Samstag, 28. April 2018

Musik war 2017




















Eigentlich galt Destiny Nicole Frasqueri aka Princess Nokia bisher immer ein bisschen als ein kleiner Hoffnungsschimmer der sich immer weiter abnutzenden Soundcloud-Rap-Bewegung. Zwischen immer mehr Künstler*innen, deren Output vollkommen uninteressant ist, über die man aufgrund diverser Gewalt- und Sexualdelikte nicht schreiben kann/will oder auf die beides zutrifft, war sie für viele im letzten Jahr ein echter Lichtblick. Ihre zahlreichen Video-Singles sowie ein offizielles Debüt-Album waren zwar musikalisch nicht wirklich mein Fall, zeigten aber definitiv mehr Charakter als ihre Zeitgenoss*innen und waren mal ausnahmsweise kein bloßer Abklatsch von Genre-Klischees. Dass Princess Nokia mich also früher oder später doch noch ansprechen würde, lag im Bereich des möglichen. Dazu ist aber selbstverständlich ein überzeugendes Album vonnöten und was die New Yorkerin hier auf ihrem Nachfolge-Mixtape A Girl Cried Red macht, ist in meinen Augen eher das Gegenteil davon. Schon auf dem Papier klingt das ganze hier nach einer gefährlichen Idee: Ihre erwiesenen R'n'B-Leisten kombiniert die Künstlerin hier mit ihrer schon immer bestehenden Leidenschaft für Gothrock und Emo, was spätestens seit Lil Peep (R.I.P.) erwiesenermaßen nicht gut funktioniert. Zwar ist Princess Nokia wesentlich versierter als ihr Kollege zeitlebens war, doch nach schwierigem Territorium hört sich diese Kombination auch für sie an. Und wenn man sich das Ergebnis hier so anhört, bestätigt sich diese Befürchtung durchaus. Nicht nur das, A Girl Cried Red toppt sogar noch die schlimmsten Vorahnungen, insofern nichts hier irgendwie zusammenpasst. In nur 20 Minuten Spielzeit schafft es Frasqueri, gleichzeitig das furchtbarste Emo-Album, das furchtbarste Rap-Album und das furchtbarste R'n'B-Album des bisherigen Jahres zu machen. Und das ist schon eine Leistung. Wobei sich dafür auch echt große Mühe gegeben wurde. Von den Platten von Lil Peep, die einfach nur peinlich kombiniert waren, ist das hier nämlich noch mal zwei, drei Level entfernt. In Sachen Songwriting emanzipiert sich Princess Nokia hier einfach von jeglicher Struktur, textlich könnten ihre Plattitüden nicht flacher sein und was den Sound des ganzen angeht, so ist dieser selbst für ihre Verhältnisse schwach. Hinzu kommt die absolut unerträgliche Gesangsperformance der Sängerin und die Frage, wo denn jetzt eigentlich der Bezugspunkt zum Emorock abgeblieben ist. Das alles wäre vollkommen okay, wäre A Girl Cried Red als experimentelles, absichtlich sonderbares Ausreißer-Projekt angelegt, beziehungsweise irgendwie ironisch. Doch in der Hinsicht, dass all diese Tracks höchstwahrscheinlich wirklich sehr ernst gemeint sind und die Platte darüber hinaus den Anspruch hat, irgendwie schon Popsongs zu schreiben, kann man das Vorhaben einfach nur als gescheitert beurteilen. Es wäre eine Sache, wenn dieses Album nur langweilig wäre oder geschmacklos, doch es ist mehr als das. Kein einziges Stück hier spricht mich in irgendeiner Weise an und teilweise bin ich mir nicht sicher, ob ich das hier als künstlerische Leistung überhaupt anerkennen will. Selbst jede noch so billige, in zwei Stunden mit Garageband aufgenommene Trap-EP deiner dauerbekifften Ex-Schulkameraden hat mehr kompositorische und inhaltliche Substanz als das hier. Dass in allem hier vollkommen der Draht zur angekündigten Emo-Nostalgie von Princess Nokia fehlt, ist da eigentlich schon egal. Wenn man nicht mal Songs schreiben kann, ist es auch egal, wo man sich damit stilistisch positioniert. Da kann der Emorock fast froh sein, dass hier jegliche Verbindung zu ihm nicht nachweisbar ist. Alles in Allem ist A Girl Cried Red nämlich eine ziemliche Ausnahmeleistung grauenhafter Musikalität, die man erstmal hinbekommen muss. In dieser Hinsicht habe ich vor der Künstlerin sogar ziemlich viel Respekt. So eine Platte zu schreibeen, aufzunehmen und zu veröffentlichen, dazu gehört schon echt Charakter. Wobei mir in diesem Fall etwas weniger davon viel erspart hätte.


Persönliche Highlights: -

Nicht mein Fall: Flowers & Rope / Your Eyes Are Bleeding / Look Up Kid / Morphine / At the Top / Little Angel

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