Freitag, 28. September 2018

Bebop of Doom





















Wenn man über Sumac spricht, dann ist es lange schon nicht mehr notwendig, ihren Status als exklusive Supergroup zu strapazieren. Sicher, die kanadisch-US-amerikanische Formation besteht aus drei Mitgliedern dreier Bands, die sich auch außerhalb dieser Gruppe einen Namen gemacht haben, allerdings ist es vielleicht ihr größter Verdienst, sich von dieser fremden Prominenz emanzipiert zu haben. Mit zwei ziemlich guten Alben in den letzten vier Jahren hat das Trio eine Ästhetik geschaffen, die für sich selbst spricht und die keine Verweise mehr braucht, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Und sperrig genug ist ihr abgründiger, avantgardistischer Post-Metal klanglich auf jeden Fall. Schon auf ihrem Debüt von 2015 setzten Sumac diesbezüglich ein Zeichen, indem sie einen ungemein finsteren, monolithischen Sound auffuhren, der ein Jahr später auf What One Becomes noch einmal dichter und fieser wurde. Und nachdem 2017 erstmal kurz Ruhe war, kehren sie in dieser Saison gleich mit einem Hattrick zurück. Zunächst erschien im Februar das Live-Album WFMU exklusiv auf Kassette, wenig später eine Kollaboration mit dem japanischen Free Jazz-Künstler Keiji Haino und nun, gut ein halbes Jahr später, der offizielle dritte Longplayer. Man kann sagen, dass Sumac dabei einiges dazugelernt haben. Zwar besteht ihre hauptsächliche Marschrichtung noch immer darin, gewaltige, schwere Metal-Brecher zu spielen und mit vier Stücken in 66 Minuten sind diese auch zeitlich nicht zu knapp bemessen, doch könnte man das, was auf Love in Shadow passiert, für ihre Verhältnisse schon fast als verspielt bezeichnen. Zwischen den dicken Bänken aus Siebenseiter-Riffs, die das Bild nach wie vor dominieren, erlebt man überall weiträumige Postrock-Flächen, improvisierte, leichte Gitarrensoli und sogar Orgelspiel. Einiges davon scheinen sie sich aus ihren Experimenten mit Free Jazz abgeschaut zu haben, wieder anderes stammt vielleicht aus der Feder der hier aktiven Russian Circles- und Isis-Mitglieder, die ja nicht immer so finster drauf sind wie hier. Aber wo auch immer diese plötzlichen lichten Momente herkommen, sie machen diese LP zur bisher vielseitigsten von Sumac. Mehr noch, durch sie wird das fantastische Wechselspiel aus fließender und stehender Musikalität, das schon What One Becomes so toll machte, noch kontrastreicher und kreativer. So lässt sich der 21-minütige Monster-Opener the Task ja nach Hörverhalten in vier bis fünf mehr oder weniger unabhängige Movements aufteilen und erinnert dabei zumindest strukturell an Bands wie Godspeed You! Black Emperor oder Can, auch wenn man musikalisch eher an eine Art Ornette Coleman Quintet mit Metal-Instrumentarium denken muss. Die Verbindung zum Jazz und vor allem zum avantgardistischen Bebop ist dabei sehr offensichtlich, auch wenn sie unter mindestens zehn Layern Doom-Riffing und Deathcore-Geschrei verborgen liegt. Es ist die Art, wie Sumac ihre Instrumente spielen, die ganz klare Bezüge schafft. So zum Beispiel, wenn hier mehrere Soli übereinander geschichtet werden, es mal komplette Einzelpassagen von Musikern gibt und der Eindruck , dass ganz generell überwiegend improvisierte Songstrukturen gespielt werden. Das alles macht diese Platte nicht gerade zugänglicher, doch wenn man den Kosmos dieser Band wie ich kennt und liebt, ist es eine tolle neue Entwicklung, die auch keineswegs ihrem bisherigen Weg widerspricht. Love in Shadow ist eine weitere Metamorphose von Sumac, die sie in meinen Augen noch ein kleines Stückchen besser macht als vorher und wieder mal zeigt, dass sie wesentlich mehr sind als Musiker, die gut Krach machen können. Und nach zwei Jahren Pause und einigen doch eher schwachen Projekten ist das hier mehr als eine Wiedergutmachung. Beim nächsten Mal müssen sie dann nur noch die Gitarren weglassen...






Persönliche Highlights: the Task / Attis' Blade / Arching Silver / Ecstasy of Unbecoming

Nicht mein Fall: -

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen