Freitag, 13. April 2018

Summer of Soul




















Die Zeit für das offizielle Debüt von Kali Uchis war auch langsam überfällig. Schon seit ewigen Zeiten spukt die junge Dame in der amerikanischen HipHop- und Neo-Soul-Szene herum und hat dabei zumindest auf mich einen relativ bleibenden Eindruck hinterlassen. Als dauerhafter Featured Artist auf diversen Tracks von Tyler, the Creator war sie stets der optimale Katalysator für dessen zunehmende R'n'B-Ambitionen und dass seitdem auch Künstler*innen wie Bootsy Collins, Major Lazer, Damon Albarn und Miguel auf sie aufmerksam geworden sind, ist diesbezüglich nur konsequent. Der Anspruch, sie auch verstärkt auf eigenem Material zu hören, war bei mir bald äußerst dringlich und ihre 2015 veröffentliche EP Por Vida kam diesem leider nur unzureichend nach. Ich für meinen Teil brauchte ein Album von Kali Uchis in meinem Leben und mit Isolation wurde mein Flehen nun endlich erhört. Dabei sah es hier von Anfang an so aus, als würde dieses Debüt genau das große Ding werden, dass ich mir erhofft hatte. Die Leadsingle After the Storm überzeugte nicht nur mit starken Gastauftritten von Tyler, the Creator und Bootsy Collins, die für die richtige Laufkundschaft sorgten, sondern war vor allem eine fantastische Show der Sängerin aus Virginia. Hier zeigte sich, dass Uchis nicht nur wahnsinnig gut singen kann, sondern auch als Songwriterin nicht untalentiert ist. Und was nun auf Isolation stattfindet, exponenziert diesen Eindruck noch einmal gewaltig. Denn die 15 Tracks sind nicht nur allesamt catchy, toll komponiert und klasse performt, sondern vor allem unglaublich vielseitig. Mehr als alles andere ist das hier ein gewaltiger Rundumschlag von Stilen, die Uchis mit einer beeindruckenden Eleganz ausführt. Bereits das Intro Body Language überrascht mit einer luftigen Bossa Nova-Note, die man von der Sängerin bisher nicht kannte. Kurz danach kombiniert sie auf Miami sonnigen Latin-Pop mit Traprap und verliebt sich auf Just A Stranger in Neunziger-R'n'B. Und das sind gerade mal die ersten drei Titel hier. Die gesamte restliche Laufzeit des Albums findet sie für so gut wie jeden Track eine neue Formel, singt auf englisch und spanisch, spielt mit diversen Stilen und ist dabei ebenso nostalgisch wie ultramodern. Konstanten sind dabei sicherlich vorhanden, wie ein Faible für die smoothe Soulmusik der späten Neunziger, frische Percussion, Funk, aber auch für Indiepop, lateinamerikanischen Folk und ulkige Synthesizer. Ein Song wie In My Dreams mit Damon Albarn beispielsweise ruft eher Vergleiche mit Little Dragon hervor, während Flight 22 sehr an Sade oder Amy Winehouse erinnert. Was immer Kali Uchis dabei jedoch auch macht, eine Handschrift ist definitiv erkennbar. Schon allein der Vorteil ihrer rauchig-souligen Stimme würde eigentlich reichen, um sie von anderen Sängerinnen abzusetzen, doch sie entwickelt hier darüber hinaus einen Stil, der in gewisser Weise schon ziemlich eigen ist. Auch wenn man in vielen Songs trotzdem deutlich erkennt, wer diese produziert hat. Wo diese eher klanglichen Einflüsse die Ästhetik der Platte aber bereichern, sind einige der Gesangsfeatures auf Isolation nicht so glücklich ausgegangen. So ist Bïas Rap-Part in Miami eher überflüssig und Reykon zieht Nuestra Planeta am Ende in eine ziemlich unangenehme Despacito-Nische. Keiner dieser Auftritte schafft es, einen Song in Kern zu ruinieren, doch sie machen sie auch nicht besser. Und machmal hätte ich mir schon gewünscht, hier ein paar weniger Gäste zu hören. Denn die Performance von Uchis selbst ist in keinem Moment ein Problem an diesem Album. Mit Isolation setzt die Sängerin ein starkes Zeichen als Erstlingswerk, dass sie als vielversprechende Pop-Künstlerin in den Mainstream positioniert. Nicht von vielen Leuten hört man schon auf dem Debüt so viele Hits und eine so definierte Ästhetik, vor allem im Copy-Paste-belasteten bereich des Neo-Soul. Kali Uchis ist also durchaus eine dieser Musiker*innen wie Amy Winehouse, Sade oder Beyoncé, die allein durch ihre charismatische Performance extrem viel reißen könnten. Und gerade würde ich dieser Frau gerne alle Chartplatzierungen, Radio-Einsätze und Streaming-Rekorde dieser Welt schenken. Spätestens wenn die Sommer-Playlisten kommen, würde sich das auch definitiv auszahlen.






Persönliche Highlights: Body Language (Intro) / Miami / Just A Stranger / Flight 22 / Your Teeth in My Neck / Tyrant / In My Dreams / Gotta Get Up (Interlude) / Tomorrow / Coming Home (Interlude) / After the Storm / Feel Like A Fool / Killer

Nicht mein Fall: -

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