Montag, 27. Februar 2017

Heute wird gewonnen, bitte!

Es gibt viele Gründe, Stephen Burner alias Thundercat zu mögen. Er ist einer der besten und einzigartigsten Bassisten, die heutzutage aktiv sind, hat gemeinsam mit Flying Lotus einen Löwenanteil zur Wiedergeburt des Jazz-Fusion auf Brainfeeder beigetragen, ist ein äußerst sehenswerter Live-Act, trägt gerne lustige Mützen und wirkt in Interviews stets amüsant und sympathisch. Musikalisch überzeugt er als Dauergast auf Platten von Kendrick Lamar, Kamasi Washington, natürlich FlyLo und mittlerweile auch auf einer ansehnlichen eigenen Diskografie. Allerdings fehlt von ihm bisher eine ganz wichtige Sache: Der durchgehend überzeugende Longplayer, der ihn als seriösen, eigenständigen Solokünstler in der Öffentlichkeit positioniert. Zwar ist Thundercat für einige der coolsten und elegantesten Jazz- und Funk-Hits der letzten Jahre verantwortlich, doch auf Albumlänge war bisher immer irgendwie der Wurm drin. Seinem Debüt the Golden Age of Apocalypse von 2011 fehlte in weiten Teilen der Zusammenhang und der zweite Teil Apocalypse von 2014 war einfach nur ziemlich langweilig. Bisher also eine Bilanz, die dem immensen Talent dieses Künstlers in meinen Augen nicht würdig wird. Doch es gibt einige Indizien, die in den letzten Wochen und Monaten die Vermutung nahelegten, dass sich dies mit seinem dritten Album Drunk endlich ändern würde. Zum einen hat sich Burner mit dieser Platte sehr lange Zeit gelassen, was daran liegen könnte, dass er hier die notwendige Konzentration investieren wollte, die für eine LP von Format gebraucht wird. Des weiteren war sein einziges Soloprojekt in der Zeit zwischen Apocalypse und der neuen die EP the Beyond / Where the Giants Roam, die ich persönlich als seine bisher beste Arbeit empfinde. Hier fand die Marke Thundercat erstmals zu einer Art Signature-Stil, die auch diese Platte hier prägt. Und zu guter letzt gab es im Vorfeld von Drunk gleich drei großartige Singles, die den Maßstab ungemein hoch anlegten und zeigten, was dieser Typ auch in Sachen Songwriting kann. Es sah also so aus, als würde er hier endlich die Kurve kriegen. Das Ergebnis ist aber leider, dass er es wieder nur fast tut. Und blöderweise sind der Grund dafür Fehler, die eigentlich leicht vermeidbar gewesen wären. Mit einer Track-Anzahl von 23 Songs ist dieses Album überaus ambitioniert. Aber schon wenn man sieht, dass diese 23 Songs trotzdem nur eine Spielzeit von insgesamt 50 Minuten befüllen, sollte man ins Stutzen kommen. Und die Befürchtung, die man dann wahrscheinlich hat ist genau das, was auf Drunk passiert ist. Thundercat hat für diese LP einen riesengroßen Haufen an großartigen Ideen gehabt, diese aber nicht richtig umzusetzen gewusst. So haben es auf den Final Cut der Platte unglaublich viele skizzenhafte, unausgereifte und halbgare Skizzen geschafft, die zwar das unglaubliche Potenzial zeigen, das in ihnen steckt, aber eben auch, dass es überhaupt nicht genutzt wurde. Fast alle der unglaublich vielen Stücke, die nur etwas länger als eine Minute gehen, hätten durchaus das Zeug, drei, vier oder sogar fünf Minuten zu füllen, wenn man etwas mehr Arbeit in sie gesteckt hätte. Doch so wie sie hier präsentiert werden, bleiben sie oft flüchtige Ideen, die den Anschein von Demo-Takes erwecken. Hätte man sie ordentlich ausgebaut, hätte man daraus locker zwei oder drei komplette Longplayer machen können, doch der Fokus von Drunk liegt eindeutig auf Quantität statt auf Qualität. Zumindest wenn man davon absieht, dass auch jene Skizzen kompositorisch, klanglich und inhaltlich eigentlich wahnsinnig gut sind, nur eben viel zu knapp gehalten. Dort, wo ein Track mal tatsächlich länger durchhält, ist fast immer ein Gastsänger oder -rapper zu hören, doch auch hier sind die Ergebnisse durchwachsen. Das bereits letzten Monat von mir angesprochene Show You the Way mit Kenny Loggins und Michael McDonald ist ein Kleinod des modernen Neo-Soul und auch the Turn Down mit Pharell Williams kann sich echt sehen lassen. Walk On By mit Homie Kendrick Lamar ist dann aber eher so lala und ausgerechnet das von mir mit Spannung erwartete Wiz Khalifa-Feature auf Drink Dat wird zu einem der wenigen wirklich peinlichen Momente auf diesem Album. Gefreut habe ich mich darüber, dass es Thundercats bisher bester Song Them Changes nochmal auf die Tracklist geschafft hat, da er stilistisch hier äußerst gut rein passt und es so noch einmal ein richtiges Highlight gibt. Denn trotz der fantastischen Kompositionen und der großen stilistischen Vielfalt gibt es davon letztendlich nicht gerade viele auf Drunk. Zwar werden hier die Probleme, die ich mit Burners letzten Arbeiten hatte, hier äußerst elegant gelöst, doch eben nicht, ohne sich dabei neue zu schaffen, die wieder einmal für große Enttäuschungen sorgen. Mehr als eine handvoll guter Einzeltracks wirft diese Platte mal wieder nicht ab und langsam ist das für Thundercat echt keine Ausrede mehr. Zumal er ja echt das Zeug dazu hätte, es nur irgendwie immer an Kleinigkeiten scheitert. Ich werde diesen Typen und seine Musik weiterhin lieben, aber ich will nicht leugnen, dass ich mich auf dieses Album sehr gefreut habe und ich das Ergebnis ziemlich bitter finde. Irgendwann ist meine Geduld nämlich auch mal am Ende.





Persönliche Highlights: Uh Uh / Bus in These Streets / Lava Lamp / Jethro / Show You the Way / Jameel's Space Ride / Friend Zone / Them Changes / Where I'm Going / 3AM

Nicht mein Fall: Blackkk / Tokyo / Drink Dat

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