Sonntag, 12. August 2018

Maleficent




















Solange es ihren Namen im Showbusiness nun bereits gibt, hat sich Nicki Minaj stets als eine der sehr intelligenten Popstars bewiesen, die auch dann Eindruck schinden können, wenn sie gar nicht so richtig da sind. Sie braucht nicht jedes Jahr ein neues Album veröffentlichen, um relevant zu sein, ist ihren einstigen Mäzenen mittlerweile künstlerisch ebenbürtig und ist souverän gleichzeitig Mainstream-Phänomen und bodenständiges Hiphop-Original. Ich sage nicht, dass es in ihrer Karriere nicht auch zweifelhafte Entscheidungen gegeben hat (Ihr letztes Fettnäpfchen, das Feature mit 6ix9ine ist sogar erst wenige Wochen her), doch prinzipiell ist sie jemand, der sich im Rap-Game zu Recht jede Menge Respekt erarbeitet hat. Weshalb ich mich auch ein bisschen gewundert habe, dass die Veröffentlichung von Queen am Freitag keine Riesensache war. Auf einen richtigen neuen Longplayer von Minaj wartet die Welt inzwischen seit 2014, was in diesen Tagen gerade im Hiphop geologische Zeitalter sind. Zudem waren die vor einigen Monaten veröffentlichten Singles Chun-Li und Barbie Tingz ziemliche Bretter, auf denen die Rapperin auch einige sehr deutliche Kinnhaken in der Szene verteilte, für die richtige Stimmung war also gesorgt. Trotzdem verpufft das Release dieses Albums gerade mehr oder weniger komplett, was ich extrem schade finde. Denn wenn Queen eines ist, dann die konsequente Bestätigung der künstlerischen Souveränität von Nicki Minaj. Sowohl in der Hinsicht Pop als auch in der Hinsicht Rap ist diese LP ein starkes musikalisches Statement, das nach vier Jahren Wartezeit so sehr auf den Putz haut, wie man sich das von ihr gewünscht hätte. Und wenn es schon niemand anderes tut, dann werde wenigstens ich ihr dafür ein wenig Honig ums Maul schmieren. Es fängt schon mit den ganzen Präsentation an: Über eine Stunde geht die neue Platte, über 30 Produzent*innen wurden hier beschäftigt (unter anderem Boi-1da, Metroboomin und Mike Will Made It) und auf der Gästeliste finden sich so unterschiedliche Acts wie Eminem, Ariana Grande, Lil Wayne und the Weeknd. Das alles ist schon mal eine Menge, aber auch nur das Aufgebot für die namensgebende Majestät selbst, die hier maximal rasiert. Dabei ist es völlig egal, ob sie als überzogenes R'n'B-Pop-Sternchen auftritt oder eiskalt Bars raushaut, es ist mittlerweile beides unzertrennlich Teil ihres künstlerischen Charakters. Auf Queen ist es nichts besonderes mehr, beide Inkarnationen von Minaj in einem Song zu hören, wie beispielsweise gleich im Opener Ganja Burns. Zunächst geht man hier eigentlich davon aus, eine soulig angehauchte Powerballade zu hören, bis die Rapperin im zweiten Vers plötzlich in den Realtalk-Modus umschaltet und einige der besten Lines ihrer Karriere austeilt. In Nip Tuck wiederum schafft sie es, sich gesanglich auch mal zurückzunehmen und tatsächlich eine ziemlich solide R'n'B-Nummer anzufahren. Majesty überrascht durch ihr erstaunlich harmonisches Zusammenspiel mit Slim Shady und das Triple aus Chun-Li, LLC und Good Form im Mittelteil ist der große Hiphop-Moment dieses Albums. Mangelnde Vielseitigkeit kann man Minaj also wirklich nicht vorwerfen. Bei aller Verstreutheit schafft es die Platte aber genauso gut, immer einen gewissen roten Faden zu behalten und vor allem inhaltlich stets messerscharf zu bleiben. Das ist ehrlich gesagt sogar mehr der Fall als auf Nickis letzten beiden Projekten, die immer noch etwas awkward mit Pop flirteten und dabei machmal auch etwas flach ausfielen (siehe Anaconda, der allerdings trotzdem ein großartiger Track bleibt). Hier weiß die Rapperin inzwischen, was ihrer Musik am besten steht und in den meisten Tracks bedeutet das vor allem: Zähne zeigen. Queen ist das bisher aggressivste Album von Minaj und das ist auch gut so. Denn wenn es jemanden gibt, der etwas zu sagen hat, dann ist es diese Frau, die noch dazu das Talent besitzt, ihre Botschaften in großartige Punchlines zu verpacken, von denen die Platte am Ende ziemlich voll ist. Eine Sache muss ich allerdings doch noch kritisieren, und das sind Teile der musikalischen Umsetzung. Bei so vielen Producern, die an der LP mitgearbeitet haben, kommen auf der einen Seite großartige Banger wie Miami, Majesty oder Good Form raus, ein Großteil der Beats hier ist aber eher mittelmäßig. Minaj rettet die meisten verunglückten Instrumentals hier mit unglaublich viel Charisma, sodass trotzdem noch gute Songs draus werden, aber bei vielen, wie Chun-Li oder Coco Chanel, bleibt einiges an Luft nach oben. Und so fehlt auch diesmal wieder das kleine Mü an Konsequenz, das Queen von einem guten Album zu einem bemerkenswerten gemacht hätte. Ich kann mich nicht beschweren, das hier ist alles andere als langweilig und die Leidenschaft der Hauptakteurin reicht für fünf. Der Teufel liegt hier wie so oft im Detail, und da hätte eine einheitliche Produktion mit weniger Stargästen wie so oft vielleicht besseres bewirkt. So bleibt vieles hier einzig wegen seiner Ansage in Erinnerung, was ja auch schon mal ein großer Gewinn ist. Und für diejenigen, die diesen Vergleich jetzt unbedingt haben wollen: Ja, es ist besser als die Platte von Cardi B.






Persönliche Highlights: Majesty / Rich Sex / Chun Swae / Chun-Li / LLC / Good Form / Nip Tuck / 2 Lit 2 Late Interlude / Come See About Me / Miami / Coco Chanel / Inspirations Outro

Nicht mein Fall: Barbie Dreams

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