Donnerstag, 13. September 2018

Quereinsteiger






















Wenn es um Grindcore geht, sind Pig Destroyer neben Napalm Death als großer Name wahrscheinlich eine der sehr wenigen Bands, die ihre Bekanntheit in der eigenen Nische sinnvoll genutzt hat, um ein vernünftiges Crossover-Potenzial zu entfalten. Schon seit vielen Jahren sind sie weit darüber hinaus, nur einem kleinen Zirkel von Eingeweihten etwas zu sagen, beziehungsweise so wie Anal Cunt das ewige Meme der Bewegung zu sein. Wenn man in Core-Begrifflichkeiten spricht, könnte man sie mittlerweile sogar als einigermaßen Mainstream bezeichnen. Das liegt allerdings vor allem auch daran, dass während ihrer gesamten Diskografie eben nicht immer nur die eine Art von Musik gespielt haben, sondern die Angelschnüre auch anderweitig ausstreckten. Insbesondere diverse Metal-Genres fanden stets großzügigen Eingang in den Stil der Band aus Richmond, was spätestens in der jüngeren Vergangenheit so weit führte, dass sich das Grind-Etikett langsam von ihren Platten löste. Ihr letztes Album Book Burner von 2012 war stellenweise extrem stark versetzt mit groovigen Breaks, extratiefen Basslines und aufwendigen Drumparts, die schon so manchem Fan eine böse Vermutung entlockten, die sich auf Head Cage nun auch bestätigt: Nach sechs Jahren Muskelaufbau und Proteinshake-Kuren kehren Pig Destroyer hier als vollwertige Metalcore-Band zurück. Sicherlich ein herber Schlag für die alte Anhängerschaft, die sich gerade in Foren und YouTube-Kommentaren ein bisschen ausheult. Und auch ich war zunächst nicht sonderlich begeistert vom neuen Material, das im Vorfeld des Albums erschien. Tracks wie Mt. Skull oder the Torture Fields waren tatsächlich nicht mehr als rabiater, unfokussierter Krach, der definitiv ein Rückschritt für diese Gruppe war. Allerdings muss ich sagen, dass das fertige Ergebnis doch deutlich weniger schlimm ist als erwartet. Was übrigens in keinster Weise bedeutet, dass Pig Destroyer sich mit ihren neuen Impulsen zurückhalten. Head Cage ist definitiv ein Kahlschlag, aber eben auch ein ziemlich großartiger. Um ehrlich zu sein: Ich finde, dass sich die Band mit ihren Baller-Riffs, Drum-Kaskaden und Moshpit-Breaks unglaublich gut schlägt und großes Talent für diese Art von Musik zeigt. Noch dazu wirken sie dabei nicht so gelangweilt wie die große Unzahl der Metalcore-Acts, bei denen die Grimmigkeit nur noch Pose ist. Diese LP ist wirklich alles andere als progressiv, trotzdem wirken die Musiker unglaublich erfrischend, energisch und leidenschaftlich bei dem, was sie hier machen. Sie brauchen weder einen D'n'B-Beat, noch ein Rap-Feature noch cineastische Videos, um originell zu wirken, ihnen reicht eine handvoll gut geschriebener Songs. Zugegeben, im Opener Tunnel Under the Tracks gibt es gesamplete Streicher, einen Spoken Word-Einspieler und ziemlich Drone-artige Komposition, das war es aber dann auch schon mit der Zauberei. Verglichen mit dem, was Bands wie Attila oder Heaven Shall Burn manchmal abziehen, ist das garnichts. Ihre starke Waffe sind wie schon immer die starken Songs und das ändert sich auch dann nicht, wenn sich bei ihnen eigentlich alles ändert. Sicher, der Stilbruch wird nicht für jede*n leicht zu verdauen sein, aber schlechtere Musik machen Pig Destroyer jetzt bei weitem nicht. Diese Platte könnte sogar der Beginn eines zweiten Frühlings als Metalcore-Act sein.



Persönliche Highlights: Tunnel Under the Tracks / Army of Cops / Circle River / Terminal Itch / the Adventures of Jason and Jr. / House of Snakes

Nicht mein Fall: Mt. Skull

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