Montag, 28. Dezember 2015

2015: Meine Lieblingsalben

Eines kann ich über meine Lieblingsplatten 2015 sagen: Die Liste, die ich hier zusammenstelle, ist definitiv die eigenartigste, die es in den vier Jahren hier gegeben hat. Ein Boom-Bap-Album in einer Zeit, in der Trap alternativlos geworden ist, ein von mir bisher verhasster Künstler in den Top Ten, eine Platte von einer Band, die es offiziell gar nicht mehr gibt und weder Kendrick Lamar noch Björk noch Sufjan Stevens. Trotzdem kann ich vermelden, dass es tolle zwölf Monate für mich und diesen Blog waren und ich mit großer Euphorie in die Zukunft schaue. Danke fürs lesen und unterstützen, hier sind meine Favoriten 2015:

30. LITTLE SIMZ
A Curious Tale of Trials + Persons












Während in Amerika die besten Rapper halbtags zu Sängern werden und Nicki Minaj lieber Beef anzettelt, als neue Musik zu machen, kommt eine der großen Hoffnungen dieses Jahres aus Großbritannien und setzt der Weltöffentlichkeit mit diesem Album ein Debüt vor, dessen Menge an Inhalt und Philosophie die meisten überfordert. A Curious Tale of Trials + Persons ist HipHop-Feminismus, Blacktivismus, sozialkritischer Feldversuch und gleichzeitig eine wahnsinnig persönliche Platte, auf der eine junge Frau sich zu ihrer Gesellschaft positioniert und die Fragen stellt, die eigentlich keiner hören will. Und das in weniger als 40 Minuten Spielzeit. Kein Wunder, dass Little Simz sich dabei auch technisch nicht lumpen lässt. Im vokalistischen Stacatto spittet die Britin hier ihre Hirnwindungen auf Platte, dass einem teilweise hören und sehen vergeht. Wer so einen Einstieg vollführt, der kann definitiv noch richtig gefährlich werden.

Das beste daran: Dass diese Madame in den nächsten Jahren noch viel besser wird.
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29. JAMES FERRARO
Skid Row












Dass 2015 ausgerechnet Vaporwave wieder aus der Versenkung steigt und sich plötzlich anschickt, ein richtiges Musikgenre zu werden, hätten wohl die wenigsten geahnt. Zum Beispiel James Ferraro, der schon seit Jahren nicht daran zweifeln lässt, dass so eine Evolution theoretisch möglich wäre. Skid Row ist nun so etwas wie sein Triumph, weil ihn jetzt endlich auch Normalos wie ich ernst nehmen müssen. Und siehe da: Die träumerisch-dokumentarischen Popsong-Collagen hier strotzen vor eigentümlicher Schönheit und lassen auch mich daran glauben, dass Vaporwave mehr sein kann als das ewige Meme der Indiekids. Vor allem, weil jemand wie Ferraro auch endlich die Ernsthaftigkeit besitzt, eine ordentliche Produktion und Kopfhörer-Qualität zu etablieren. Mit der wird die unterkühlte, urbane Ästhetik dieser Platte noch besser spürbar und die R'n'B- und Neo-Klassik-Einschübe hier zahlen sich richtig aus. Nach 2015 ist dieser Typ kein verkannter Künstler mehr, sondern ein Chefdenker. Eine Rolle, die ihm eigentlich schon seit fünf Jahren gehört.

Das beste daran: die eisigen Industrial-Beats in White Bronco.
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28. INJURY RESERVE
Live From the Dentist Office












"Alle reden von Kanye und Drake" beschwerte sich Marsimoto dieses Jahr in einem seiner Songs und spricht damit etwas an, was sicherlich viele Kollegen nachvollziehen können. Auch Injury Reserve sind eine motivierte, junge Crew, sehen für sich jedoch nur wenige Chancen im großen Game. Im goldenen Zeitalter des Trap ein Jazz-Rap-Album zu veröffenlichen, ist allerdings auch nicht die beste Strategie. Dabei hat Dentist Office alles, was eine großartige Platte braucht: catchy Beats, zwei talentierte MCs und die Probleme, die jeder versteht. Zum Beispiel: Was bringt es, HipHop-Tapes zu veröffentlichen, wenn es eh jeder in deiner Nachbarschaft macht? Zugegeben, Nas und ODB waren damals schon tougher, aber wenigstens wissen diese Jungs, wovon sie reden und schaffen es deshalb, ein wahnsinnig glaubwürdiges und ehrliches Debüt zu kreieren, das Hoffnung auf Mehr macht. Wenn noch ein paar mehr Leute die Scheibe kaufen, können Injury Reserve sich ja vielleicht ihr ganz persönliches Bling-Bling leisten: Eine eigene Krankenversicherung.

Das beste daran: "I been doing some stupid shit like going to work / when I could do some lucrative shit like writing a verse"
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27. AND SO I WATCH YOU FROM AFAR
Heirs












Für mich persönlich ist Heirs das Rock-Album von And So I Watch You From Afar. Denn obwohl die Nordiren hier nach wie vor sehr auf nerdige Dinge wie chorische Vocals und Gitarren-Staccati abfahren, hat die Platte doch wesentlich mehr Substanz als all ihre Vorgänger. Gesang im traditionellen Sinne ist hier erstmals wirklich ein Thema und ein mulliger Sound-Teppich untermalt einen Großteil der hibbeligen Solo-Kaskaden der Postrocker. Das hilft ASIWYFA mitunter, die klangliche Mitte zu finden, die ihnen bisher teilweise fehlte und ihre Fans wieder einmal mit einer komplett neuen Spielweise zu überraschen. Leichtigkeit und Heavyness geben sich dabei wunderbar die Klinke in die Hand und man kriegt nach wie vor eine Gänsehaut, wenn die Band einen weiteren instrumentalen Kniff aus dem Ärmel zaubert. Stand 2015 hören wir hier immer noch eine der interessantesten Rockbands überhaupt, die sich auch nach zehn Jahren Existenz lange nicht abgestrampelt hat. Ganz zu schweigen davon, dass sie es mit Heirs schon wieder unter meine Favoriten geschafft hat.

Das beste daran: der unendliche Gitarren-Mäander in Wasps.
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26. JOEY BADA$$
B4.DA.$$












Es ist immer schön, einen Rapper zu hören, dessen Mixtapes schon spannend waren, der auf seinem echten Debüt dann aber so richtig aufblüht. So wie diesen hier. Aus dem ewigen Nineties-Nostalgiker Joey Bada$$ ist 2015 ein Künstler mit Charakter geworden, der immer noch sehr auf Oldschool-Gimmicks abfährt, diese aber durch seine eigene Persönlichkeit überzeichnen kann und sich selbst zum Hauptakteur auf B4.DA.$$ macht. Es ist die Platte eines Geschichtenerzählers geworden, der seine Wurzeln sucht und findet, über die Zukunft nachdenkt und seiner Heimat New York schmutzige Liebeserklärungen schreibt. Außerdem hat er in Sachen Punchlines von den Besten gelernt. Es ist also genau die Performance, die ich von ihm immer hören wollte und nun voll auskosten kann. Und auch Joey selbst kann sich freuen, wenn man ihn demnächst zu Recht mit Nas und Dre in einen Topf wirft. Solange er danach nicht wieder einer von beiden sein will, ist das auch okay. Schließlich sind sich ja alle heimlich einig, dass die Neunziger die beste Zeit für guten HipHop waren.

