Freitag, 24. August 2018

Monster Mash




















Wenn man es so will, sind die Oh Sees in letzter Zeit nicht eine Band gewesen, sondern gleich ziemlich viele. Unter grob überschlagen drei Namen haben die Kalifornier seit 2016 Musik veröffentlicht und dabei klang keine Platte wie die andere. Sei es das seltsame Krautrock-Projekt A Weird Exits (samt Bonus-Mini-LP An Odd Entrances), der Garagen-Standard Orc vom letzten Sommer oder das jazzig-folkige Memories of A Cut Off Head vom November, das Feld kann gerade nicht weit genug sein für sie. Und als im Frühsommer diesen Jahres bereits das nächste Album angekündigt wurde, noch dazu mit diesem Artwork, war klar, dass diese Arbeitsweise so schnell kein Ende nehmen würde. Was machte die Band wohl diesmal? Thrash Metal? Industrial? Dungeon Synth? Gewundert hätte mich ehrlich gesagt wenig. Dass es am Ende jetzt "bloß" zeitgenössischer Psychedelic-Rock und Oldschool-Prog geworden ist, enttäuscht da schon fast ein bisschen. Ehrlich gesagt war ich am Anfang des Albums sogar regelrecht empört. Viele Ideen, die die Musiker in den ersten vier Songs des Albums eingebaut hat, scheinen nämlich direkt aus dem King Gizzard & the Lizard Wizard-Lehrbuch geklaut. Die krautigen Grooves, das Schlagzeugspiel, die obskuren Harmonien, ja sogar John Dwyers Gesang ähnelt hier sehr dem von Stu Mackenzie. Meine Befürchtungen waren schon, dass Oh Sees ihren kompletten Songwriting-Stil für eine billige Gizzard-Kopie über Bord geworfen hätten. Dabei hatte ich jedoch meine Rechnung ohne die dicke zweite Hälfte dieser LP gemacht. Nominell nur sieben Songs nimmt der hintere Teil von Smote Reverser über 40 Minuten Spielzeit ein, die diese Platte zum Glück doch noch in ganz andere Dimensionen führen. Last Peace beginnt mit einem zarten Jazzrock-Thema, das sich in seinen knapp acht Minuten zum psychedelischen Überflieger steigert und von da an sind Oh Sees ganz klar wieder eines ihrer vielen Selbst. Höhepunkt der Freakshow ist ganz klar der zwölfminütige Mega-Jam Anthemic Aggressor, bei dem freidrehende Gniedelei kein bloßer Bestandteil, sondern die Regel ist und der anstrengend wäre, wäre er dabei nicht so hingebungsvoll bescheuert. Solche Eskapaden sind aber eher die Ausnahme, die meiste Zeit groovt Smote Reverser eher gemächlich vor sich hin und kleidet seine breiten Gitarrenflächen mit kitschigen Beat-Orgel-Sounds aus. Und im allgemeinen ist das schon ganz ordentlich und unterhaltsam, vor allem dafür, wie wenig Arbeitszeit in diese LP geflossen ist. Wenn man es an seinen Vorbildern misst, hat dieses Album allerdings bestenfalls den Status einer sehr gelungenen Aufwärmübung. Denn weder haben die Kalifornier hier große kompositorische Momente, noch machen sie wirklich etwas anders als viele andere Bands ihrer Sparte. Smote Reverser hat mit Abstrichen das gleiche Problem, das viele Jam-Platten haben, insofern dass es einfach nicht zum Punkt kommt. In Tracks wie Anthemic Aggressor, die genau darauf ausgelegt sind, mag das passen, allerdings findet sich hier auch eine ganze Reihe an Stücken, denen durch ihre Mäanderei jeglicher Charakter abhanden kommt. Live würde so etwas wahrscheinlich unglaublich gut kommen, auf Konserve jedoch zieht es an mit vorbei. So ist vieles an dieser LP gut gespielt, bleibt aber nicht wirklich hängen. Und darauf kommt es ja beim einschätzen von Studioalben letztendlich an. Oh Sees macht das definitiv nicht zu einer schlechteren Band und Smote Reverser hält in meinen Augen das Niveau ihrer meisten Platten, es ist eben nur nicht das Highlight, das es hätte sein können, wenn man sich ein bisschen mehr Mühe mit fokussiertem Songwriting gegeben hätte. Und überhaupt, was ist denn jetzt eigentlich mit meiner Thrash Metal-LP?






Persönliche Highlights: C / Last Peace / Moon Bog / Anthemic Aggressor / Nail House Needle Boys / Flies Bump Against the Glass

Nicht mein Fall: Enrique El Cobrador

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