihr komplettes Ausmaß erahnen und spätestens im nachfolgenden Sæglópur erlebt das Konzert seinen ersten großen Stadion-Moment. Stroboskop, eine doppelte LED-Leinwand und Röhrenleuchtelemente machen einen der größten Tracks der Band zur audiovisuellen Achterbahnfahrt. Sowas ist dann ehrlich gesagt auch von Coldplay nicht mehr weit entfernt. Noch schöner ist nur, dass die nachfolgenden Fan-Favoriten Ný Batterí, Vaka und Festival dem in Sachen Show-Spektakel kaum nachstehen. Mit Kveikur hängen Sigur Rós sogar noch das Stück dran, das auf meiner persönlichen Wunschliste für diesen Abend stand (und wie erwartet abreißt). Mit einem erneut extrem lärmigen Popplagið schließt das Trio danach seine Performance ab, nicht ohne dabei zünftig ein paar Instrumente zu verwüsten. Besonders Jónsi lässt sich am Schluss zu ein paar ziemlichen Rockstar-Gesten hinreißen. Aber vielleicht sind die Sigur Rós von 2017 ja auch genau das: Rockstars. Wer in einer Woche Tour mehrere Hallen ausverkauft und es dabei jeden Abend jeder einzelnen Person darin so besorgt wie an diesem Abend, der ist auf keinen Fall eine kleine Indie-Nischenband. Und wer nach dem Konzert noch daran zweifelt, dass dem so ist, dem dürfte ein Blick auf die happigen Getränke- und Merch-Preise weiterhelfen. Doch es ist zumindest aufmunternd, dass diese drei Musiker darüber hinweg nicht scheiße geworden sind. Als nach insgesamt gut zwei Stunden Dauerlauf das sinngebende Wort "takk" auf dem LED-Screen erscheint und die Band sich verbeugt, wirkt es kein bisschen weniger glaubwürdig als vermutlich vor zehn oder zwanzig Jahren. Das, was diese Suppe hier fett macht, ist das Band zwischen Musikern und Fans. Und die Dankbarkeit, die Sigur Rós seit jeher so zelebrieren, beruht nach wie vor auf Gegenseitigkeit. Das ist zum Glück auch dann noch so, wenn sie nicht mehr die isländischen Postrock-Posterboys sein wollen.

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Freitag, 13. Oktober 2017

Bruder du weißt

Im Herbst 2017 wird die Musikwelt ein weiteres Mal Schauplatz für einen der klassischen Beefs der Rockgeschichte, der sich mit gewissen Unterbrechungen nun bereits circa 25 Jahre hinzieht. Die Kontrahenten: Die Gebrüder Liam und Noel Gallagher, zwei der wichtigsten britischen Rockmusiker dieser Zeit und darüber hinaus ehemalige Bandkollegen bei Oasis. Mittlerweile sind beide schon lange mit eigenen Projekten unterwegs und schaffen es dabei alle paar Jahre, ihre neuen Alben ganz zufällig mit sehr wenig zeitlichem Abstand zum jeweils anderen zu veröffentlichen. Die Masche, dass die gesamte Medienlandschaft daraus den Beef entwickelt, den die beiden haben wollen, funktioniert ziemlich gut, Fakt ist aber auch, dass es ein bisschen Spaß macht, ihnen dabei zuzusehen. Die gegenseitige Stichelei ist über die Jahre qualitativ gesehen weniger einseitig-Noel-lastig gewesen als erwartet und beide Musiker wurden dadurch noch ein bisschen mehr zu besseren Leistungen angespornt. Gerade Liam hat in seinen Jahren mit der neuen alten Band Beady Eye eine krassere künstlerische Entwicklung durchgemacht als die ganze Zeit vorher. Von den Fackelträgern der Oasis-Zeit wurde die Gruppe zuletzt zur doch recht experimentellen Angelegenheit, die mit Triphop, Krautrock und Madchester herumprobierte und in meinen Augen am Ende sogar das coolere Album machte als Noel. Und nun ist mit As You Were, der ersten Solo-LP von Liam, die konsequente Weiterführung dieses Prozesses erschienen. Beady Eye waren eigentlich schon immer nur seine eigene Spielwiese, also warum nicht einfach das Kind beim Namen nennen und selbst die Solo-Keule auspacken? Liam ist eben ein Narzisst und wahrscheinlich hängt es damit zusammen, dass er hier sein bisher bestes Album überhaupt gemacht hat. Diese Platte repräsentiert nämlich genau das, was wir von ihm kennen: Glorreiche, dick aufgetragene Rock-Hymnen, die mit ihren Melodien die Welt umspannen können. Ohne das Songwriting-Talent seines Bruders hatte er das bisher nicht hinbekommen (wer den Beweis will, kann sich ja mal die erste Beady Eye-LP anhören), doch was er hier macht, kann für Menschen, die der Trennung der Hauptband noch immer hinterher trauern, als äußerst wirkungsvolles Substitut für Oasis funktionieren. Besonders originell ist das natürlich nicht, aber man kann auch nicht abstreiten, dass Liam nach wie vor gut darin ist, den Spirit von früher zu beschwören. Die 56 Minuten dieser LP sind zum Bersten voll mit energischen, eingängigen Power-Tracks, die in meinen Augen ganz ohne Frage das Niveau einer richtig guten Oasis-Platte reproduzieren. Songs wie Wall of Glass, Universal Gleam oder I Get By hätten wahnsinnig gut in die Diskografie dieser Band gepasst und es ist nicht auszuschließen, dass dann auch 80.000 Menschen in Glastonbury mitgesungen hätten. In der jetzigen Situation ist das wohl eher unwahrscheinlich, aber das ändert nichts daran, dass As You Were in meinen Augen ein tierisch gutes Album geworden ist. Vielleicht kommt es nur ein bisschen zur falschen Zeit. Liam Gallagher hat hiermit ein für allemal gezeigt, dass er definitiv kein schlechterer Songwriter ist als sein Bruder und wenn wir jetzt mal wieder in den Kategorien des Wettbewerbs denken: Der soll ihm das erstmal nachmachen. Denn was man bisher von der im November erscheinenden neuen LP von ihm hört, ist nicht ansatzweise so groß wie auch nur eine Sekunde von diesem Album.





Persönliche Highlights: Wall of Glass / Bold / Greedy Soul / Paper Crown / For What It's Worth / I Get By / Come Back to Me / Doesn't Have to Be That Way

Nicht mein Fall: I Never Wanna Be Like You

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Donnerstag, 12. Oktober 2017

Alternative Medizin

Man unterschätzt immer sehr gerne, was für ein vielfältiger Künstler dieser Kele Okereke ist und eigentlich schon immer war. So viele Stile, wie der Brite in seiner nicht mal soo langen Karriere schon ausprobiert hat, schaffen andere in 30 Jahren nicht und immer wieder überrascht er damit, was er diesmal wieder aus dem Ärmel zaubert. Bereits bei Bloc Party schaffte er es, pulsierenden, garstigen und kantigen Indierock mit Einflüssen aus Soul, R'n'B und Electronica zu verbinden, zuletzt spielte sogar Metal und Blues eine gewisse Rolle. Ganz davon abgesehen hat er bereits zwei Soloplatten veröffentlicht, die seine Liebe zu elektronischer Musik noch weiter ausbauten. Demzufolge dürfte es kein allzu großer Schock sein, dass mit Fatherland jetzt quasi ein Jazz-Folk-Album von ihm erscheint. Klar, auch für jemand so erfahrenen wie ihn ist es keine Nichtigkeit, sich in komplett neuem Territorium auszuprobieren und auch mich hat die LP deshalb neugierig gemacht, aber dass er es macht, ist nicht wirklich verwunderlich. Und im Vorfeld hatte ich auch keinen Moment lang daran gezweifelt, dass Kele damit überzeugt. Seine Gabe, mit einer großartigen Souveränität Dinge zu kombinieren, die eigentlich nicht zusammen passen, war schon immer seine Stärke, warum also nicht englischen Gitarren-Folk, Dixieland-Motive, Pop-Produktion und eine ihm schon immer sehr eigene Interpretation von Soul? Die erste Single the Streets Been Talkin' machte vor, wie es geht und der Rest des Albums musste nur nachziehen. Den Überraschungseffekt hatte Kele sowieso auf seiner Seite und somit genügend Potenzial, sensationell zu sein. Aber irgendwas muss zwischendruch schief gegangen sein, denn offen gesagt ist Fatherland am Ende ziemlich durchwachsen geworden. Und das liegt an einer Vielzahl von Problemen. Zunächst mal: Wohin will er klanglich mit diesen Songs? Will er eine intime Songwriter-Platte mit viel Gefühl haben oder doch eher eine orchestrale Klangorgie, eine urige Jazz-Atmosphäre oder Feuilleton-Folk? Das Vorhaben, alles auf einmal anzugehen ist ohne Frage Nobel, aber es führt hier zu keiner konsistenten Ästhetik. Kele schafft großartige, fragile Momente, in denen er sich selbst mit wenigen Instrumenten begleitet, während er hochemotionale Stories über Nigeria (die Heimat seiner Eltern, deshalb der Titel) singt. Auch größer angelegte Stücke wie die orchestrale Overtüre oder die Fast-Powerballade Portrait funktionieren prima. Nur gibt es auch Totalausfälle wie das swingige Capers oder das fürchterlich an Norah Jones (*kotz*) erinnernde Grounds for Resentment, die die Frage aufkommen lassen, was mit diesem Musiker passiert ist. Besonders der erste Teil der LP ist durchwuchert mit seltsamen musikalischen Auswüchsen, die Zähneknirschen bei mir verursachen und die ich trotz all ihrer Kreativität ein bisschen zum Teufel wünsche. Die zweite Hälfte ist dann tatsächlich eher von entspannten, akustischen Folk-Balladen dominiert, die alle sehr gut geschrieben sind, aber mit der Zeit auch etwas monoton werden. Am Ende bleibt also unterm Strich nicht viel übrig vom tollen Ausblick auf diese Platte. Wie bei bisher jeder Platte schafft es Kele, ein bis zwei wirklich geniale Tracks zu versammeln (in diesem Fall sind das the Streets Been Talkin' und Yemala), aber der Rest ist mehr oder weniger austauschbar. Mehr als theoretisch cool ist Fatherland also nicht und ein bisschen schade ist das schon. Hätten die Parameter besser zusammengespielt, hätte das hier locker ein triumphales Comeback des Sängers werden können, nachdem sowohl seine Solokarriere als auch Bloc Party zuletzt ziemlich eingeschlafen sind. Aber mit jeder mittelmäßigen Platte, die er mehr veröffentlicht, schwindet die Gewissheit, dass er sich irgendwann doch wieder rappelt. Stand 2017 sieht es so aus, als wäre Kele Okereke die längste Zeit einer meiner Lieblingsmusiker gewesen.





Persönliche Highlights: the Streets Been Talkin' / Yemala / Versions of Us / Portrait / Road to Ibadan / Savannah / the New Year Party

Nicht mein Fall: Capers / Grounds for Resentment

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