Das beste daran: "check my style, check, check check it out!"
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25. TYLER, THE CREATOR
Cherry Bomb












Auch so ein Typ, den man am Anfang des Jahres nicht so richtig auf dem Zettel hatte. Erst gab es Zoff mit seinem Label, dann wurde es aufgelöst und dann doch wieder nicht. In jedem Fall ging Tyler in Sachen Publicity zumeist als der Verlierer heraus, wodurch diese Platte ein bisschen unterging. Dabei hat der MC hier endlich all das verarbeitet, was nach dem legendären Goblin nicht zu verhindern war und eine völlig neue künstlerische Richtung eingeschlagen. Ernsthafte Soul-Balladen, ein Kanye West-Feature und die Abwendung vom LoFi-Sound stellen deutlich klar, dass sich hier jemand emanzipiert hat und endlich auch als Musiker für voll genommen werden will. Gleichzeitig sind die besten Eigenschaften an Tyler (viele Flüche, sicker Flow, ein Hauch von Wahnsinn) hier so stark wie lange nicht mehr. Und obwohl Cherry Bomb damit theoretisch als Teil der Trilogie funktioniert, die er mit Goblin und Wolf angefangen hat, befindet er sich für mich aktuell auf einem neuen künstlerischen Level, das hoffentlich noch eine Weile anhält. Auch wenn im Moment alles gegen ihn spricht.

Das beste daran: Die Erkenntnis, dass die Menschheit ohne den Song Blow My Load nicht lebensfähig wäre.
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24. HIGH ON FIRE
Luminiferous












In den heißen Metal-Sommer des Jahres 2015 warfen High On Fire im Juni den neuesten Batzen ihres brachialen Sludge-Festes, der von vorne bis hinten ein Brett war. Im Prinzip nichts neues, doch was Luminiferous noch besser machte als ihren bisherigen Output, war die Catchiness, die sie diesmal an den Tag legten. Die neun Songs hier sind fernab von wüstem Sludge-Gestrüpp und undurchdringlichem Riff-Dschungel, sondern werden durch ein klareres Songwriting und die wie immer großartige Produktion von Kurt Ballou ungemein geöffnet. Das verschafft ihnen ein Banger-Potenzial, dass man auf früheren High On Fire-Platten zwar schon lange erahnen konnte, doch das sich erst jetzt wirklich durchgesetzt hat. Vielleicht ist es dieser Schritt, den die Band immer gebraucht hat, um sich vom Schatten ihrer Quasi-Vorgänger Sleep zu lösen. Zumindest wenn es nach mir geht, ist diese Performance mindestens so gut wie damals Dopesmoker. Es ist der bisher beste Longplayer der Kalifornier und eines der größten Highlights der diesjährigen Metal-Saison.

Das beste daran: Dass High On Fire keine Sekunde zum Luftholen brauchen.
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23. OISEAUX-TEMPÊTE
Ütopiya?












Wer dieses Jahr die Geduld mitbrachte, sich ein siebzigminütiges Experimental-Epos zwischen apokalyptischem Postrock, melancholischem Jazz und Avantgarde-Einschüben zu Gemüte zu führen, der wurde von Oiseaux-Tempête reichlich belohnt. Selten habe ich in den vergangenen Jahren so ein vielseitiges Gesamtwerk gehört wie dieses und selten funktionierte eine Genre-Fusion in der Art, wie sie hier passiert, so reibungslos. Ütopiya? lässt den Hörer an große Namen und Alben denken, manifestiert jedoch gleichzeitig den sehr eigenen Stil dieser Franzosen, die hier mit immer neuen Kniffen und Details überraschen. Und dabei ist das hier gerade mal ihre zweite Langspielplatte. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass hier echte Kunst gemacht wird, die sich dem ein oder anderen vielleicht auch nicht gleich erschließt. Ich selbst habe eine Weile gebraucht, um mit dem sehr eigenwilligen Kosmos dieser Band warm zu werden. Mittlerweile bin ich sehr froh, dieses Album entdeckt zu haben und könnte manchmal den ganzen Tag nichts anderes hören.

Das beste daran: Die ambienten Field Recordings in Aslan Sütü.
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22. TEMPEL
The Moon Lit Our Path












Als die Kalifornier von Tempel Anfang des letzten Jahres ihr bescheidenes Debüt On the Steps of the Temple vorlegten, hätten wohl die wenigsten gedacht, dass sie nur wenig später so ein Meisterwerk vorlegen würden. The Moon Lit Our Path ist Bilderbuch-Heavy-Metal mit Doom-Wurzeln, Blackgaze-Knospen und technisch wie kompositorisch auf Weltniveau. Vom ersten bis zum letzten Ton ist diese Platte voll mit toller Dramaturgie, epischen Solo-Einschüben und einer tief empfundenen Liebe zur gesamten Tradition des Genres. Wer Metalhead-Romantik bisher nie verstanden hat, wird bei diesem Album ins schwärmen kommen und die langhaarige Kuttenträger schlafen sowieso nur noch mit der LP unterm Kopfkissen. Vom schmächtigen Newcomer sind Tempel innerhalb von 52 Minuten zu Style-Priestern geworden, die hier ein epochales Gesamtkunstwerk abliefern, von dem sich die Youngster demnächst ihre Gitarrengriffe abschauen können. Bei so viel Power hebe sogar ich mal den Arm zur Pommesgabel, wenn keiner hinguckt.

Das beste daran: Ohne Frage das schickste Albumcover des Jahres!
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21. FATHER JOHN MISTY
I Love You, Honeybear












Der Titel "Frank Sinatra der Indiemusik" war bisher immer Mike Patton vorbehalten, doch Josh Tillman aka Father John Misty rüttelt zusehends an dessen Thron. Mit dem romantischsten Album des Jahres und Songs, bei denen Zuckerwatte aus den Boxen quillt, bekam in diesem Februar so ziemlich jeder ein schwaches Herz. Dazu hat dieser Typ auch noch einen wahnsinnig charmanten schwarzen Humor in seinen Texten und versteht es wie kaum ein anderer, eine Holzfällerbart modisch ansprechend mit einem Maßanzug zu kombinieren. Fast ein bisschen schade, dass er schon glücklich verheiratet ist. Als perfektes Valentinstagsgeschenk oder optional als Forever-Alone-Soundtrack für Singles hat I Love You, Honeybear in jedem Fall trotzdem seinen Dienst getan. Und uns darüber hinaus gezeigt, dass ein Konzeptalbum über die Ehe durchaus unterhaltsam und relativ wenig spießig sein kann. Abgesehen natürlich davon, dass Tillman jetzt mit der Backing-Band von Udo Jürgens zu spielen scheint.

Das beste daran: Wie nonchalant Tillman Zeilen wie "I wanna take you in the kitchen" singen kann.
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20. FIDLAR
Too












Fidlars Debüt vor zwei Jahren war deshalb toll, weil die Kalifornier nur Songs vom Kiffen und Vögeln schrieben. Too ist toll, weil es zeigt, was sie nun davon haben. Kein Geld, keine Freundin, aber dafür einen fiesen Kater. Doch entgegen meiner Erwartung, sie könnten daraus keine guten Tracks machen und würden so tun, als wäre alles wie vorher, machen sie Stücke wie Overdose oder Sober, die sich eher mit den Gedanken auseinandersetzen, die man am morgen danach hat, als mit denen am Abend. Diese inhaltliche Evolution geht dabei einher mit einer stärker werdenden Hinwendung zu Keyboard-Indiepop und Balladen. Natürlich können Fidlar nach wie vor auch rotzige Punksongs schreiben, doch man merkt Too deutlich seinen Coming-of-Age-Charakter an. Und wenn man diese Überraschung erstmal verarbeitet hat, merkt man, dass man es hier mit einem richtig reifen Album zu tun hat und diese Jungs so was ähnliches wie erwachsen geworden sind. Womit die Basis dafür gesetzt wäre, dass man die Musik von Fidlar vielleicht auch langfristig zu mehr taugt als zum hedonistischen Party-Soundtrack. Bis dahin ist es aber noch ein Stück zu gehen.

Das beste daran: Wenn am Ende von Overdose endgültig die Hölle losbricht.
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19. ABYSSAL
Antikatastaseis












Das schöne am Metal-Jahr 2015 war nicht nur, wie viele tolle Platten es zu bestaunen gab, sondern auch, wie groß die Vielfalt dabei war. Mit Antikatastaseis hat es zum Beispiel erstmals ein Death-Metal-Album unter die besten 30 des Jahres geschafft. Und auch das lässt sich in Sachen Kreativität nicht lumpen: Als Konzeptwerk über die Reise in einen nicht weiter definierten Abgrund klingen die sieben Songs hier maximal finster und brachial, spielen aber auch mit Ambient-, Postrock- und sogar indigenen Klängen. Damit sind Abyssal zwar Gift für die Szenepolizei, bieten dem aufgeschlossenen Metal-Hörer dafür eine beeindruckende Werkschau der Düsternis und Brutalität. So wie sich der stürmende Schlund auf dem Cover auftut, so kantig und tiefschwarz klingt auch die Musik dieser Band und man würde nicht übertreiben, würde man Antikatastaseis als eines der fiesesten Alben des Jahres bezeichnen. Und dabei reden wir hier gerade Mal vom Debüt der Briten. Sollten es Abyssal in Zukunft tatsächlich schaffen, noch garstiger und böser zu werden, dann haben wir hier einen der spannendsten Newcomer 2015 vor uns...

Das beste daran: Wenn sich bei the Cornucopian nach sieben Minuten alles aufklärt und die Clean-Gitarren einen Lichtrahl nach unten schießen.
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18. ESMERINE
Lost Voices












Wer dieses Jahr kein Geld für eine Weltreise hatte und dem Andreas-Kieling-Dokumentationen nicht genug waren, der hatte immer noch Esmerine. Das fahrende Constellation-Kollektiv machte sich 2015 auf eine Reise durch die musikalische Wildnis zwischen Mittelasien und Mittelerde, die auch ganz ohne Godspeed-Anleihen und epische Track-Längen jede Menge Bilder im Kopf verursachte. Mit allerlei exotischem Instrumentarium und Streichern an der Spitze lieferten die Kanadier hier den Soundtrack zu jedweder Träumerei und dazu noch eine dermaßen umfangreiche Palette an interkulturellen Einflüssen, dass man sich nur zu gerne davon beeindrucken ließ. Die Distanz von Istanbul bis Tokyo konnte man hier in einem einzigen Song überbrücken, während einen der nächste wieder zu den fetten Drones ins heimische Montreal katapultierte. Engstirnige können das gerne als Cultural Appropriation beschimpfen, für mich war Lost Voices 2015 der kleine Herbsturlaub zwischendurch.

Das beste daran: Wenn im Mittelteil von Funambule (Deus Pas de Serein) der Tabla-Rhythmus das Ruder übernimmt.
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17. BATUSHKA
Litourgiya












Eine Supergroup aus unbekannten Mitgliedern, eine mittelalterliche Gesangstechnik und die Vereinigung der byzantinisch-orthodoxen Kirche mit der finsteren Welt des Black Metal: Batushka sind eine Band, die eine ordentliche Portion Mystik in den aufgeklärten Rock-Journalismus wirft. Und nicht nur das macht sie so faszinierend, auch ihr exotischer Stilmix, der tief in der Geschichte ihrer Heimat Polen wühlt, ist einzigartig. Anders hätte es eine Platte, die erst vor wenigen Wochen veröffentlicht wurde, wohl auch nicht in den Endausscheid gebracht. Litourgiya gibt dem Black Metal ein Stück seiner einst so geheimnisumwitterten Aura zurück und macht einmal mehr klar, dass es in dieser Szene auch immer ein bisschen darum geht, wo man als Musiker herkommt. Mit Nihilismus und der Verbrennung von Kirchen haben Batushka indes nichts am Hut. Diese LP ist vielleicht das erste christliche Metal-Projekt, welches wirklich nach meinem Geschmack ist und mich so beeindruckt, dass es unter meinen Favoriten des Jahres landet. Noch eine ungewöhnliche Premiere für Careful With That Edge.

Das beste daran: Die Momente, in denen sich die gregorianischen Vocals mit Screamo-Parts abwechseln.
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16. ARCA
Mutant












Der Name ist Programm: Wie ein verrückter Professor tüftelt der junge Venezuelaner Arca hier einen anderswelterischen Beat an den anderen zusammen und bastelt apokalyptische Song-Konstrukte, von denen einige niemals das Tageslicht erblicken sollten. Sein komplettes Album verhält sich eigentlich wie ein einziger organischer Mutant, der einem durch die Gehörgänge kriecht und dort böse Träume verursacht. Trotzdem stöhnt die Platte niemals unter ihren avantgardistischen Ambitionen, sondern glänzt im Gegenteil dazu sogar mit Pop-Momenten. Als Produzent von Björk und FKA Twigs versteht es Arca hier meisterlich, einen durch und durch modernen Sound zu erfinden, der durch seine Vereinigung von technischem Anspruch und lebendigem Puls glänzt und ihn jetzt schon zu einem Künstler von morgen macht. Ein unglaublich detailreiches zweites Album, das sowohl als Komplettpaket als auch in seinen 20 Einzeltracks wirkt. Und ganz sicher nicht die letzte Sensation, die wir von diesem jungen Mann hier hören werden.

