Donnerstag, 12. März 2020

Wer ist Megan?

[ badass | hartnäckig | arrogant ]

Es ist ein sehr komisches Image, das eine Künstlerin wie Megan Thee Stallion im Frühjahr 2020 mit sich herumträgt und bei dem ich mir immer nicht so richtig sicher bin, was ich mit ihrem Output so richtig anfange. Denn theoretisch müsste sie mittlerweile eine dieser Rapper*innen sein, über die alle reden. Nachdem sie in der letzten Saison eine von nur zwei Frauen war, die in der jüngsten Freshmen-Auswahl von XXL landeten (die aktuell ja ein immer wichtigerer Maßstab für Hiphop-Newcomer*innen aus den Staaten wird) und seitdem nicht nur bei Hinz und Kunz in Features auftaucht, sondern auch für hochkarätige Soundtrack-Arbeiten (unter anderem Queen & Slim und Birds of Prey) verantwortlich war, fühlt sie sich einfach wie jemand wichtiges an, über den man ausführlich sprechen sollte. Wenn man sich ihr Portfolio bis hierhin aber mal anschaut, gibt in meinen Augen  ehrlich gesagt wenig, was davon so richtig haften bleibt. Mit Hot Girl Summer landete sie 2019 zwar gemeinsam mit Nicki Minaj und Ty Dolla $ign eine Art Sommerhit, der an sich auch ganz unterhaltsam war, doch taugte dieser sowie ihr angebliches "Durchbruchs"-Album Fever für mich noch nicht, um sie aus der großen Masse momentaner Mainstream-Künstler*innen herauszuheben. Dabei ist sie als erfolgreiche Frau im Rap ja sogar insofern ein wenig im Vorteil, als dass sie von sich aus schon einen gewissen Seltenheitswert besitzt (aus dem offensichtlichen wie generell ziemlich doofen Grund, dass FLINT-Acts im Hiphop so wie überall leider noch immer eine Minderheit sind). Sollte man zumindest meinen. Doch gerade in dieser Hinsicht rächt es sich fast ein bisschen, dass sie auf dieser Party schon lange nicht mehr die Einzige ist und Kolleginnen wie Doja Cat, Tierra Whack oder Rico Nasty momentan einfach wesentlich mehr Charakter haben als Megan. Das heißt in einer neuen Welt voller Rap-Frauen, die auf eigenwillige Kreativität, individuellen Stil und selbstbestimmten Sound setzen ist sie noch immer die etwas gestelzt-konservative Nicki Minaj-Schrägstrich-Cardi-B-Kopie, die wenig bis kein Alleinstellungsmerkmal aufweist. Wobei fehlendes musikalisches Profil im Übrigen ein geschlechtsunspezifisches Problem ist, das ich auch dann kritisieren würde, wenn sie ein Kerl oder sonstwas wäre. Die grundlegende Feststellung der ganzen Sache ist, dass ich Megan Thee Stallion bisher einfach nicht interessant finde. Und eine Platte wie Suga tut leider auch recht wenig, um diesen Umstand zu ändern. Dabei muss ich als erstes auch hier wieder sagen: Es liegt ja nicht mal daran, dass sie als Rapperin nicht talentiert wäre. Als Texterin ist sie kein Genie, aber ebenso nicht übel, die Beats passen ganz gut zu ihrem Style, ihre Performance ist durchweg stabil und selbst als Sängerin leistet sie hier ganze Arbeit. Mit Songs wie B.I.T.C.H. oder Savage gibt es außerdem ein paar echt vernünftige Single-Kandidaten, die das Zeug dazu haben, das nächste Hot Girl Summer zu werden und im Gegensatz zu vielen verwandten Projekten wirken diese 24 Minuten in keiner Sekunde schludrig oder nachlässig aufgebaut. Die Stücke sind alle gut strukturiert, die Substanz des Songwritings wirkt sehr aufwendig und ordentlich und dass die LP in einigen Tracks einer starke Tendenz in Richtung G-Funk unternimmt, finde ich ebenfalls super. Und obwohl dabei auch ein paar fragwürdige Titel herausspringen und die wenigsten Songs wirklich Banger sind, ist mein Eindruck von der Gesamtleistung auf Suga eigentlich recht positiv. Zumindest eben dann, wenn man ausblendet, dass diese Platte auch von zig anderen Leuten hätte gemacht werden können. Denn was Megan hier so gut wie komplett fehlt, ist nach wie vor eine persönliche Note. Die Einflüsse von Künstler*innen wie Nicki Minaj, Lil Pump, YG oder Drake sind durchweg super offensichtlich und die Versuche, sich davon zu lösen nicht selten peinlich. Hin und wieder gibt es hier beispielsweise das Vorhaben, für diese Platte eine Art Catchphrase durchzusetzen (entweder "real hot gal shit" oder dieses "Suga but ain't shit sweet"-Nametag), was allein für sich schon verzweifelt wirkt. Solche Maßnahmen sind für gewöhnlich die Waffen generischer Trap-Producer, die derartige Slogans für die Kenntlichmachung ihrer Beats wählen, weil sie sonst kein Mensch erkennen würde. Aber so ziemlich genau das ist das Problem, das auch Megan Thee Stallion hier hat: Ihr bleiben nur solche Sachen, um sich von Anderen zu unterscheiden. Und das ist ein Faktor, über den ich bei ihrer Musik nicht länger hinwegsehen kann. Bisher war ich immer optimistisch, dass sie das mittelfristig schafft und sich als junge Künstlerin eben erst noch eingrooven muss, doch sind wir mittlerweile auf dem zweiten Album angekommen, das nicht mal ernsthaft den Versuch unternimmt. Ich will die Flinte hier nicht ins Korn werfen, was ihre kreative Evolution angeht, denn ein bisschen besser als Fever ist Suga immerhin, doch bin ich definitiv pessimistischer geworden. Und ich muss mich weiß Gott nicht mit einer Rapperin beschäftigen, die sich keine Mühe gibt, einzigartig zu sein. Denn eins sollte man inzwischen wissen, wenn man diese Art von Trap macht: Es gibt verdammt viel Konkurrenz da draußen und ein Freshmen-Cover gibt es jedes Jahr. Megan sollte ihre Zeit im Rampenlicht also besser nutzen, solange sie noch so begehrt ist wie im Moment.



Hat was von
Nicki Minaj
Queen

Lil Pump
Lil Pump

Persönliche Höhepunkte
Ain't Equal | Savage | B.I.T.C.H.

Nicht mein Fall
Rich | Stop Playing


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