Sonntag, 20. Dezember 2015

Die Kirche im Dorf

BATUSHKA

Litourgiya

Witching Hour

2015
















Man glaubt mitunter nicht daran, dass zu einem so späten Zeitpunkt des Jahres noch eine richtig spannende Platte rauskommt, doch auch 2015 wurde ich wieder eines besseren belehrt. Batushka heißt die große Überraschung diesmal, eine polnische Blackened-Doom-Band, die mit Litourgiya ihr Debüt veröffentlichen. In der lokalen Szene werden sie trotz der verschleierten Identitäten der Musiker bereits als Supergroup gehandelt, doch international sickert ihr eigenwilliger Sound gerade erst so richtig durch. Und das nicht ohne Grund, denn dieses Album ist unter den momentanen Spitzen des europäischen Metal ein echtes Kleinod. Schon Titel und Cover hier lassen vermuten, dass Batushka einen starken religiösen Bezug in ihre Songs einfließen lassen und tatsächlich steht Litourgiya tief in der Tradition der byzantinisch-unkrainischen Kirche, die in Polen nach wie vor eine spirituelle Splittergruppe darstellt. Unterstützt wird dieser theoretische Überbau durch den Einsatz von "Samoilka", einer speziellen Form des gregorianischen Gesangs, der vor allem im slawischen Raum Bestand hat. Man sieht also, dass diese Band keine halben Sachen macht. Das sorgt nicht zuletzt für ein einmaliges klangliches Erlebnis auf diesem Album. Die besagten Gregorianik-Vocals mischen sich auf der gesamten Länge immer wieder mit typischem Black-Metal-Screaming, was schon auf dieser Seite einen starken Kontrast erzeugt. In Yekteniya 6 hört man sogar eine Solosängerin. Auch das Instrumentarium steht dem in nichts nach, neben der Mischung aus Doom- und Black-Metal-Riffing streuen Batushka eine Unzahl an Glockenspielen ein, die einen zusätzlichen Sakraments-Bonus abrufen. Und obwohl die Wiederholung von Motiven dabei durchaus eine Rolle spielt, ist Litourgiya niemals monoton oder repetetiv, sondern überrascht immer wieder mit neuen Hakenschlägen derselben Idee. Das allerschönste an dieser Platte ist jedoch nicht, wie gut sie ist (das ist sie natürlich auch, sogar sehr gut), es ist die Tatsache, dass wir von ihr lernen können. Zum einen, dass christliche Inhalte und Heavy Metal in Kombination nicht zum Scheitern verurteilt sind, sondern sogar sehr gut zusammenpassen und zum anderen, dass es der lokale Bezug ist, der solche Bands interessant macht. Wo Norwegen seine nihilistischen Finsternis-Fürsten hat und Belgien eine blühende Extreme-Metal-Szene, da hat Polen ab jetzt Batushka, die ebenfalls von keinem anderen Ort der Welt hätten kommen können. Und mit genau diesem Konzept und diesem Hintergrund werden sie zu einem der spannendsten Genre-Acts dieses Jahres. Da kann wahrscheinlich nur noch das aktuelle Album von Papst Franziskus mithalten.
9/11

Beste Songs: Yekteniya 1 / Yekteniya 3

Nicht mein Fall: Yekteniya 6

Weiterlesen:
Namensvetter:
zum Review

Die Kollegen aus Belgien:
zum Review

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen