Sonntag, 15. April 2018

Odyssee im Boiler Room




















Ein bisschen überrascht war ich schon, als ich vor einigen Wochen beim Suchen nach neuen Releases im Frühjahr 2018 mal wieder über den Namen Project Pablo stolperte. Eine halbe Ewigkeit hatte von diesem Projekt nichts mehr gehört und es war irgendwie surreal, dass diese halbe Ewigkeit gerade mal drei Jahre her war. Genauer gesagt im Winter 2015, als ich CWTE gerade auf das neue, bis jetzt genutzte Format holte und dabei den Anspruch hatte, unbedingt ganz nah am neuesten Shit zu sein. Mein Fokus fiel dabei ganz willkürlich auf das junge Label 1080p, auf dem jede Menge Producer aus der Electronica-Szene in Vancouver verlegt wurden, die zu diesem Zeitpunkt gerade alle furchtbar auch Acid House standen. Es erschienen dort viele Platten, die eine Revival-Kultur irgendwo zwischen dem späten Chicago House und den ersten Gehversuchen des EDM ansetzten und dabei meistens sehr minimalistisch drauf waren. Kurz gesagt war es furchtbares Hipster-Gehabe, von dem bei mir aber einiges hängen blieb. So war das damalige Debüt von Neu! Balance im Nachhinein eigentlich kein schlechtes Projekt und die streambaren Live-Sets des Labels waren stets irgendwie unterhaltsam. Und unter den vielen Künstler*innen, die sich vor drei Jahren auf 1080p sammelten, war mit Project Pablo tatsächlich auch ein Act dabei, der es seitdem zu etwas gebracht hat. Das ebenfalls 2015 veröffentlichte Debüt des Duos aus Vancouver, I Want to Believe, war vielleicht das einzige, das es aus dem Kosmos des Labels heraus schaffte und ein größeres Publikum ansprach. Vermutlich aus dem Grund, weil diese beiden Produzenten mit Abstand die besten Leute in der Firma waren. Ihre Songs waren nicht so dämlich entrückt wie die ihrer Kolleg*innen, sondern teilweise echt funky und bisweilen tanzbar. Der Bezug lag stärker auf klassischer Housemusik, war aber auch nicht die reine Retrospektive. Unter den Leuten, denen ich die Platte damals vorspielte, gibt es welche, die sie immer noch ab und an ganz gerne hören. Und die gleiche Sprache sprechen irgendwie auch die Sachen, die man über das Duo im Netz liest. Komisch nur, dass es seit der ersten LP so ruhig um die beiden geworden ist. Bis heute ist kein Nachfolger zu I Want to Believe erschienen und hauptsächlich liegt das sicher daran, dass sie selbst nicht so richtig sesshaft werden wollen. Nach dem Debüt für 1080p endete der Vertrag dort und für die Kanadier begann eine Odyssee von einer Plattenfirma zur nächsten. Bei inzwischen fünf Labels haben Project Pablo seit 2015 veröffentlicht, dabei selten mehr als nur eine Single oder EP. Kann sein, dass sie gar nicht so richtig ankommen wollen, aber in meinen Augen tut ihnen das nicht besonders gut. Sie kommen musikalisch nicht wirklich voran und verlieren damit komplett den Bezug zu ihrem Publikum. Wobei ihr neuer Deal mit Technicolour vielleicht das Licht am Ende des Tunnels sein könnte. Immerhin zwei Jahre besteht dieser nun schon und mit There's Always More at the Store wurde mit ihnen nun schon die zweite EP veröffentlicht. Auch stilistisch zeichnet sich das ab: Vom gemütlichen House haben sich Project Pablo hier sehr viel stärker in Richtung Minimal Elekto bewegt, der eher nach Künstlern wie Booka Shade oder Four Tet klingt als nach Aphex Twin. Ihre loungige Basis hat die Musik dabei nicht verloren, sie ist nur eben nicht mehr so trocken und klatschig wie auf dem Debüt. Fans dieser Platte (unter anderem ich) werden das sicher schade finden, schwach ist das neue Material aber bei weitem nicht. Der Opener Napoletana hinkt zwar noch etwas und wirkt ziemlich monoton, im Laufe der fünf Tracks wird es aber erheblich besser. Der Tonus ist nach wie vor sehr minimalistisch und nicht selten auch grob behauen, doch mittlerweile schon deutlich ätherischer als früher. Project Pablo gehen hier einen großen Schritt auf Chillout zu, bewahren jedoch die nötige Distanz dazu. Tanzbar ist dabei kein muss mehr, kann im Falle von Less & Less oder Napoletana aber durchaus vorkommen. Der stärkste Eindruck, den There's Always More... jedoch hinterlässt ist der, dass hier wenig mehr als Andeutungen zu hören sind. In seinen gerade Mal 25 Minuten Laufzeit gelingt es nicht, eine wirkliche Idee zu bekommen, in welche Richtung diese beiden Musiker gerade wirklich steuern. Es wird mit Sounds und halben Songs um sich geworfen, aber keiner weiß, was jetzt eigentlich Sache ist. Diese EP klingt wie ein Trailer für etwas größeres, aber niemand weiß, was dieses größere sein soll. Ein Album wäre sicherlich kein schlechtes Vorhaben für sie, doch weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob Project Pablo dafür schon bereit sind. Zu zerfasert ist das, was hier passiert am Ende noch und zu wenig erkennt man dabei von ihnen selbst. Wobei die Marschrichtung schonmal nicht schlecht ist. Sollten sich die zwei mit diesem Label endlich mal eingrooven und wirklich ernsthaft an ihrer Musik arbeiten, wäre ich auf einen Longplayer gespannt. Bis dahin reicht es sicher, wenn ich immer mal vorbeischaue.






Persönliche Highlights: Remind Me Tomorrow / Last Day / Less & Less / I Heard You Breathing

Nicht mein Fall: Napoletana

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