Freitag, 17. Februar 2017

Einer flowt übers Kuckucksnest

Ich muss mich zunächst mal vehement gegen die eventuell sehr bald erhobenen Vorwürfe stellen, ich würde jetzt über Quelle Chris schreiben, weil es auf einmal alle tun. Dem ist nämlich tatsächlich nicht so. Schon seit einigen Jahren bin ich mir der Existenz des Detroiter MCs bewusst, genauer gesagt seit seinem 2013 veröffentlichten Album Ghost at the Finish Line. Von damals an habe ich mir so gut wie jedes seiner Projekte zwar angehört, fand es aber jedes Mal überflüssig, darüber viele Worte zu verlieren. Chris war ein guter Rapper, aber trotz seiner extravagenten Art stach er unter anderen Kollegen meiner Meinung nach nicht genügend heraus, um möglicherweise für euch interessant zu sein. Wie auch immer, mit diesem neuen Album hat sich diese Situation mehr oder weniger dramatisch verändert. Bereits als vor einigen Wochen die geniale Single Birthdaze erschien, war ich plötzlich ziemlich gespannt, was der verrückte Hund jetzt auf einmal ausbrütete und spätestens als ich innerhalb der letzten paar Tage die vielen sehr positiven Besprechungen der Platte sah, wollte ich unbedingt auch mal genauer hinhören. Und man kann definitiv sagen, dass Quelle Chris für Being You is Great... sein Game ordentlich upgesteppt hat. Über eine Stunde geht die neue LP, 17 Tracks sind darauf und fast jeder davon hat mindestens ein spannendes Feature am Start. Und mit spannend meine ich nicht, dass man die Namen der beteiligten MCs unbedingt kennt (obwohl, Rob Marciano, Alchemist, Elzhi und Homeboy Sandman sind jetzt nicht wirklich Niemande). Es heißt vor allem, dass die Gastbeiträge meistens sehr gut sind. Und dass der Hauptakteur in einer solchen Ansammlung von lyrischer Qualität nicht selbst untergeht, spricht auf jeden Fall für seine Performance. Dabei ist Chris alles andere als ein technischer Rapper oder sowas. Seine Parts sind teilweise so minimalistisch, dass eine Zeile, die mitunter nicht mal einen sinnvollen Satz bildet, ständig mit nur sehr geringer Veränderung wiederholt wird. Gewöhnungsbedürftig ist das durchaus, aber ich für meinen Teil kann mich dafür durchaus begeistern. Natürlich gibt es daneben auch lyrisch sehr komplexe Tracks wie Birthdaze, Fascinating Grass oder Calm Before, die zwar nicht weniger verständlich, aber eben sprachlich ein Träumchen sind. Ein bisschen erinnert mich Quelle Chris damit an Aesop Rock, auch wenn hier selbst die Musik ziemlich weird ist. Doch wo diese Eigenschaft auf seinen vergangenen Alben einfach nur da war, schafft es Being You is Great... es erstmals, diese Weirdness zu etwas coolem zu kultivieren. Zumindest an den meisten Stellen. Der Opener Buddies ist ein fantastisch introvertierter Monolog, Popeye hat nicht nur ein grandioses Instrumental, Fascinating Grass wird zum eigentümlichen Posse Cut der dritten Art und Birthdaze ist das, was man in dieser Gesellschaft wahrscheilich einen Hit nennt. Zugegeben; Nicht überall haut das groß angelegte Konzept der Platte hin und in einigen Momenten driften Songs wieder in die Belanglosigkeit ab, die frühere Projekte hatten. Dennoch ist Being You is Great... die bisher vielleicht gelungenste Unternehmung des Detroiters. Wenn Chris diese Schiene in den nächsten Jahren weiter fährt und dafür vielleicht davon absieht, alle paar Monate ein neues Album zu droppen, könnte es noch etwas werden mit einem Longplayer, der wirklich alle (und vor allem mich, hehe) vom Hocker haut. Das Zeug dazu hat dieser Typ auf jeden Fall. Aber hat er auch den Willen?





Persönliche Highlights: Buddies / Popeye / Fascinating Grass / BS Vibes / Birthdaze / It's Great to Be / Pendulum Swing

Nicht mein Fall: the Dreamer in the Den of Wolves

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen