Montag, 30. April 2018

10 Songs im April 2018 (Annenmaykantereit, Ariana Grande, Yung Hurn, Tyler, the Creator, Snow Patrol, die Nerven, Kyary Pamyu Pamyu und und und...)























HER feat. ANNENMAYKANTEREIT & ROMÉO ELVIS
On & On
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Ich hatte bisher nicht daran geglaubt, dass Henning May auf englisch irgendwie funktionieren würde, seine zahlreichen Coverversionen und Gastauftritte als Beweis. Diese Zusammenarbeit mit Her allerdings belehrt mich eines besseren. Überhaupt ist On & On ein Konglomerat außergewöhnlicher vokalistischer Talente, die hier gemeinsam einen echten Ausnahme-Hit fabrizieren. Kollabo-Host Her bringt dem Moby-artigen Elektropop-Beat seriösen Gothpop bei, Roméo Elvis überrascht mit Franzosenrap und Mays Performance bringt jede Menge Soul ins Spiel. Eine gewagte Mischung an Ausprägungen, aber dadurch auch ein sehr gelungenes und spannendes Crossover.

KYARY PAMYU PAMYU
Kimino Mikata
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Irgendwie cool fand ich Kyary Pamyu Pamyu schon immer, bisher aber eher auf die witzige Art und Weise. Und dass sie hier einen waschechten Popsong macht, versteht sich auch eher relativ. Wen übertriebene Niedlichkeit, bunter Klamauk und gepitchter Gesang als Elemente des fernöstlichen Mainstream abschrecken, wird sicher auch hier Kopfschmerzen kriegen. Ich mag Kimino Mikata allerdings, weil er eben auch ohne die aufgeblasene Business-Persönlichkeit der Sängerin funktioniert und im Kern des ganzen starkes Songwriting steckt. Und das ist in meinen Augen eben durchaus eine Neuentwicklung in der Musik der Tokioterin.

TYLER, THE CREATOR
Okra
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Es war keine einfache Entscheidung, ob ich am Ende des Monats diesen Song oder doch lieber die Demo von Rose Tinted Cheeks in dieser Liste haben wollte. Dass es am Ende Okra geworden ist, liegt tatsächlich auch einfach nur daran, dass es eine "richtige" Single mit kompletter Produktion und allem drum und dran ist. Außerdem ist es endlich mal wieder ein richtiger Banger des Rappers, wie er ihn in meiner Erinnerung schon seit Goblin-Zeiten nicht mehr in dieser Form gemacht hat. Sicher, vor seinem künstlerischen Fortschritt seitdem ist das vielleicht etwas despektierlich, aber es ist verdammt nochmal ein guter Track. Vielleicht hätte so ein Ding auch seine letzte LP ein bisschen aufgewertet.

FAILURE
Dark Speed
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Die letzte akzeptable Grunge-Band der Welt macht auch nach ihrem Comeback immer noch überraschend stabile Musik und veröffentlicht mit dieser neuen Single vielleicht ihren besten Song seit der Auflösung. Klanglich ist das Ding zwar sehr Neunziger, doch es wirkt in keinem Moment forciert nostalgisch, sondern eher sehr rechtschaffen und ehrlich. Vor allem aber zeigt die Gruppe aus Seattle, dass sie immer noch gute Gitarrenlines und eingängige Hooks schreiben kann, die sie damals schon relativ unbeschadet den Zerfall der Szene überleben ließen. Mit dieser Single ist im übrigen auch ihr neues Album auf dem Weg und ich freue mich, dass ich 2018 gespannt auf so etwas sein kann.

DIE ACHSE
Hate You
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Als Produzententeam für Haiyti, Karate Andi und Haftbefehl hat die Achse bereits einiges an Aufmerksamkeit gewonnen, mit der EP Angry German folgt nun ihr Debüt in eigener Sache. Was die ersten Songs davon von üblichen Beatmaster-Platten unterscheidet, merkt man in Hate You: der Sound baut eher auf Elektro als auf Hiphop, verwendet kreative Meme-Vokal-Schnipseleien und glänzt nicht zuletzt durch eine heftige Attitüde. Mitunter fühlt man sich sehr an Big Beat-Acts wie the Prodigy oder die Chemical Brothers erinnert, allerdings mit einem sehr modernen Sachbezug. Den Punk werden sie damit zwar auch nicht neu erfinden, doch die EP könnte eine erfrischende Ausnahme in der hiesigen Produzent*innen-Landschaft werden.

