Freitag, 3. August 2018

Die Geschichte wiederholt sich




















Als einzelne Person, die dieses Format hier seit Jahren relativ kontinierlich zu betreiben versucht, schaffe ich es leider bloß, mir eine begrenzte Menge von Musik anzuhören, wozu teilweise auch gehört, sich mit einem Act, den man nicht weiter spannend findet, einfach auch nicht mehr zu beschäftigen. Normalerweise habe ich eine Art grobe Faustregel, dass ein*e Künstler*in, die nacheinander drei doofe Platten veröffentlicht hat, als Thema für mich ausscheidet. Aber manchmal lohnt es sich auch einfach, den Output einer Band auch dann weiter zu verfolgen, wenn dieser lange Zeit ziemlicher Mist ist. Einfach weil das Vertrauen da ist, dass irgendwann eben doch noch mal etwas überzeugendes kommt. Und es fühlt sich ziemlich gut an, wenn dieser Fall eintritt und man sich in seiner Treue bestätigt fühlen kann. Aktuell habe ich das wieder mal bei den Adolescents festgestellt. Die machen mit Unterbrechungen nun bereits seit fast 40 Jahren Musik, von denen ich zumindest die letzten fünf aktiv mitverfolgt habe. Damals überraschte mich ihr Quasi-Comeback Presumed Insolent äußerst positiv und wurde einer meiner Favoriten der besagten Saison, was in meinen Augen nach Ewigkeiten bandinterner Beefereien und Krisen schonmal eine Art musikalische Wiedergeburt war. Und nachdem auch danach wieder eine Periode mittelmäßiger Platten und stilistischer Stillstände begann, schaffen es die Kalifornier 2018 ein weiteres Mal, als Band aufzustehen und mit neuem Material zu überzeugen. Wobei der größte kreative Antrieb für Cropduster in diesem Fall eher von außerhalb der Band kommt. Als Punkrock-Format, das schon immer sehr tagespolitische Inhalte verarbeitet und in seinen Songs satirisch auf aktuelles Weltgeschehen reagiert, ist die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA natürlich künstlerisches Gold für die Adolescents, das hier ganz deutlich einen erneuten Aufschwung hervorruft. Zwar waren auch die letzten beiden Platten nicht gerade arm an brisanten Themen, doch merkt man schon einen deutlichen Unterschied zu dem, was die Band hier auffährt. Ganze 18 Songs hat das Kollektiv diesmal versammelt, von denen die meisten etwas mit den ersten anderthalb Regierungsjahren des Republikaners zu tun haben, was Cropduster sogar zu einer Art Konzeptalbum macht. Man fühlt sich nicht nur stilistisch an die Zeit vor 15 Jahren erinnert, als Gruppen wie NOFX, Green Day oder System of A Down ebenfalls neue künstlerische Höhepunkte durch einen fragwürdigen Volksvertreter erschufen. Wenn man es genau nimmt, kann man die ganze Geschichte auch bis in die Achtziger zurückführen, als sich junge Punker an Ronald Reagan abreagierten und eine junge Band namens Adolescents ihre ersten musikalischen Schritte wagte. Man merkt schon: Neu ist das ganze Problem für diese Musiker nicht, was die Sache aber nicht weniger spannend macht. Im Gegenteil: Man hört diesen Tracks sehr viel Pissigkeit ob des mangelnden Fortschritts in einer Gesellschaft an, die diese Formation nun schon seit einer halben Ewigkeit porträtiert. Und obwohl die Texte dabei auch nie ihren bissigen Pöbel-Humor verlieren, ist doch durchaus viel Verbitterung darin zu spüren. Insbesondere der Closer Prey for Armageddon macht den Sack hier mit einer wenig hoffnungsvollen Schlussnote zu, die schwer auf den Hörenden sitzen bleibt. Gerade deshalb ist Cropduster aber auch ihr bestes Album seit langer Zeit: Es hat nicht nur wieder bessere Songs und mehr kompositorischen Druck dahinter, es zeigt auch wieder wirkliche Haltung und stellt wirkungsvoll eine Gesellschaft dar, in der die Kacke ziemlich am Dampfen ist. Damit ist es vielleicht nicht gleich ein neues Bedtime for Democracy oder American Idiot, für die Band selbst jedoch ist es eine Art erneuter Weckruf, der zumindest in einem tollen neuen Projekt resultiert.






Persönliche Highlights: Flat Earth Stomp / Sunspot Screams / Gazetteer / Nuclear Football / Choke and Killswitch System / 5150 or Fight / Paradigm Bag Junkies / Prey for Armageddon

Nicht mein Fall: -


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen