Donnerstag, 23. August 2018

Besserwisser unter sich




















Objektiv gesehen ist es eigentlich keine große Sache, dass es jetzt ein gemeinsames Album von Milo und Elucid gibt. Zwei nerdige Indie-Rapper, die beide dafür bekannt sind, in ihren Texten ziemlich komplizierte Sachen zu sagen, kommen hier für 28 Minuten zusammen und geben sich mit ihren Eydeetenschädeln gegenseitig die Klinke in die Hand. Na und? Nun ja, für mich persönlich ist diese Kollaboration schon von einer gewissen Bedeutung, ehrlich gesagt kommt Nostrum Grocers bei mir sogar einer Art intellektuellen Version von Watch the Throne gleich, sind beide hier beteiligte Künstler doch jeder für sich in der Vergangenheit sowas wie Lieblingsrapper von mir geworden. Elucid vor allem durch seine Beteiligung an den Platten von Billy Woods und ihrem gemeinsamen Projekt Armand Hammer, Milo durch unzählige geniale Solo-Alben, sowie sein Alter Ego Scallops Hotel. Und obwohl es auch schon im letzten Jahr auf Landscaping von Milo eine erste Zusammenarbeit der beiden gab, die ich ziemlich gut fand, war ein Unterfangen wie Nostrum Grocers bisher alles andere als absehbar. Für mich stellte sich sogar die Frage, ob dieser Ausflug gut gehen würde, denn obwohl ich beide Rapper unglaublich mag, ergänzen sie sich inhaltlich nicht wirklich. Wo Elucid stets durch eine sehr stringente Erzählweise auffiel, die oft auch explizit politisch ist und letztes Jahr in einer Reimkette über Robert Mugabe gipfelte, ist Milo immer eher so ein bisschen der verrückte Professor, der in einem Song Anspielungen an seine Lieblingsserien, Arthur Schopenhauer und sein letztes Mittagessen vermengt und daraus ein wüstes Narrativ zusammenschustert. Schaut man genau hin, so haben beide Künstler eigentlich mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Aber im Endeffekt ist genau das auch die Basis, auf der diese Platte funktioniert. Die beiden Rapper sind Gegenpole, die sich voneinander abheben, statt sich auszulöschen. Beide machen hier irgendwie ihr Ding und Song für Song klappt das eigentlich ganz gut. Wenn man nicht mehr hören will als zwei gute Rapper, die in jedem Track eine gute Strophe bringen, hat dieses Album jede Menge zu bieten. Elucid ist dabei ein klein wenig cooler, weil er durchschnittlich mit mehr Passion in die Stücke geht als der schwerelose und in Fragmenten sprechende Milo, aber an und für sich nehmen sie sich nicht viel und beide haben mal den jeweils besseren Part. Hier kommen wir aber auch an das kleine Problem, das dieses Album hat: Es ist eben kein Soloprojekt eines dieser Rapper, weshalb eine deutliche Marschrichtung hier irgendwie fehlt. Die zwei Musiker machen beide ihren Job, wirklich darüber hinaus geht Nostrum Grocers aber nie. Es gibt keine wirkliche Ergänzung untereinander, von Hooks ganz zu schweigen, was zur Folge hat, dass Milo und Elucid hier die ganze Zeit irgendwie nebeneinander her arbeiten. Sie machen ohne Frage ziemlich gute Songs, deren Rezeptur aber auch nach zwei, drei Malen immer die gleiche bleibt. Das ist insofern schade, als insbesondere Milo zuletzt eigentlich durch einen extrem experimentellen Ansatz überzeugte, der hier nur in Spuren vorhanden ist. Elucid ist da schon immer etwas konservativer, doch auch dafür bekannt, mit allem arbeiten zu können. Nostrum Grocers verpassen also die Chance, hier eine Platte zu machen, die mehr ist, als nur ein Rap-Album zweier starker Texter. Mit diesen beiden wäre durchaus ein Regeln auflösendes Projekt im Stil von Kids See Ghosts möglich gewesen, dafür wurde aber anscheinend weder Zeit noch Mühe investiert. Diesen Punkt anzubringen ist natürlich Jammern auf sehr hohem Niveau, allerdings ist das hier vielleicht auch eine einmalige Chance gewesen. Wer weiß, ob diese beiden Ausnahmekünstler sich noch einmal gemeinsam an einen Tisch setzen werden und selbst wenn, sind sie gerade jetzt jeweils auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Vergleichbare Bedingungen wird es also höchstwahrscheinlich so bald nicht mehr geben. Für seine Verhältnisse ist das, was hier rausgekommen ist durchaus ein gutes Ergebnis, aber weder ein Highlight von Milos noch von Elucids Diskografie. Eher ein Nebenprojekt, das auch nach einem Nebenprojekt klingt.






Persönliche Highlights: Circumcision is the First Betrayal / Milk Drunk / Where'ing Those Flowers / '98 Gewehr / Camera / Peace is the Opposite of Security

Nicht mein Fall: -

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