Freitag, 6. April 2018

Is This It?





















Das zweite Album der Voidz ist rein quantitativ bisher ganz sicher das meiste Album 2018 und war schon im Vorfeld der Veröffentlichung am letzten Freitag ziemlich schwer zu ignorieren. Ganze fünf Singles veröffentlichte das Projekt um den ehemaligen Strokes-Sänger Julian Casablancas bereits und war damit mehr als omnipräsent. Es war, als würden die New Yorker hier klarstellen wollen, was sie alles an Facetten in ihren Sound eingliedern konnten, dass sie extrem progressiv waren und es gleichzeitig trotzdem schafften, die bestmögliche Ablöse für die implodierten Strokes zu sein. Die meisten der Songs, die in der Promophase erschienen, waren dementsprechend auch ziemlich unterhaltsam, dennoch bereiteten sie mir auch Sorge. Wie wollten es die Voidz schaffen, diese vielen stilistischen Auswüchse halbwegs vernünftig in einen Albumkontext zu verpacken? Würde Virtue nur ein Schaulaufen von haufenweise guten, aber völlig unzusammenhängenden Einzeltracks werden? Die Befürchtung davon überschattete in den letzten Wochen ehrlich gesagt meine Vorfreude auf diese LP. Wobei ich an dieser Stelle erstmal entwarnen kann: Dieses Szenario ist glücklicherweise nicht eingetreten, was hauptsächlich an der schieren Größe dieses Projekts liegt. Mit 15 Songs in 58 Minuten ist Virtue ein ziemlich gewaltiges Album, das seiner kreativen Bandbreite mit einer adäquaten Streuung an Eindrücken gerecht wird. Im Klartext heißt das: Die Voidz machen hier eine ziemlich geniale Platte, die bis zum Bersten voll mit Hits ist. So gut wie jeder Track hier ist auf eine andere Art und Weise cool und im großen und ganzen ist hier tatsächlich für alle was dabei. Da gibt es Nummern wie Leave It in My Dreams oder Permanent High School, die Leuten gefallen dürften, die immer noch den Strokes nachtrauern, progressive Popsongs wie Qyurryus oder ALieNNatioN, die die Handschrift von Casablancas weiterdenken und für die ganz krassen auch so Sachen wie Pyramid of Bones, die klanglich ganz weit draußen angesiedelt sind. Das ist an sich schon mal ganz schön beeindruckend und dass dabei keine kompositorischen Ausreißer zustande kommen, spricht für die Strukturarbeit der Voidz. Trotzdem habe ich am Ende hier noch etwas zum nörgeln gefunden. Denn trotz der Tatsache, dass ein Drittel der Platte vorab als Singles veröffentlicht wurde, hält die Gesamtheit dieser nicht, was die Promo-Tracks versprachen. Die Stücke, die hier wirklich einen Unterschied machen, sind nämlich zum großen Teil die, die man schon zuvor gehört hatte. Der Rest der LP variiert in einem Spielraum zwischen okayen Deep Cuts und langweiligem Füllmaterial. Insbesondere Tracks wie Wink oder One of the Ones, die klingen wie alte Songskizzen von den Strokes, sind hier in großer Zahl vertreten und tragen nicht gerade viel zur Aufwertung des Albums bei. Hätte man diese rausgelassen und die Platte stattdessen etwas kürzer und knackiger gemacht, wäre das sicher nicht von Schaden gewesen. Nicht, weil sie per se schlecht sind, sondern eher, weil das 2018 eigentlich niemand mehr hören muss. Wenn die Voidz tatsächlich der nächste Schritt in Julian Casablancas' musikalischer Entwicklung sind, dann sind solche Nostalgie-Schinken einfach nur ziemlich kontraproduktiv. Zumal es der Band in vielen Momenten ja auch gelingt, den strokes'schen Songwriting-Stil sehr spannend und harmonisch mit neuen Elementen zu vereinbaren. Etwas mehr Konsequenz in dieser Hinsicht hätte den Voidz meiner Meinung nach gut getan. Nichtsdestotrotz ist Virtue durchaus keine schlechte Platte, die am Ende des Tages mit vielen guten Stücken überzeugt, die sicher zu den besten gehören, die Julian Casablancas je geschrieben hat. Dass diese sich den Platz auf dem Album mit ein paar ziemlich unnötigen Teilen müssen, macht sie ja auf keinen Fall schlechter. Nur ist das hier eben nicht der Longplayer geworden, der die Strokes ein für alle Mal vom Thron stößt, sondern eher wieder eines, das sie hinterrücks hochleben lässt. Und sorry, aber wenn so ein Move von dem Typen kommt, der für den klinischen Tod der Strokes quasi hauptverantwortlich ist, finde ich das schon ein bisschen schizophren.






Persönliche Highlights: Leave It in My Dreams / Qyurryus / Pyramid of Bones / All Wordz Are Made Up / Think Before You Drink

Nicht mein Fall: Permanent High School / Pink Ocean

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