Sonntag, 26. August 2018

Hoch hinaus




















Wenn es eine Rockband gibt, die in den letzten Jahren die Bezeichnung "Geheimtipp" mehr als viele andere Acts verdient hat, dann sind es definitv Nothing. Denn wo andere Träger*innen dieses Prädikats dieses nach einiger Zeit meist los werden, sei es durch den plötzlich doch kommenden Erfolg oder das komplette Vergessen, hat ihn diese Formation aus Philadelphia bisher sehr souverän verteidigt. Vor acht Jahren gegründet und mit bisher zwei veröffentlichten Alben seit 2014 hat sich die angeblich lauteste Gruppe der Welt mittlerweile so etwas wie einen Stammplatz unter den Künstler*innen erarbeitet, die mal "mal im Auge behalten sollte". Wenige scheinen es am Ende wirklich getan zu haben. Denn wenn man sich den Output der US-Amerikaner bisher mal anhört, erlebt man eine durchaus sehr stabile Diskografie, über die man bisher eigentlich nicht meckern kann. Mit Tired of Tomorrow veröffentlichten sie 2016 sogar ein Album, das ich persönlich als eines der sträflich vergessenen Highlights jenes Jahres bezeichnen würde. Den rockig-atmosphärischen Shoegaze-Sound, den Nothing hier spielten, hörte man kurze Zeit später auch auf universell beliebten Platten von Slowdive oder Moaning, ein Publikum wäre also durchaus da gewesen. Trotzdem kommt die Band objektiv noch immer nicht so richtig aus dem Mittelfeld ziemlich guter Indierock-Acts heraus, was aktuell die Gefahr birgt, dass sie bald den Weg anderer toller Formationen wie the Joy Formidable oder the Duke Spirit gehen, nach denen schon lange kein Hahn mehr kräht. Zum Glück ist aber ihr neues Album ziemlich gut geworden, was zumindest rechtfertigt, sie mal wieder an die große Glocke zu hängen. Dabei hat sich bei ihnen eigentlich nicht viel verändert: Die Marschrichtung ist noch immer eine sehr organische und ruhige Form von Shoegaze, die sie auf ihrem Stammlabel Relapse zu absoluten Exoten macht und schon auf Tired of Tomorrow so gut funktionierte. Der größte Unterschied diesmal ist, dass sie sich dabei stärker an große Rock-Momente herantrauen und auch durchaus mal episch sein wollen. Bereits der großartige Opener Zero Day ist mit seiner weitläufigen Struktur und dem exzessiv zelebrierten Outro eine ziemliche Hausnummer, leider aber auch der beste seiner Art. Es gibt einige gute, brachiale und pathetische Tracks hier, doch dieser ist der einzige wirklich überragende. Wobei der Punkt ist, dass Nothing dieses Wagnis überhaupt eingehen. Es ist nicht selbstverständlich für eine Band, die so gut gemachten Shoegaze spielt wie sie, sich stilistisch und kompositorisch dieses Stück weiter aus dem Fenster zu lehnen und ein bisschen Größenwahnsinnig zu sein. Die meisten ihres Schlages zumindest tun das nicht und verkriechen sich in ihrer gemütlichen Reverb-Wolke. Das zeigt aber auch, dass diese Jungs hier nicht zum Standard gehören und das kleine Stück weiter wollen, was im Moment blöderweise noch nicht immer klappt. You Wind Me Up probiert es mit großen Melodiebögen, die eben an manchen Stellen ziemlich albern wirken, I Hate the Flowers will eine Art nihilistische Oasis-Ballade sein, bleibt aber eher ziemlich pubertär und the Carpenter's Son ist ein fantastischer ätherischer Shoegaze-Jam, der mit acht Minuten Spielzeit mehr als ein bisschen übertreibt. Es ist vieles nicht perfekt an diesem Album und man könnte sagen, Nothing haben sich damit ein kleines bisschen verhoben. Dass sie so nach den Sternen greifen, ist aber gleichzeitig ihr größter Fehler und ihr größter Trumpf. Sie sind keine Band der großen Gesten und werden wahrscheinlich nie so richtig eine werden, allerdings geben sie sich auch nicht mit den popeligen Indie-Sound zufrieden, den zurzeit jede*r Zweite spielt. Dance On the Blacktop ist zumindest der Versuch, sich abzusetzen. Und für ihre Hingabe muss ich ihnen dabei Respekt zollen. Alles andere kommt dann schon mit der Zeit.






Persönliche Highlights: Zero Day / Us/We/Are / Hail On Palace Pier / (Hope) is Just Another Word With A Hole in It

Nicht mein Fall: You Wind Me Up

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