Mittwoch, 1. Februar 2017

Was kostet die Welt?

Es hätte gut sein können, dass das Album Culture eine weitere Veröffentlichung von Migos geworden wäre, die ich zum größten Teil einfach ignoriert hätte, wären da nicht die jüngsten medialen Ereignisse gewesen. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass die drei Rapper aus Atlanta und ihr neuster Longplayer das bisher vielleicht größte musikalische Meme des jungen Jahres sind und wenn sogar Kanye West höchstpersönlich via Twitter das Release unterstützt, kann ich mich vor dieser Besprechung wahrscheinlich nicht länger drücken. Und warum sollte ich auch? Ich höre Migos mittlerweile seit einigen Jahren, habe ebenso wie die meisten von euch vor drei Jahren zur Über-Singe Versace geturnt und entdecke eigentlich immer ein oder zwei Songs auf jedem Album, die ich spannend finde. Was bisher nur mein Problem mit dieser Band war, dass ich sie nicht wirklich auf die Art und Weise besprechen wollte, wie ich das sonst immer tue. Viele Tracks von ihnen fand ich bisher eher unter einem Comedy-Aspekt cool und musikalisch waren sie eher weniger mein Fall. Viele der Beats die sie nutzten, waren mir persönlich etwas zu zahm und neben den zwei krassen Bangern waren ihre Platten auch immer mit jeder Menge Füllmaterial zugekleistert, das kein Mensch brauchte. Wobei ich bei Culture auch erstmals optimistisch war, dass sich das eventuell ändern könnte. Die Leadsingle Bad and Boujee vom letzten Oktober war endlich mal ein Track mit Substanz, den man nicht nur ironisch feiern konnte und auch Songs wie T-Shirt und What the Price zeigten sich ansehnlich. Auch was die Deep Cuts angeht, verspricht diese LP etwas mehr. Fast eine Stunde Musik haben die drei hier versammelt und hochkarätige Features von DJ Khaled, Gucci Mane, 2 Chainz oder Travis Scott finden sich auch auf den Nicht-Singles. Und auch wenn es ein paar schwache Cuts zu Anfang braucht, um sich richtig aufzuwärmen, hält Culture am Ende doch viel von dem, was es verspricht. Bad and Boujee überzeugt mit seinem Wiedererkennungswert ("yah yah yah yah"), Get Right Witcha und Slippery mit ziemlich geilen, minimalistischen Instrumentals, Big On Big mit einigen ziemlich coolen One-Linern und überhaupt ist fast der gesamte Mittelteil ziemlich fesch. Zum Ende hin wird Culture dann wieder etwas langweiliger und die Songs fühlen sich mit jedem Mal länger an, doch sein solides Grundniveau verliert die Platte nie. Und im Gegensatz zu den Vorgängern hat es überhaupt eines. Es deshalb wie den neuen heiligen Gral des Southern Trap zu behandeln (und einige Leute tun das gerade!) ist aber nicht wirklich nötig. Wenn es erstaunlich genug ist, dass eine der scheinbar wichtigsten Bands der Szene ein halbwegs aufgeräumtes, solides Gesamtwerk abliefert, sollte man sich mal überlegen, was das für die Szene im allgemeinen heißt. Und im kurzen Schluss wird es für mich sicherlich wieder darauf hinaus laufen, dass ich Bad and Boujee ab und zu mit großer Freude höre und den Rest schnell wieder vergesse. Womit die These der grundlegenden Veränderung auch vom Tisch wäre. Migos sind und bleiben eine Single-Crew mit großem Potenzial für bescheuerte Memes und wenn man mich fragt, ist das auch das beste, was sie für ihre Karriere tun können. Denn wer braucht schon Kultur, wenn man Versace haben kann?





Persönliche Highlights: Bad and Boujee / Get Right Witcha / Slippery / Big On Big / Deadz

Nicht mein Fall: Call Casting / Brown Paper Bag

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