Das beste daran: Die ultra-knackige Produktion Typ Hausmarke.
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15. GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR
Asunder, Sweet and Other Distress












Man kann sich über die neue Bescheidenheit von Godspeed aufregen, doch wie man es auch dreht und wendet, am Ende steht sie ihnen trotzdem gut zu Gesicht. Asunder ist das bisher kürzeste und am wenigsten epochale Album der Bandgeschichte und im Endeffekt eigentlich ein einziger großer Song. Dennoch ist alles dabei, was man an ihren Platten schon immer so schätzte: Rauhbeinige Gitarren-Tsunamis, melodische Streicher-Passagen, dissonante Drones und die Maxime, bloß nichts zu überstürzen. Und weniger innovativ sind sie aufgrund des Mangels an Zeit und Raum ebenfalls nicht. Sie nehmen sich eher strategisch zurück, gehen das Risiko ein, nicht immer den weg des größten Widerstandes zu nehmen. Godspeed zeigen sich hier selbst, dass es nicht immer das große Besteck braucht, um richtig Eindruck zu schinden und dass auch die softe Tour durchaus ihre Vorzüge hat. Wodurch Asunder nicht zuletzt runder klingt als viele seiner Vorgänger und beweist, dass auch die großen Sinfoniker im Herzen eine Punkband geblieben sind.

Das beste daran: Lamb's Breath, der beste Drone des Jahres.
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14. ONEOHTRIX POINT NEVER
Garden of Delete












Man hat ein bisschen den Eindruck, als würde Daniel Lopatin alles erdenkliche tun, um nur einmal richtig uncool zu sein. Aber sobald die richtigen Leute davon erfahren, was der Tausendsassa diesmal wieder gemacht hat, gilt es sofort wieder als genialer Fingerzeig des Post-Internet-Halbgottes. So passierte es in den letzten Jahren mit Vaporwave, Plunderphonics, nochmal Vaporwave und 2015 auch noch mit Industrial. Allerdings muss ich mich der allgemeinen Meinung anschließen, dass Garden of Delete ein echt fantastisches Album ist, das einem selbst die dämlichste Retromanie schmackhaft macht und mit dem sich nur noch mehr zeigt, was für ein cooler Typ dieser Lopatin ist. Man hört hier Sounds, von denen man selbst noch gar nicht wusste, dass sie vintage sind und muss unwillkürlich an progressive Konsolenspiele der späten Neunziger denken, die meine Generation nur von ihren Jubiläums-HD-Remakes kennt. Es wird nicht lange dauern, da hat Oneohtrix Point Never auch die mit seiner fliegenden Retro-Maschine eingeholt und in seine unsterbliche Holo-Ästhetik eingeschmolzen. Und selbst dann würden wir noch jubeln.

Das beste daran: Wie sehr diese Platte teilweise nach den fantastischen ollen Myst-Soundtracks klingt.
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13. THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE & I AM NO LONGER AFRAID TO DIE
Harmlessness











Spätestens nach 2015 sind the World is A Beautiful Place... eine meiner Lieblingsbands. Wo letztes Jahr noch das 28-minütige Between Bodies als Platzhalter in den Favoriten landete, überzeugen die Emo-Enthusiasten hier wieder fast eine Stunde lang mit einer weiteren fantastisch-naiven Indierock-Platte zwischen Herbstblues und wilder Teenie-Romantik. Das Postrock-Gewand streifen sie dafür größtenteils ab und finden als kreative Sonnenschein-Gitarrenpop-Formation neuen Mut für waghalsige Experimente. Duett-Songs, Punk-Anleihen oder umfangreiche Streicher-Interludes sind hier Gang und Gebe und funktionieren einwandfrei. Auch hört man hier erstmals wirklich, dass man es hier mit teilweise mehr als sieben Musikern zu tun hat. Wenn es nach mir geht, sind die Jungs und Mädels aus Connecticut hiermit zu einer festen Größe auch außerhalb des anhaltenden Emo-Revivals herangewachsen und werden mit jedem Album besser und besser. Ich würde mich ehrlich gesagt nicht wundern, wenn diese Band in zwölf Monaten wieder hier steht und ich wieder ganz und gar von den Socken bin. Bis dahin ist dieses Album aber mehr als nur ein Trostpfand.

Das beste daran: Wie in the Word Lisa Keyboard und Streicher kombiniert werden. Da sollte man dran bleiben.
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12. WIEGENDOOD
De Doden Hebben Het Goed












Den Beitrag, den die Metal-Szene der belgischen Stadt Gent für die Musikwelt geleistet hat, kann man mittlerweile langsam mit dem von Umeå oder Montreal vergleichen. Neben Amen Ra, Oathbreaker oder Raketkanon gehören seit diesem Jahr auch Wiegendood diesem erlauchten Kreis an und werden dieser Verantwortung in höchstem Maße gerecht. Als lokale Supergroup hat sich das Trio auf einen derben Präzisions-Black-Metal eingeschossen, der dem der Kollegen aus Norwegen in nichts nachsteht, sondern eher noch einen drauflegt. Fernab vom atmosphärischen Hype fabrizieren die Belgier auf De Doden Hebben Het Goed ein finsteres Schlachtfest der Riff-Kaskaden und Blastbeat-Gewitter, das kein Corpsepaint braucht, um das Maximum an Brutalität und Düsternis zu entfalten. Die durch die flämischen Texte bedingte Sprachbarriere ist ebenfalls nicht weiter schlimm, man kann sich sicher sein, dass hier vor Ende der vierzig Minuten Spielzeit tausend Tode gestorben und noch mehr schwarze Gedanken gedacht sind. Was für ein wunderschönes Album!

Das beste daran: Das unschlagbare Eingangs-Riff von Svanesang.
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11. SOLKYRI
Sad Boys Club












Ich habe 2015 viele Worte verloren über die vielen neuen Tendenzen, die in der internationalen Postrock-Community aufkeimen und Solkyri sind nach wie vor eine meiner liebsten Vertreter selbiger. Ihr mit Indiepop und Mathrock angefütterter Sound klingt maximal euphorisch und trotzdem angenehm entspannt. Sad Boys Club ersetzt äußerst erfolgreich Atmosphäre mit Melodie und stattet kantiges Riffing mit fluffigen Shoegaze-Polstern aus. Zusätzlich haben die Australier auch noch einen begnadeten Pianisten unter sich und jemanden, der hübsche Streicher-Arrangements schreiben kann, die klingen, als wären sie für einen Film von Hayao Miyazaki komponiert. Folglich lief bei mir in den vergangenen Monaten auch kaum eine Platte so oft wie diese hier und mir wurde klar, dass man nicht immer Berge versetzen muss, wenn man es schafft, seine Hörer zum lächeln zu bringen. Solkyri wissen das schon lange und haben mit dieser Strategie hier sehr schnell mein Herz erobern können. Nicht das beste sportliche Postrock-Album in diesem Jahr, aber das, das mich zum nachdenken gebracht hat.

Das beste daran: Wem die Streicher in Farewell, Bluebird nicht den Rest geben, der hat kein Herz.
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10. LOGN
Í Sporum Annarra












Die Top Ten beginnen mit einer weiteren Premiere für mich: Das erste Grindcore-Album innerhalb der besten Dreißig. Zwar schreiben die Isländer von Logn auch gerne mal sechsminütige Songs mit Postrock- und Black-Metal-Einflüssen die sie konsequent in HiFi auftischen, doch die blindwütige, dreckige Basis hier ist immer wieder zu erkennen. Am Ende ist Í Sporum Annarra einfach nur die härsteste Platte, die ich von der Insel je gehört habe. In den fast 30 Minuten Spielzeit widerspricht diese Band so ziemlich jedem Klischee, das über die Musik aus dem Land der Elfen, Trolle und Björk existiert und zeigen, dass man immer zweimal hinschauen sollte. Vor allem, weil diese LP locker mal den ganzen Rest der Grindcore-Gemeinde an die Wand zu spielen vermag. Logn sind nicht nur kreativ, begeisterungsfähig, flexibel und kreativ, sondern vor allem auch ziemlich cool. Eine Gruppe, von der man in Zukunft noch einiges erwarten kann.

Das beste daran: Wenn im Opener die ersten Takte der Gitarre dazukommen.
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9. DESAPARECIDOS
Payola












Ich hatte immer gedacht, ein neues Bright-Eyes-Album würde mich wieder mit der Musik des Conor Oberst versöhnen, die mir in den letzten Jahren häufig etwas abhanden gekommen ist. Dass es jetzt das Comeback der Desaparecidos geworden ist, macht es aber umso schöner. Schon ihr Debüt von 2002 stand hoch in meiner Gunst, doch mit Payola setzen sie noch eine Schippe oben drauf und veröffentlichen hier mein persönliches Highlight des Emorock-Revivals. Selten waren politische Texte so zeitlos wie hier und selten waren auf einer Platte so viele Anti-Hymnen, die nicht nur mit ausgetretenen Plattitüden handelten. Die Band gibt sich ebenso ruppig wie melodisch, leistet einen beeindruckenden Beitrag für den Einsatz von mehrstimmigen Vocals und Keyboard im Punkrock und feiert ein absolutes Heimspiel als Oberst-Nebenprojekt, an das selbst die härtesten Fans nicht mehr so richtig glauben wollten. Und das ist wahrscheinlich der größte Trumpf der Desaparecidos: Man hört dem großen Songwriter endlich mal wieder den Spaß an seiner Arbeit an und wie er selbst dieses Album will. Das hätten sicherlich auch die brightesten Eyes dieser Welt nicht hinbekommen.

Das beste daran: Dass ein Riff wie das von the Underground Man überhaupt noch möglich war.
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8. PAUWELS
Elina












Pauwels gaben Postrock in diesem Jahr endgültig die Frischzellenkur, die das Genre schon seit Jahren nötig hatte. Mit Hardcore- und Metal-Einflüssen bürsten sie auf der halben Stunde Elina ordentlich Krawall, brechen im Minutentakt in Stein gemeißelte kompositorische Regeln und hasten in Lichtgeschwindigkeit durch Songs, für die jede andere Band die komplette Albumlänge gebraucht hätte. Die fünf Franzosen sind ständig auf Zack, hinter jeder Ecke lauert der nächste songwriterische Jumpscare und Präzision geht Hand in Hand mit Schlamperei. Wer nach ausgewogenen, klanglich perfekt balancierten Longtracks sucht, könnte verkehrter nicht sein, doch wer die Grenzen eines Genres austesten will und sich schon lange fragt, wie viele Jahre das Crescendo-Prinzip noch originell sein wird, der findet hier möglicherweise die Erlösung. Pauwels sind keine Schöngeister, sondern eher die Punks, vor denen die Postrocker heimlich immer Angst hatten. Mit Recht, denn über kurz oder lang könnte diese Band ihnen ihre so sehr lieb gewonnenen Traditionen abluchsen. Es hat ja bereits begonnen...

Das beste daran: Die legendäre Vier-Takte-Breakdown in Ouspenski.
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7. MARCHING CHURCH
This World is Not Enough












Für mich persönlich definitiv der absurdeste Eintrag in dieser Liste: Jahrelang habe ich mir die größte Mühe gegeben, kein gutes Haar an Elias Bender Rønnenfelts Hauptband Iceage zu lassen und nun landet das Debüt seines Nebenprojektes Marching Church in den Top Ten. Mittlerweile endgültig im Postpunk angekommen legt der Däne hier eine Platte vor, die von ihrer eigenen Dramatik nicht genug bekommen kann. Während im Hintergrund Schredder-Gitarren die Szenerie stellen, jault und kreischt Rønnenfelt schmerzhafte Lieder über Schuld, Zweifel, Tod und Liebe wie es Shakespeares Hamlet nicht besser könnte. Denkt man zumindest, bin ein Saxofon anfängt zu dudeln oder er plötzlich auf spanisch flüstert. This World is Not Enough ist eine Platte, die Neulinge wie Iceage-Kenner gleichermaßen überrascht und die Prioritäten auch in sich immer wieder neu setzt. Gerade deshalb bin ich so fasziniert von ihr und sehe zum ersten Mal wie großartig dieser Künstler Blödsinn machen kann, wenn man ihn denn lässt.

Das beste daran: Hungry for Your Love, das krasseste Liebeslied des Jahres.
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6. DEAFHEAVEN
New Bermuda












2015 war das Jahr der Trittbrettfahrer. Nie zuvor habe ich so viele Metal-Bands gehört, die sich plötzlich mit Reverb-Pedalen eindeckten, um eventuell das neue Sunbather zu machen und kurz hatte ich befürchtet, dass Deafheaven selbst eine von ihnen werden. Zum Glück war ihnen ihr Vermächtnis dann doch herzlich egal und zum Glück hatten sie für New Bermuda schon wieder eine Tonne an neuen Ideen mit an Bord, die sie hier vor ihren Hörern ausbreiten. Die fünf Songs arbeiten stärker als zuvor die Kontraste im Songwriting der Band heraus und sind teilweise näher an den norwegischen Urgroßvätern als bei ihren vielen atmosphärischen Verehrern. Das Fazit: Deafheaven haben die scheinbar unmögliche Aufgabe, einen würdigen Nachfolger für das bisher wichtigste Metal-Album des neuen Jahrtausends aufzunehmen, mit Bravour gemeistert. Ich persönlich finde New Bermuda in gewissen Punkten sogar noch besser als seinen Vorgänger. Aber das wird von nun an die Geschichte entscheiden müssen.