THY CATAFALQUE
Töltés
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In Progrock-Fachkreisen rührte die ungarische Band Thy Catafalque bereits vor zwei Jahren ziemlich auf und wenn man sich ihre neuen Songs so anhört, weiß man auch, wieso. Ihr innovativer Mix aus technischem Metal mit Djent-Einflüssen, traditionellem Folk und elektronischem New Wave erfrischt den klinisch toten Sound des Prog-Einzugsgebiets ungemein und noch dazu können die hier Songs schreiben. Töltés ist unter all diesen tollen Sachen noch mal eine ganz besondere Delikatesse, weil die Band hier große Versatzstücke aus Elektropop und Industrial mit ins Boot holt, die ihren Stilmix zusätzlich aufwirbeln. Dass hier eine der spannendsten Rockplatten des Jahres in den Startlöchern steht, sollte spätestens damit klar sein.

SNOW PATROL
Life On Earth

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Snow Patrol sind schon lange eine schwer unterschätzte Band, die seit Jahren ziemlich gute Singles macht und auch ihre neue gehört da mal wieder dazu. Life On Earth mag pathetisch sein, doch weiß es diese Attitüde auch zu transportieren. Mit eröffnenden Neil Young-Akustikgitarren, die später in einen fantastischen Stadion-Refrain übergehen und sich zwischendurch verschnicktes Elektro-Gefrickel gönnen, machen die Briten hier ein ordentliches Fass auf und dabei ziemlich Eindruck auf mich. Es ist klar, dass die Band hier ein großes Statement setzen will und wenn man mich fragt, haben sie dafür zumindest nicht die falschen Mittel gewählt. Dieser Song hat das Potenzial einer gewissen Tragweite und wenn es das braucht, um das grauenvolle Chasing Cars endlich auszustechen, soll mir das nur Recht sein.

DIE NERVEN
Fake / Frei
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Nach dem durchwachsenen letzten Album war ich aus gutem Grund etwas misstrauisch, was die neuen Songs der Nerven anging, von denen die ersten der aktuellen Fake-LP auch nicht wirklich nach meinem Geschmack waren. Mit diesem vorerst letzten Single-Doppel wendet sich jedoch das Blatt für mich, da die Stuttgarter hier erstmals zeigen, wie die neue Band klingt, die sie geworden sind. Auf der einen Seite steht mit Frei zwar ein gewohnt krachiger Noise-Zweiminüter, der nur etwas besser produziert und musikalisch spannender ist, auf der anderen jedoch der wesentlich spannendere Titeltrack, der stilistisch in eine ganz andere Richtung geht. Die Nerven schreiben hier eine Piano-getragene Ballade, die keine Aggressivität braucht, um tiefgreifend zu wirken und die eine gewisse Pop-Affinität bei dieser Gruppe nicht mehr wie etwas unmögliches erscheinen lässt. Vor allem macht sie aber wahnsinnig neugierig auf das, was das fertige Album zu bieten hat. Demnächst erfahren wir mehr...

ARIANA GRANDE
No Tears Left to Cry
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Bisher war mir Ariana Grande immer herzlich egal und das aus gutem Grund, doch bei ihrer neusten Single musste ich das erste Mal wirklich aufhorchen. Zwar ist der Grund dafür am ehesten der spritzige Drum & Base-Dancepop-Beat, für den sicherlich nicht Frau Grande selbst verantwortlich ist, doch das Ergebnis passt an allen Stellen. Der rhythmische Ansatz überrascht am Anfang dort, wo man eher eine R'n'B-Ballade vermutet hätte, die Gesangsperformance ist unglaublich vielseitig und trotz aller Verschachtelungen findet der Track immer wieder zu einer extrem eingängigen und gut gemachten Hook. Dabei ist der Song ganz nebenbei auch inhaltlich nicht komplett für die Tonne. In meinen Augen bedeutet das, dass hier alles richtig gemacht wurde und man sich demnächst vielleicht doch mal eingängiger mit dieser Künstlerin beschäftigen sollte.

YUNG HURN
Bist du alleine
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Die Promophase zu Yung Hurns neuer Platte 1220 war bisher eine einzige Verkettung ziemlich langweiliger und vorhersehbarer Tracks, die mich wenig interessierten, aber mit Bist du alleine kam letzte Woche doch noch meine Erlösung. Der springende Punkt hier ist, dass das Stück nicht nur durch einen gut produzierten Stickle-Beat glänzt, über den der Österreicher den gleichen Bullshit sabbert wie schon auf den letzten drei Alben, sondern dass hier einerseits etwas mehr Inhalt stattfindet und der Song andererseits eine tierisch gute Hook mit ins Spiel bringt. So ernsthaft emotional wie hier habe ich diesen Typen selten vorher erlebt und das letzte Mal ist auch schon ein paar Jahre her. Meine Hoffnungen für 1220 werden damit zwar nicht wirklich größer, aber wenigstens für einen Track hat sich das Ding dann gelohnt.

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