Freitag, 7. September 2018

Totes Kino






















Ich habe es schon einmal gesagt und man kann es eigentlich nicht oft genug wiederholen: Wenn wir über Mogwai sprechen, ist die Ankündigung eines neuen Filmscores ein nicht weniger bedeutendes Ereignis als die eines vollwertiges neuen Albums, vielleicht sogar noch ein bisschen wichtiger. Denn was die Schotten in den letzten 15 Jahren auf diesem Feld geleistet haben, ist einigermaßen beachtlich. Nicht nur hat sich ihre Arbeit auf dem gesamten Soundtrack-Spektrum bewährt und ist eine Art ehrwürdige Tradition geworden, die Glasgower Band begegnet diesem Metier auch nach wie vor mit großer Hingabe. Wo viele andere Künstler*innen das Komponieren fürs Kino bestenfalls als Nebenjob betreiben und die Zweckmäßigkeit der Musik in der Vordergrund stellen, sehen Mogwai diese Aufgabe nicht selten als Herausforderung und entwickeln sich auch gerade durch Scores musikalisch weiter. So gesehen stehen Tracks für Filme bei ihnen nicht auf einem anderen Blatt als ihre "richtigen" Platten, sondern sind teilweise sogar besser als diese. Eine LP wie Zidane ist über die Jahre ebenso ein Fan-Favorit geworden wie Come On Die Young oder Happy Songs for Happy People und ihre letzten beiden Soundtrack-Arbeiten Les Revenants und Atomic könnte man als ihre bisher größten stilistischen Ausreißer bezeichnen. Und weil sich diese Liebe zum bewegten Bild mittlerweile auch ganz schön herumgesprochen hat, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie damit aus der Indie- und Doku-Nische in den Mainstream weiterziehen. Kin scheint dafür genau das richtige Ausgangsmaterial. Der futuristische Sci-Fi-Thriller ist das Regiedebüt zweier junger Regisseure, in dem unter anderem James Franco, Dennis Quaid und Zoë Kravitz in den Hauptrollen besetzt sind, also durchaus ein großer Spielfilm, aber auch nicht gleich ein Marvel-Blockbuster. Außerdem steht die düstere Atmosphäre sowie das leicht mysteriöse und doch irgendwie emotionale Grundsetting den Schotten sehr gut. Kurzum: Jemand so erfahrenes wie Mogwai kann dabei eigentlich wenig falsch machen. Wenn man mich fragt, ist aber genau das auch da größte Problem an diesem Album. Von allen Scores, die diese Band seit ihrer Gründung komponiert hat, ist Kin der erste, dem man seine Funktion sehr deutlich anmerkt und der musikalisch kaum über diese hinauswächst. Das was hier gespielt wird, sind neun sehr atmosphärische und stimmungsvolle Tracks, die allesamt richtig gut sind, aber auch nicht wirklich etwas besonderes. Die Formel aus Pianotaupfern, elektronischen Frickeleien und dicken, schweren Synth-Brocken kennen wir von ihnen schon seit mindestens zehn Jahren, wobei sie hier ehrlich gesagt eher klingt wie von einer der unzähligen Bands, die jenen Sound seitdem kopiert haben. Lediglich der Closer und Abspann-Song We're Not Done ist mit seinem breit aufgestellten Gesangspart und, den Shoegaze-Gitarren und dem etwas flotteren Beat eher an die letzte Mogwai-LP angelehnt, was ihn aber auch nicht besser als die anderen macht. Zwar klingen die Schotten insgesamt nicht, als hätten sie sich für dieses Album keine Mühe gegeben, viele Klangelemente hier sind sogar äußerst filigran und was das subtile Einbauen von Field Recordings eingeht, sogar genial. Doch bleibt es dabei stets irgendwie bei Details, die wenig Einfluss auf die Stücke im Großen und Ganzen haben. Vielleicht liegt das ganze ja an den Entscheidungen des Films, die eben solche Musik benötigten. Schließlich bringt ein Spielfilm mit einer zu unterstreichenden emotionalen Handlung ganz andere Parameter mit sich als beispielsweise viele Dokus, an denen die Band bisher arbeitete und das ist durchaus verständlich. Auf rein musikalischer Ebene jedoch ist Kin damit definitiv ein bisschen enttäuschend, auch weil ich der Meinung bin, dass gerade Mogwai in der Lage sind, sich über solche ästhetischen Regeln hinwegzusetzen. Am Ende ist die Platte aber schon ein passendes Gesamtergebnis: Ein Mainstream-Soundtrack für einen Mainstream-Film, den ich wahrscheinlich keines Blickes gewürdigt hätte, wäre es nicht um die Beteiligung einer meiner Lieblingsbands. So kann man jetzt wenigstens sagen, die Musik wäre das beste daran gewesen.







Persönliche Highlights: Eli's Theme / Scrap / Funeral Pyre / Donuts

Nicht mein Fall: We're Not Done

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