Das beste daran: Alle Stellen mit Thrash-Metal-Shreds.
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5. JOANNA NEWSOM
Divers












Das Comeback der Joanna Newsom ist für die Künstlerin selbst wahrscheinlich ein verhältnismäßig kleines und unspektakuläres Projekt, doch trotzdem stand die Welt nach dessen Veröffentlichung im Oktober erstmal für einen Augenblick still. Das schiere Talent dieser Frau ist noch immer schwer zu begreifen und an ihren Platten perlt seit Jahren jegliche Kritik ab. Für Divers gilt im Prinzip dasselbe und irgendwelche Besonderheiten herauszuheben ist vollkommen sinnlos, da es eigentlich keine gibt. Eine Reihe fantastischer Tracks zwischen Indiefolk und Artpop, eine Stimme, die jede Emotion wie auf Wolken trägt und eine kompositorische Tiefe, für die die meisten Songwriter über Leichen gehen würden. Die einfache Feststellung hier ist, dass Joanna Newsom es nach wie vor kann und in den meisten Dingen nach wie vor besser ist als die meisten anderen. Nur dass es mittlerweile kein dreistündiges Album-Epos mehr braucht, um das festzustellen. Wenn diese Frau so leicht die Konkurrenz abschmettert, ist es vielleicht gar nicht schlecht, wenn sie nur alle fünf Jahre eine Platte macht.

Das beste daran: Immer noch unschlagbar: Frau Newsom an der Harfe
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4. ZUGEZOGEN MASKULIN
Alles Brennt












Ich bin mir nicht sicher, wann die deutsche HipHop-Szene zum letzten Mal so ein cleveres Album gehört hat und nein, auch XOXO war nicht so gut wie das hier. Das kommerzielle Debüt von Grim104 und Testo duldet nichts neben sich und bombardiert das empfindliche Konstrukt namens Deutschrap mit einer Platte, die dem Hörer immer ein Stück voraus ist und ihn jagt wie ein Bluthund. Egal ob es dabei um den Job (also Musik machen), um den dritten Weltkrieg, um die Verarbeitung der Jugendsünden oder den Hass auf Hipster geht, am Ende muss man sich häufig fragen, wie ZM das nun eigentlich alles meinen, was bedeutet, dass ZM jedes Mal gewinnen. Mit dieser Taktik haben die beiden 2015 jedes andere HipHop-Album hierzulande an die Wand gestellt und dabei nicht nur Freunde gefunden. Sie selbst sorgen in ihren Songs immer wieder dafür, dass es dazu bloß nicht kommt. Was man ihnen aber auf keinen Fall verwehren kann, ist der Respekt für dieses fantastische Schurkenstück namens Alles Brennt. Chapeau und bitte weiter so!

Das beste daran: "Ihr wollt HipHop so wie früher? / Früher gab es Hitler, früher war es schlecht!"
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3. MILO
So the Flies Don't Come












Rory Ferreira aka Milo aus dem verschlafenen Wiscounsin war schon immer ein besonderer MC. Er hegte eine außerordentliche Leidenschaft für deutsche Philosophen des 19. Jahrhunderts, schrieb ein ganzes Mixtape für seinen verstorbenen Bruder Robert und landete dadurch bei seinen Helden im Hellfyre Club, nur um dort sehr schnell wieder zu verschwinden. Mit So the Flies Don't Come ist ihm nun endlich auch das gelungen, was ich immer von ihm hören wollte: Ein wirklich rundes Album. Nach zahlreichen im Ansatz guten und nicht ganz zu Ende gedachten Platten kam dieses Jahr nun doch die Elf-Punkte-Meisterklasse-LP, die ich ihm immer zugetraut hatte. Mit nur dreißig Minuten Spielzeit und einem eher lockeren Konzept ist sie zwar nicht auf den ersten Blick dafür gemacht, doch die Art wie sich hier Milos sehr eigenwilliger Stil fokussiert und auf seine besten Eigenschaften reduziert wird, ist einfach fabelhaft. Erstmals erleben wir den duseligen Rapper zum Beispiel ansatzweise frustriert, wenn er politische Themen anschneidet, wobei er auch sehr explizit werden kann. Der Nachteil an der Tatsache, dass diese Platte die ist, die ich von ihm immer haben wollte, ist allerdings, dass es damit jetzt nicht getan scheint. Wenn Milo echt so gut ist, soll er doch bitte noch zwei, drei davon machen,

Das beste daran: "this is an encyclopedia containing latin names of the ugliest parts of my insides".
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2. DEATH GRIPS
the Powers That B Part 2: Jenny Death












Die Frage, ob man an dieser Stelle nun das gesamte the Powers That B oder nur Jenny Death auflistet, erübrigt sich für mich insofern, als das nur einer der beiden Teile aus dem Jahr 2015 stammt. Ganz davon abgesehen, dass die zweite Hälfte nicht nur im Angesicht des gigantischen Hypes wesentlich stärker ausfällt. Meiner Meinung nach haben Death Grips seit ihrem Debüt keine so tolle Platte gemacht und auf eine Art schließt das neue Material mit seinen vielen Rock-Instrumentals und Sample-Techniken auch wieder den Kreis zu Exmilitary. Nur dass die Kalifornier jetzt natürlich wesentlich versierter an die Sache herangehen können und sich hier bewusst als die im Moment vielleicht wichtigste Band der Welt präsentieren. Wenn Jenny Death dann mit Songs wie On GP auch völlig neue Perspektiven bietet, kann man sich sicher sein, dass diese Band vielleicht offiziell getrennt, aber definitiv alles andere als tot ist. Mit diesem Album haben sie erneut bewiesen, dass sie mit den einfachsten Mitteln eine ganze Musikindustrie inklusive des kompletten Internets einstecken können, wenn sie Lust dazu haben. Und gerade wetzen sie sicherlich schon wieder die Zähne für den nächsten Coup. Wir dürfen weiter gespannt sein...

Das beste daran: JENNY DEATH NOW
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1. LITURGY
the Ark Work



















Es war keine Jetzt-auf-gleich-Entscheidung, dass Liturgy 2015 das rennen machen würden. The Ark Work hat dieses Jahr wie kaum ein anderes Projekt polarisiert und ich kann ernsthaft absolut jeden verstehen, der es aus tiefstem Herzen hasst. Für mich persönlich ist im Endeffekt jedoch nichts logischer als der Titel "Album des Jahres" für den neuesten Geniestreich der New Yorker. Und dafür spricht eine Reihe von Gründen: Noch nie habe ich eine Band gehört, die so kosmopolit zwischen Genres hin- und herspringt wie Liturgy, selten eine Platte, die so kreativ ein kompositorisches Motiv verfolgt und nur einmal einen Sound, der so dicht und aggressiv ist wie dieser, und zwar auf Aesthetica, dem Vorgänger von the Ark Work. Was Hunter Hunt-Hendrix und seine Transzendentalisten hier machen ist, diesen Sound auf eine Ebene zu heben, bei der man sich nicht mehr fragt, ob das nun noch Black Metal ist oder nicht, sondern komplett jegliche zeitlichen und stilistischen Bezugspunkte verliert. Gleichzeitig sind die Songs hier aber auch noch episch und eingängig genug, um nicht nur mit schriftlichem Begleitmaterial erträglich zu sein, sondern eine Platte, die man hören möchte. the Ark Work war für mich dieses Jahr eine musikalische Grenzerfahrung, aber gerade vor solchen Dingen sollte man in meinem Metier keine Angst haben. In diesem Fall ist es sogar wünschenswert, diesen Effekt anzustreben. Ich für meinen Teil wurde nicht enttäuscht.

