Montag, 17. September 2018

Du bist so magisch!





















Mir war durchaus bewusst, dass es die Band Namens Jeff the Brotherhood schon eine ganze Weile gibt, denn ich selbst hörte bereits 2011, also noch vor dem Release ihres Label-Debüts im folgenden Jahr, das erste Mal von ihnen, als sie mir vor allem ihres komischen Namens wegen auffielen. Dennoch ist es schwer zu glauben, dass die beiden Brüder aus Nashville seitdem insgesamt nicht weniger als sechs Alben veröffentlicht haben. Fast so unglaublich wie die Tatsache, dass ich erst nach so langer Zeit wieder auf sie gestoßen bin. Der Zufall wollte es, dass sie nach einem relativ langen Vertrag bei Caroline und einem kurzen Major-Intermezzo letztes Jahr bei Dine Alone Records, einem persönlichen Lieblings-Gourmet-Label von mir, landeten, wo sie nun auch diese neue Platte veröffentlichen. Und um ehrlich zu sein, hätte es keinen besseren Zeitpunkt für ein Wiedersehen geben können. Denn nicht nur passt der neue Verleger stilistisch extrem gut zu den beiden, mit Magick Songs machen sie hier auch noch eine wirklich grandiose LP, die mich vom Aufschlag aus fasziniert hat. Schon die ersten Singles, die im Sommer erschienen, machten auf mich einen ziemlich soliden Eindruck und machten ein wenig neugierig auf das Album, das Gesamtergebnis jetzt zu hören, ist musikalisch aber noch einmal auf einem ganz anderen Level. Was Jeff the Brotherhood hier fabriziert haben, ist nicht weniger als eine unglaublich stimmige, lieblich-psychedelische Wundertüte, die in 54 Minuten ihren eigenen kleinen Klang-Kosmos aufmacht. Ausgangspunkt sind dabei zwar ganz eindeutig die Arbeiten der Krautrock-Pioniere wie Can, Amon Düül II und Ash Ra Tempel, doch geht die Platte über nostalgische Götzenverehrung weit hinaus. So erinnert Camel Swallowed Whole in gewissen Momenten auch an Indierock-Acts wie Modest Mouse oder Mac DeMarco, der Mittelteil hat Ähnlichkeiten mit Avantgarde-Jazz und archaischer Rhythmusmusik, Wasted Lands würde auch in die Diskografie von Goat passen und Singing Garden könnte man sogar als ernsthaften New Age-Versuch deuten. Tatsächlich sind es aber nicht einzelne Tracks, die hier den wahren Aha-Effekt ausmachen, sondern das große Ganze, dass Jeff the Brotherhood hier präsentieren. Die gesamte LP funktioniert als organischer Haufen, in dem ein Motiv in das andere übergeht und der klangliche Faden nur sehr selten abbricht. Die Art und Weise, wie die Band sich durch diese ästhetische Vielfalt manövriert, ist nicht wenig beeindruckend und erinnert an frühe Postrock- und Ambient-Platten. Auch toll ist, dass das Brüderpaar den Begriff psychedelischer Musik dabei nicht als vorgefertigtes Schema versteht, sondern tatsächlich versucht, experimentell über sich selbst hinauszuwachsen. Damit beweisen sie nicht zuletzt auch ein tiefes Verständnis für die ursprüngliche Idee, die gerade Krautrock-Musiker*innen in den Siebzigern verfolgten und deren wirklich skurrile Seite im heutigen Psychedelic Rock häufig unterschlagen wird. Jeff the Brotherhood entdecken sie wieder und zimmern daraus Songs, die kein seichter Kompromiss sind. Es ist erstaunlich, wie sehr sie damit meine ursprünglichen Erwartungen übertroffen haben. Gerechnet hatte ich mit einem soliden, vielschichtigen Garagen-Psych-Sammelsorium der Marke King Tuff, bekommen habe ich vielleicht das beste experimentelle Rockalbum des Jahres. Schade ist daran nur, dass ich erst jetzt auf diese beiden gekommen bin, denn sie bis hierhin zu begleiten, hätte mir im Nachhinein ganz bestimmt Spaß gemacht. Aber keine Sorge: Ab jetzt werde ich sie ganz bestimmt nicht mehr aus den Augen verlieren. Großes Ehrenwort!






Persönliche Highlights: Focus On the Magick / Camel Swallowed Whole / Singing Garden / Celebration / Locator / Wasted Lands / Relish / Magick Man / Heavy Journey

Nicht mein Fall: the Mother

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