Mittwoch, 16. Dezember 2015

Endlich Zuhause

COLDPLAY
A Head Full of Dreams

Parlophone
2015
















Eigentlich gäbe es keinen Grund, sich nicht länger für den Output von Coldplay zu interessieren. Ja gut, Ghost Stories war letztes Jahr schon ein bisschen ein Reinfall, doch die Briten sind mir vor allem auch dadurch immer positiv aufgefallen, dass sie jedes kreative Tal auch irgendwann wieder durchwandern konnten. Nach dem enttäuschenden X&Y, dass inzwischen auch schon eine Dekade auf dem Buckel hat, hatten sie mit Viva La Vida ihr bisher bestes Album gemacht und auch Mylo Xyloto ist für mich nach wie vor keine schlechte Platte. Meine Erwartungen gegenüber A Head Full of Dreams waren dennoch relativ gering und die Frage, ob Coldplay mich noch wirklich überraschen können würden, stand dabei sehr oft im Raum. Die Antwort, die darauf hier gegeben wird, ist ein mehr oder weniger deutliches Ja. Zwar verharren die neuen Songs im großen und ganzen am klanglichen Konzept, das die beiden Vorgänger einführten, doch setzt es dieses wesentlich besser um. Die Euphorie und Kreativität von Mylo Xyloto trifft hier auf die kompositorische Ausgewogenheit von Ghost Stories, was ein einheitliches, dichtes und trotzdem niemals eintöniges Sound-Gefüge entstehen lässt, das dem ihrer ersten Alben gerecht wird. Die Experimente, die die Band hier vornimmt, gelingen überaus oft wie im EDM-Banger Hymn for the Weekend oder im Loop-Dschungel von Army of One. Clevere Interludes verbinden die Tracks untereinander und sogar Längen über sechs Minuten kann man hier erleben. Trotzdem ist so gut wie jedes Stück hier ein unschlagbarer Hit. Schön ist es dabei zu hören, wie Coldplay kaum noch von ihrer Allzweckwaffe, dem wohltemperierten Klavier, Gebrauch machen müssen, um tiefgründig und ehrlich zu klingen. Sicher ist A Head Full of Dreams ebenso wenig anspruchsvoll wie edgy, es ist nicht mehr und nicht weniger als ein absolut perfekt stromlinienförmig gestyltes Pop-Album. Doch damit muss man bei dieser Band im Jahr 2015 rechnen und es ist nicht zwingend ein Nachteil. Auch ich hatte bisher nicht geglaubt, wie gut ihr komisches Abenteuer in der Welt des EDM und R'n'B klingen kann. Dabei ist diese Entwicklung nur konsequent. Coldplay haben in euphorischen Regenbogen-Blubber-Hits ihr neues Zuhause gefunden und hier merkt man zum ersten Mal, wie wohl sie sich dort fühlen. Aus A Head Full of Dreams spricht kein blindes Sellout-Kalkül, sondern echte Emotion hinter Popmusik aus Leidenschaft. Und dass das die große Stärke dieser vier Musiker ist, muss man niemandem erklären, der schon mal Clocks gehört hat.
9/11

Beste Songs: A Head Full of Dreams / Hymn for the Weekend / Adventure of A Lifetime / Colour Spectrum

Nicht mein Fall: -

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