Das beste daran: Wenn in Reign Array der finale Album-Moment entsteht, in dem sich alle aufgestaute Energie entlädt. Sex für die Ohren.

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Samstag, 26. Dezember 2015

2015: Meine Lieblingssongs

Nach den kleinen Top-5-Posts über 2015 kommt hier die erste von zwei wirklich großen Listen. 25 Lieblingssongs dieses Jahres habe ich hier versammelt, was gleich mal fünf mehr sind als in den Jahren zuvor. Dafür habe ich es dabei belassen, in dieser Kategorie die Platzierung außen vor zu lassen, da solche Favoriten untereinander nur schwer konkurrenzfähig sind. Ich sehe es eher als meine persönliche Playlist der vergangenen zwölf Monate.

DESAPARECIDOS

City On the Hill

Dass 2015 ein sehr politisch aufreibendes Jahr war, spiegelt sich auch in diesem Song der Desaparecidos wieder. Zwar ist die Reagan-Rede, aus der die Metapher der Stadt auf dem Hügel stammt schon etwas älter, dennoch spielt Conor Oberst hier sarkastisch die Ideen durch, die auch jemand vertreten könnte, der sich "make America great again" auf die Fahne schreibt. Dass City On the Hill nebenbei auch noch ein verdammt fieser Ohrwurm ist, katapultiert diesen Track direkt in die American-Idiot-Liga der Anti-USA-Hymnen.

HOP ALONG

Waitress

Ich fand es ein bisschen schade, dass die neue Platte von Hop Along so zahm ausgefallen ist. Da klang die erste Single Waitress im Frühjahr noch ganz anders und machte Hoffnung auf ein ähnlich großartiges Album wie das Debüt vor zwei Jahren. Melodisch wie Sonstwas, aber krachig und mit einer Francis Quinlan, die konsequent am stimmlichen Limit singt. Ein Song, der auch nach fünfmaligem Hintereinander-Hören noch Spaß macht.

KENDRICK LAMAR

King Kunta

Ich muss zum Ende dieses Jahres sicherlich niemandem mehr sagen, wie skeptisch ich Kendrick Lamars "Klassiker" To Pimp A Butterfly gegenüberstehe. King Kunta allerdings ist der Hit, ohne den eine Platte wie diese nicht auskommt und definitiv einer meiner Favoriten 2015. Und nicht nur das: Der Song ist auch noch inhaltlich aussagekräftig und eigentlich ein bisschen zu schräg, um so ein Banger zu sein. Fakt ist, dass ich kaum einen Track in diesem Jahr so oft bei mir laufen hatte wie diesen hier. Meine persönliche Erinnerung an das wichtigste HipHop-Album unserer Generation...

TEMPEL

Carvings in the Door

2015 war ein Jahr mit vielen guten Heavy-Metal-Songs, doch wenige davon sind so lehrbuchhaft und exemplarisch wie dieser Opener des neuen Tempel-Albums. Achteinhalb Minuten werden hier instrumentale und kompositorische Höchstleistungen geboten, wobei die epischen Gitarrensoli, hämmernden Bassläufe und kaskadischen Drums nicht nur bei Metalheads für feuchte Hände sorgen dürften.

DRAKE

Hotline Bling

Pitchfork bezeichnete Drake jüngst als "the human meme" und selbstverständlich habe auch ich in den letzten Monaten herzlich gerne dazu beigetragen, dass er diesen Namen verdient. Allerdings kann man auch nicht leugnen, dass der Kanadier 2015 einen bleibenden musikalischen Fußabdruck hinterlassen hat und vor allem Hotline Bling ein verdammt guter Song geworden ist. Und am Ende des Jahres wollte ich ihn hier auf keinen Fall missen, selbst wenn in meiner Verehrung für diese Single auch ein bisschen Ironie mitschwingt.

MILO

An Encyclopedia

So the Flies Don't Come ist das Album, auf dem Milo erstmals auch mal ein bisschen finster wird und An Encyclopedia der Song, der das vielleicht am meisten repräsentiert. Sehr viel reflektierter als viele Kollegen äußerst er sich hier zur Blacktivist-Bewegung, dem sicherlich wichtigsten HipHop-Thema 2015 und bleibt dabei trotzdem so unglaublich sarkastisch und fast ein bisschen niedlich wie nur er es kann. Dieser Track ist einer der Hauptgründe, warum er gerade einer meiner Lieblings-MCs ist und sein Album mich so sehr überzeugt hat.

WIEGENDOOD

Svanesang

Noch mehr langatmiger Metal und noch ein Album-Opener. Wiegendood aus dem belgischen Gent fabrizieren in diesen 13 Minuten einen der bestialischsten Black-Metal-Bomber des ganzen Jahres. Svanesang, zu deutsch "Schwanengesang", läutet die garstige, unwirtliche Stimmung ihres im Mai erschienenen Debüts perfekt ein und beschwört prophylaktisch schon mal Tod und Teufel hervor. Einer dieser Tracks, wegen denen man Black-Metal-Fan wird.

ZUGEZOGEN MASKULIN
Endlich wieder Krieg

Endlich wieder Krieg ist für mich mehr als ein guter Rap-Song und nicht nur das beste Stück auf dem neuen ZM-Album. Es ist ein Instant-Hit und eine wirklich bedeutende Marke im deutschen HipHop. So gekonnt sarkastisch provoziert haben das letzte Mal K.I.Z. und auch die lassen Grim und Testo hier stellenweise aussehen wie die Großmutter von Samy Deluxe. Wo uns Casper seit Jahren zeigt, dass es auch anders funktioniert, drehen diese beiden das Rad wieder um. Und machen damit alles richtig.

LITURGY

Quetzalcoatl

Man könnte es einen Metal-Song nennen, doch die Tatsache, dass Quetzalcoatl mit einer Goa-Drum-Machine beginnt, Hunter Hunt-Hendrix hier seine Interpretation von HipHop-Vocals zum besten gibt und am Ende ein paar epische Streicherparts den Track in die Metasphäre abheben lassen, lässt einen da doch zögern. Das Herzstück des neuen Liturgy-Albums ist damit sicherlich einer der kreativsten Songs des Jahres und trotzdem kein Avantgarde-Monster, sondern nicht weniger als eine ziemlich epische Rock-Hymne.

KANE WEST

Expenses Paid

Der Ruf des Kane West war es bisher immer, Tanzmusik zu machen, zu der man nicht tanzen kann. Ein Stück weit hat er sich mit Expenses Paid dabei endlich überwunden. Zwar ist das hier noch lange kein Club-Banger, doch immerhin der Basslauf des Jahres und ein Hit im besten Sinne. So euphorisch wie dieser Londoner Indie-Produzent würden sicherlich viele EDM-Stars gerne sein und sein neuer Plattendeal bei Turbo Records spricht ja für sich. Vielleicht einer der Stars von morgen.

