Samstag, 4. Februar 2017

Degeneration Rock

Es passiert dieses Jahr zum ersten Mal, dass ich durch zahlreichen neue Veröffentlichungen Flashbacks von meinen Anfangstagen als Blogger bekomme. Erst kürzlich passierte das bei meiner Besprechung zu Life Without Sound von den Cloud Nothings und der Live-LP von Käptn Peng und mit den Japandroids erlebe ich es jetzt wieder. Zur Einordung: Im Sommer 2012 eroberte das Duo aus Kanada mit ihrem zweiten und bisher letzten Album Celebration Rock die Herzen der Indie-Gemeinde und war für mich deshalb auch ein wichtiges Thema und nun, wo ihr Nachfolger ansteht, stellt man fest, dass diese Platte damals tatsächlich gar nicht so übel war. Zumindest im direkten Vergleich zu ihrer Performance hier. Ein halbes Jahrzehnt nach ihrem großen Hype müssen Brian King und David Prowse alle Geschütze auffahren, um überhaupt noch jemanden hinter dem Ofen hervorzuholen und machen dennoch das sicherlich schwächste Album ihrer Karriere. Ähnlich wie bei Cloud Nothings steht Near to the Wild Heart of Life für eine stilistische Veränderung weg vom hymnischen, dick aufgetragenen Garagenrock und hin zum stadiontauglichen Songwriter-Pop, der in diesem Fall so blöd ausgeht, wie es auf dem Papier auch klingt. Der große Trumpf der Kanadier waren bis dato immer bombastische Rock-Hits wie the House That Heaven Built oder Wet Hair, die trotzdem im Kern ziemlich dreckig und lärmig waren und folglich pures Gold für den modernen Rockfan der ausgehenden Nullerjahre. Die neue Platte addiert zu diesem Rezept nun jede Menge neuer Instrumente und Produktionstechniken, nimmt aber einen großen Teil des räudigen Charmes aus der Formel heraus. Das Ergebnis ist am Ende eine generische und ungemein langweilige LP, die Japandroids auf das Niveau von Radio-Lieferanten wie Sunrise Avenue oder Raemonn abstürzen lässt. Die Melodien hier sind allesamt wahnsinnig ereignislos, der Sound maximal einschläfernd, die zahlreichen Postproduktions-Effekte braucht kein Mensch und aus den beiden Musikern scheint jeder Charakter entwichen zu sein. Es gibt unter den acht Songs hier nicht einen, der wirklich mein Interesse geweckt hätte und Midnight to Morning und In A Body Like A Grave stehen nur unter meinen persönlichen Highlights, weil sie wenigstens den Hauch einer Atmosphäre erzeugen können. Ansonsten ist dieses Album definitiv eines, das ich sehr schnell wieder vergessen werde und das es auch nicht anders verdient hat. Near to the Wild Heart of Life ist für diese beiden keine musikalische Weiterentwicklung, es ist selbstverletzendes Verhalten, und so etwas sollte man niemals gutheißen. Im Endeffekt ist es aber auch nur die Bestätigung dessen, dass Japandroids nie wirklich mehr waren als die gehypte Rockband, die mal ein paar coole Songs hatte und jetzt nicht mehr mithalten kann. Es ist 2017, verdammt. Da kommen nur die ganz harten noch in den Garten.





Persönliche Highlights: Midnight to Morning / In A Body Like A Grave

Nicht mein Fall: Near to the Wild Heart of Life / North East South West / I'm Sorry (For Not Finding You Sooner)

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