Mittwoch, 11. Oktober 2017

Töte deine Helden

Es ist gerade mal wenige Wochen her, da hätte man mich mit Leuten wie Lil Pump jagen können. Er und der ganze Rest der jüngsten Generation freakiger Soundcloud-Rapper*innen wie Lil Uzi Vert, Smokepurpp, Aminé oder auch XXXtentacion waren eines der Phänomene des Trap-Hypes, mit denen ich erstmal so überhaupt nichts anfangen konnte. Ihr Stil war zumeist sehr auf Äußerlichkeiten konzentriert, hatte in den meisten Fällen nicht die Originalität wie viele ältere Kolleg*innen und provozierte bestenfalls ein paar mittelmäßige Memes. Musikalisch gab mir das ganze eher wenig, doch seitdem innerhalb der letzten zwei Monate jede Menge dieser MCs ihre kommerziellen Debütalben veröffentlichten, scheine ich langsam Gefallen daran zu finden. XXXtentacions Mini-LP 17 war eine riesige positive Überraschung für mich und auch die Sachen von Ugly God und Ski Mask the Slump God waren eigentlich okay. Und mit Lil Pump veröffentlichte am Freitag ein weiterer Kerncharakter der Bewegung sein Erstlingswerk. Unter besagten Künstler*innen dürfte er mit Sicherheit zu denen gehören, die zuletzt am meisten polarisierten und das mit Recht. Mit seinem ganz besonders minimalistischen, repetetiven und grantigen Stil ist er der Szenepolizei ein riesiger Dorn im Auge, von seinem abgefahrenen Auftreten mal ganz abgesehen. So krass ist das eigentlich auch gar nicht, zumindest im Vergleich zu einem XXXtentacion oder Lil Peep. Aber wo ich in der Vergangenheit eher den Eindruck hatte, dass Pump nur die optisch buntere und musikalisch eintönigere Kopie von einem Quavo oder Lil Uzi wäre, schafft er es auf seinem selbstbetitelten Debüt immerhin, ein Minimum an Persönlichkeit zu etablieren. In den 36 Minuten dieser LP bringt der MC aus Florida ganze 15 Tracks unter, von denen die meisten erstaunlich genießbar sind. Wenn man sich nicht gerade auf erhaben produzierte Songs mit konzeptuellen Stories eingestellt hat, kann man hier eigentlich selten enttäuscht werden. Purps Beats sind in den meisten Fällen gute Kopfnicker mit eingängigen Hooks, die es schaffen, ihren Schöpfer als Rap-Charakter zumindest zu skizzieren. Sicher ist dieser Typ lyrisch eine ziemliche Oberpflaume, schlimmer noch als die meisten anderen Pappnasen, aber man sollte diese Tatsache so gelassen nehmen wie er selbst, denn Bad Bars und Wiederholungen sind eben sein Ding. Und mitunter ist sogar mal eine gute Punchline dabei. Die allermeisten Songs hier bewegen sich auf soliden Trap-Grundniveau und machen ihren Job ganz gut. Gleichzeitig erleben wir auch nicht gerade ein Album, das bei mir wirklich etwas provoziert. Lil Pump macht seine Musik im Wesentlichen so wie die zwei, drei Soundcloud-Rap-Generationen vor ihm auch und hat dem nur sehr wenig beizufügen. Die bisweilen eingebaute LoFi-Produktion oder die sehr kurzen Stücklängen sind Ansätze, aber klanglich und kompositorsich ist das hier alles andere als revolutionär. Und eigentlich kann man das von dem Rapper*innen seines Schlags mittlerweile erwarten. Das Debüt von XXXtentacion war es, und auch wenn ich sie selbst nicht wirklich mag, auch die Platte von Lil Peep pushte diverse Grenzen. Und mit all dem Hype, den besonders Pump hinter sich versammelt hat, hätte hier in Sachen Alleinstellungsmerkmale auch mehr drin sein können. Es ist im Hiphop nämlich wichtig, dass die Jungen besser sind als die Alten, sonst haben die mit ihrer Oldschool-Mentalität irgendwann recht. Was dann los ist, will ich mir echt nicht ausmalen.





Persönliche Highlights: What U Sayin? / Gucci Gang / D Rose / At the Door / Youngest Flexer / Whitney / Molly / Iced Out / Boss

Nicht mein Fall: Back

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