MYRKUR
Skøgen Skulle Dø

Die Dänin Anneli Bruun bringt dieses Jahr wie keine andere Black Metal, Folk und Pop auf Kuschelkurs, was zugegebenermaßen nicht immer ganz glücklich ausgeht. Dieser Song allerdings zeigt, was für ein Potenzial im Projekt Myrkur steckt: Orchestrale Streicher vs. Gitarren-Kaskaden, Elfengesang vs. Screamo-Parts, Abba vs. Darkthrone. Wenn Black Metal in den nächsten Jahren so im Mainstream aufgeht wie hier, kann ich es kaum erwarten.

ESMERINE

Funambule (Deus Pas de Serein)

Als mit fast acht Minuten längster Song auf einem Album hat Funambule eine gewisse Verantwortung, gerade wenn es sich dabei um das neue von Esmerine handelt. Doch so großartig, wie es dieser nachkommt, bin ich jedes Mal wieder baff. Die drei Motive des Songs sind so akribisch komponiert, performt und untereinander ausbalanciert, dass man sich direkt in einem musikalischen Kurzurlaub zu befinden scheint. Und das beste: Es klingt kaum noch nach Godspeed.

TORCHE

Minions

Diejenigen, die Torche wie ich vor drei Jahren durch ihren hippen Zuckerwatte-Metal lieben gelernt hatten, wurden im Winter diesen Jahres von der Gitarren-Dampfwalze namens Minions ziemlich überrascht. Wo die meisten bei diesem Titel am Ende das Jahres an einen sehr schlechten Film mit niedlichen Mutanten denken, bleibt bei mir der Eindruck vom Sludge-Brett des Jahres.

DEAFHEAVEN

Brought to the Water

Ich habe meine Zeit gebraucht mit diesem Song, doch zum Ende des Jahres hin muss ich resümieren, dass Brought to the Water seit Oktober ziemlich oft meine Anlage beschallt hat. Besonders die erste Hälfte mit den fiesen Thrash-Gitarren hat es mir angetan und reicht mir zum Beweis, dass Deafheaven wieder außerordentliches geleistet haben.

DEATH GRIPS

On GP

Der beste Song auf Jenny Death ist eigentlich Inanimate Sensation, aber der kam ja schon letztes Jahr raus. On GP ist dafür die Rückkehr der Death Grips zum Gitarrenrock-Instrumental und die Entdeckung einer schweren Verzweiflung in MC Rides Texten. Ein Kurs, den ich mir auch vom nächsten Album der Kalifornier erhoffe, sollte das tatsächlich erscheinen.

LITTLE SIMZ

Dead Body

Dass Little Simz viel zu sagen hat, davon kann man sich auf ihrem neuen Album zur Genüge überzeugen. Allein auf diesem einen Song befindet sich so viel Text wie auf ganzen Longplayern anderer Rapper nicht. Das hindert Dead Body allerdings nicht daran, ein echter Hit zu sein, der einen nicht nur zum nachdenken bringt. Wobei das auch sehr gut funktioniert.

GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR

Peasantry or Light Inside of Light

Peasantry ist weit davon entfernt, der beste Godspeed-Song zu sein und ich habe mir große Mühe gegeben, ihn nicht zu mögen. Doch am Ende hat er mich fast das ganze Jahr über begleitet und ich muss zugeben, dass mir sein System und natürlich auch dessen Umsetzung sehr zusagt. Mein letzter Wunsch für 2015 wäre, einen Walzer dazu zu tanzen.

JOEY BADA$$

Big Dusty

Die Welt von Joey Bada$$ ist düster geworden. Einen Song wie Big Dusty hätte man vor drei Jahren auf 1999 nicht gefunden. Aber gerade das zeichnet den Charakter dieses Rappers ungemein und ist einer der Gründe, warum er mir auf seiner neuen Platte erstmals wirklich gut gefällt. Mal ganz abgesehen von der fantastisch albernen Hook, die schon wieder so Neunziger ist, dass man gerne Nas vorne drauf schreiben würde.

PROTOMARTYR

the Devil in His Youth

Keine drei Minuten lang geht einer meiner absoluten Lieblingssongs in diesem Jahr, eine unbeschwerte Postpunk-Nostalgie-Nummer mit fantastischen Lyrics. Es ist kein besonderer Song, aber ein wirklich guter und der wichtigste von vielen Gründen, sich das neue Album von Protomartyr anzuhören.

Kamikaze

Ein Song und eine Künstlerin, über die ich noch nicht viele Worte verloren habe, die jedoch zu meinen potenziellen Highlights des letzten (wie auch diesen) Jahres zählen. Kamikaze ist die bisher ansteckendste Single der neuen Lieblingssängerin von Diplo (der hier produziert hat) und mündet hoffentlich in ein ebenso gelungenes Album für 2016.

THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE & I AM NO LONGER AFRAID TO DIE

You Can't Live There Forever

Es brauchte dieses Jahr diesen Song, um Vertrauen in das neue Album von the World is A Beautiful Place... zu haben. Wer nur mit Gitarre und ziemlich kindischen Lyrics einen magischen Moment an den Anfang einer Platte zaubern kann, der ist eine gute Band. Und das gilt für diese hier auch 2015 nach wie vor.

SLEAFORD MODS

Cunt Make It Up

Es ist nicht ganz einfach, den räudigsten Song auf der neuen Sleaford Mods-LP zu finden, doch ich behaupte einfach mal, es geschafft zu haben. Wenn Jason Williamson hier statt Lyrics für einen Moment lieber Flatulenzgeräusche einsingt, liegt die Messlatte auf jeden Fall schon sehr weit oben. Dass sich dahinter dann auch tatsächlich relevante Aussagen über Posertum und hippe Indiebands verstecken, macht es natürlich noch besser.

BILDERBUCH

Rosen zum Plafond (Besser, wenn du gehst)

Die meisten Highlights des diesjährigen Bilderbuch-Hitalbums waren ja schon in den vergangenen Jahren auf diversen EPs und Extra-Singles aufgetaucht. Diesen allerdings hörte man auf Schick Schock das erste Mal und staunte doch nicht schlecht: Da reicht tatsächlich ein einziger Song um die Blockflöte, das nachweislich schlimmste Instrument der Welt, komplett zu rehabilitieren. Respekt!

FIDLAR

Too

Eigentlich steht das neue Fidlar-Album eher für die Abwendung der vier Kalifornier von der ewigen Party, aber dass mit West Coast dann doch noch ein richtig hedonistischer Song auf der Platte ist, freut mich doch nicht zu knapp. Vor allem ist er aber exemplarisch für die klangliche Entwicklung der Band vom Rotz-Punk zum Rotz-Indiepop mit einer Synth-Hook, die sonst nur die Smith Westerns so schön cheesy hinbekommen.

SOLKYRI

Farewell, Bluebird

Zum Schluss dieser Liste nun auch noch das beste Outro des Jahres: Mit einem Streicher-Klavier-Mix und einer wahnsinnig sehnsuchtsvoll-melancholischen Melodie machen Solkyri 2015 den Song, bei dem man sich fast dafür entschuldigen möchte, dass man Sad Boys Club nicht gleich nochmal von vorne anhört. Wobei, wieso sollte man es sich eigentlich nicht nochmal von vorne hören?





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