[ psychedelisch | nudelig | fluffig ]
Wenn die Band Elder aus Boston eines im Laufe der letzten fünfzehn Jahre gezeigt hat, dann dass es nicht immer ein Verlust sein muss, wenn eine Metal-Formation sich dem entscheidenden Faktor Härte in ihrer Musik entledigt und ihre softe Seite entdeckt. Einst nur eine stur groovende Stoner-Proto-Doom-Gruppe unter vielen, haben sich die drei Musiker aus Massachussets binnen der letzten antderthalb Dekaden durch einen sukzessiven Wandel hin zu psychedelischem Jamrock nicht nur eine größere Fanbase erarbeitet, sondern auch einen sehr persönlichen und spannenden Sound gefunden, der zwar irgendwie auch retro ist, aber duchaus seine eigene Dynamik besitzt. Und spätestens seit ihrem 2015 veröffentlichen dritten Album Lore erfeut sich dieser inzwischen auch außerhalb der eingeschworenen Kiffrock-Szene eines ansehnlichen Renomees. Stand 2020 ist der Name Elder eine gefeierte Hausmarke, die mit jedem Jahr auf mehr T-Shirts von langhaarigen, meist männlichen Festivalbesuchern auftaucht und diesen Leumund auch redlich verdient hat. Wobei sich diese Qualität für mich persönlich bisher nicht in einem wahrhaftigen Lieblingsalbum der Amerikaner äußerte. Klar fand ich die Teile ihrer Diskografie, die ich bis hierhin soweit verfolgt habe, punktuell ziemlich cool, doch habe ich den Aufsprung auf den Fan-Zug, der zuletzt stetig größer wurde, immer ein bisschen verpasst. Auf ihrer Durchbruchs-LP Lore waren sie vor fünf Jahren noch etwas zu sehr Geheimtipp und ich bekam erst wesentlich später davon mit, als alle plötzlich über diese Band redeten. Und als ich 2017 auf ihrem Nachfolger Reflections of A Floating World den Schritt auf sie zugehen wollte, erwischte ich sie irgendwie in ihrer Kuschelrock-Phase. Keine der beiden Platten finde ich im Nachhinein irgendwie schlecht oder überbewertet, doch war ich eben auch nie so begeistert von Elder, wie es viele andere waren. Wobei es einen Grund dafür gibt, dass ich eben diese Enttäuschung hier so herausspiele. Denn all die verpassten Chancen, die sich zwischen mir und dieser Gruppe seit Jahren angesammelt haben, enden mit der Veröffentlichung ihres fünften Albums Omens, welches endlich das großartige Stück Musik ist, dass mir von ihnen immer versprochen wurde. Ich will dabei nicht gleich übertreiben, mehr als guten Psychedelic Rock machen die Drei hier am Ende auch nicht, doch kann ich jetzt auf einmal verstehen, was dieser ganze Bohei um sie eigentlich soll. Wobei vieles hier die logische Weiterentwicklung ihres Vorgängers ist. Auf der Seite der fettigen Gitarrenriffs haben Elder in den letzten drei Jahren noch ein bisschen abgespeckt, ihr Sound ist weitgehend komplett aus dem Bereich des Metal herausgewachsen und mit seinen flächigen und melodischen Eskapaden erinnert einiges auf dieser LP fast schon an Postrock. Das allerdings sind an Omens auch die größten Stärken, denn dass dem spielerischen Freigeist des Trios hier weiter Luft gemacht wird, lässt jede Menge fruchtbaren Boden für tolle musikalische Motive entstehen. Von den fünf Songs auf dieser Platte ist kommt keiner unter eine Länge von neun Minuten, was jede Menge Platz für ausgedehnte Jam-Orgien bedeutet. Und wo andere Bands ihrer Kragenweite diese wahrscheinlich nutzen würden, um sich ellenlanger technischer Gniedelei und Solo-Blödsinn hinzugeben, gibt es auf Omens einen positiv überraschenden Mangel an dicken Eiern, die der musikalischen Entfaltung dieser Band nur im Weg stünden. Stattdessen schafft die Platte sehr viele schwerelose und wolkige Wonnemomente, die eher ein bisschen an Sachen wie Motorpsycho, Colour Haze oder die softeren Elemente der jüngeren Baroness-Alben erinnern. Und natürlich kann man das doof finden, wenn man hier mit der Erwartungshaltung von schwerer Psych-Ursuppe mit Bongwasser-Geschmack hereingeht, gerade deshalb schreibe ich ja aber diesen Text. Denn enttäuscht ist man nur dann, wenn man die falschen Informationen bekommt. Und das wäre fatal, denn dann wäre man vielleicht taub für die viel coolere und originellere Ästhetik, die Elder hier abziehen und die sie zu einer der wenigen Bands mit Stoner-Hintergrund macht, die wirklich mal aufregende Musik machen. Aber wem sage ich das. Ich bin am Ende des Tages ja derjenige, der hier viel zu spät zur Party war und genau diese Fehler einmal zu oft gemacht hat. Mit diesem Album kann ich mir aber sicher sein: Nochmal passiert das nicht.
Hat was von
Motorpsycho
Timothy's Monster
Baroness
Yellow & Green
Persönliche Höhepunkte
Omens | Halcyon | Embers | One Light Retreating
Nicht mein Fall
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