Montag, 24. September 2018

Was sie sagt





















Junge Neo-Soul-Künstler*innen, die heutzutage wieder auf Jazz-Instrumentals stehen, gemütlich flowend heiße politische Themen debattieren und ihre Niedlichkeit nicht im Weg eines ordentlichen lyrischen Hakens stehen lassen, sind 2018 eigentlich nichts besonderes mehr. Acts wie the Internet, Kali Uchis oder Teyana Taylor gibt es nicht erst seit gestern und gerade in den letzten Monaten sprach ich gefühlt jede Woche über eine dieser chilligen R'n'B-Platten, die ja auch jedes Mal verdammt gut sind. Aber trotz der Tatsache, dass der Überraschungseffekt dieser Musik inzwischen ganz allgemein ein bisschen eingeschlafen ist, würde ich mir nie anmaßen, deshalb einer LP von NoName nicht meinen größten Respekt angedeihen zu lassen. Denn unter den vielen tollen und sehr tollen aktuellen Soul- und Jazzrap-Künstler*innen ist sie so etwas wie das geniale Wunderkind, bei dem einfach jeder musikalische Pinselstrich noch mal eine ganze Ecke raffinierter und ausgefuchster ist als bei allen anderen. Vor einigen Jahren von Chance the Rapper entdeckt, war die Songwriterin aus Chicago zunächst beliebter Feature-Gast in seinem Dunstkreis, bevor sie 2016 selbst ihr erstes Mixtape veröffentlichte. Telefone war damals mit seinem gemütlich-jazzigen Sound nicht nur innovativ, es hatte auch inhaltlich unglaublich viel zu bieten und zeigte NoName bereits damals als unglaublich selbstbewusste Künstlerin. Frei heraus rappte und sang sie über krasse Themen wie Rassismus, Polizeigewalt, Sexismus und Abtreibung und war dabei nicht nur unglaublich direkt, sondern auch lyrisch verspielt und erstaunlich nonchalant. Dass ihr Album klanglich ebenfalls extrem cool war, konnte man dabei schon fast als Nebensache abtun. Kurzum hatte sie sich auf Telefone also als eine der talentiertesten neuen Künstler*innen in ihrem Bereich platziert. Und es gab gute Gründe, für ihr zweites Mixtape Room 25 noch besseres zu erwarten. Zum einen den, dass NoName sich mittlerweile bei den richtigen Leuten einen Namen gemacht hat und trotz der Tatsache, dass sie hier weiterhin ohne Label-Backing veröffentlicht (Respekt dafür!) diesmal mehr aus ihren Songs machen kann. Die neue Platte ist produktionstechnisch ein Riesenschritt nach vorne und klanglich um einiges vielseitiger, was auf jeden Fall ein Pluspunkt ist. Zum anderen sind hier auch im Bereich der Vokal-Features tolle Leute mit dabei. Im Falle von Ravyn Lenae ist auch eine Sängerin, die schon auf Telefone dabei war, weiter ins Rampenlicht gerückt, aber auch Phoelix, Adam Ness und Yaw leisten hier ganze Arbeit. Wobei in Sachen inhaltlichem Output absolut niemand der Hauptakteurin selbst die Show zu stehlen vermag. Ähnlich dem Vorgänger ist Room 25 lyrisch extrem freischnauzig, frech und damit nicht selten auch unglaublich cool. Die wenigsten Soul/Rap-Künstler*innen, nicht mal so clevere wie Syd tha Kid oder SZA, sind in ihren Texten so leichtfüßig vulgär und so stichelig wie sie. Was irgendwie seltsam ist, da ihrer Gesangsperformance noch immer eine gewisses (und gewolltes) Kindchenschema innewohnt, das sich ganz klar von der triumphalen Empowerment-Attitüde einer Beyoncé oder Little Simz unterscheidet. Ich will nicht sagen, dass irgendeine dieser Ästhetiken prinzipiell besser oder schlechter wäre, doch ist der Ansatz von NoName auf eine Weise einfach subversiver und spannender, weil er abseits von jeglichem Klischee stattfindet. Und das ist etwas, was nur wenige Künstler*innen schaffen, noch dazu mit ihrem zweiten Mixtape. Diese Frau hat bereits jetzt so viel Charakter und Bewusstsein in ihren Songs, dass man gar nicht weiß, ob dieser sich überhaupt noch entwickeln kann oder ob das alles noch viel krasser wird. Zu wünschen wäre es NoName, dem Rest der Neo-Soul-Community würde dann aber böses blühen.






Persönliche Highlights: Self / Blaxploitation / Prayer Song / Window / Don't Forget About Me / Regal / No Name

Nicht mein Fall: -

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