Dienstag, 31. Januar 2017

Der Januar 2017 in zehn Tracks (David Bowie, Slowdive, Ty Segall, Thundercat und und und)

Wie einige von euch sicherlich noch wissen, habe ich seit letztem Jahr die Kategorie der Auserwählten, meinen zehn besten Platten des Monats, offiziell abgeschafft. ich führe die Liste mehr oder weniger akribisch noch immer für mich selbst, aber zur Veröffentlichung fand ich das Segment auf Dauer zu sperrig und durchgelesen geschweige denn durchgehört hat sich das Ding sowieso keiner. Stattdessen möchte ich 2017 ein neues System ausprobieren, das hoffentlich etwas mundgerechter für euch daherkommt und auch für mich entspannter ist. Auf Facebook werde ich ab jetzt monatlich mein Lieblingsalbum der vergangenen dreißig Tage verkünden, so wie diesmal Reflection von Brian Eno (da es nur aus einem Song besteht, habe ich es aus dieser Liste weggelassen) und zusätzlich eine kleine Playlist von zehn Tracks hier posten, die man sich entspannt anhören kann und aus denen man sich vielleicht mehr mitnimmt als aus einer fetten Liste mit haufenweise Longplayern. Ich hoffe, dass euch dieses Format zusagt, damit es sich in Zukunft auch lohnt. Dann wären hier jetzt die erten zehn Titel:

KID KOALA & EMÍLIANA TORRINI
the Darkest Day
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Unter den zahlreichen Songs auf Kid Koalas und Emíliana Torrinis neuem Album bleibt the Darkest Day das unangefochtene Highlight. Nicht nur, weil es mit achteinhalb Minuten der längste Cut auf der Platte ist, sondern bei weitem auch der dramatischste. Am Anfang schwebt der Track mit den sanften elektronischen Flächen und dem unterdrückten Gesang noch in der gewohnten klanglichen Ästhetik des Gesamtwerkes und dümpelt dort auch relativ lange herum, doch braust er in den letzten 120 Sekunden noch einmal zu einem Sound-Feuerwerk auf, das keine Postrock-Band besser hingekriegt hätte. Und hier ist dieser Effekt tatsächlich noch mal überraschend. Ein bleibender Eindruck, der diese an sich schon tolle Platte noch einmal ein bisschen besser macht.

DAVID BOWIE
No Plan
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Ich war schon schwer überrascht, als kurz nach Beginn des neuen Jahres dieser Song auf meiner Bildfläche auftauchte. Nicht nur gehört er als posthum veröffentlichter Track generell einer speziellen Kategorie an, vor allem hatte ich jedoch nicht damit gerechnet, ihn so toll zu finden. Als nicht wirklich großer Fan seines letzten Albums Blackstar, aus dessen Sessions auch dieses Stück stammt, war ich begeistert von der Atmosphöre, die Bowie hier erschafft. Die Instrumentalbegleitung erinnert mich zum Teil sehr an Radiohead, doch erhält das ganze durch die Saxofon-Einspielungen und primär natürlich den Gesang und den Text einen ganz eigenen Anstrich, der mich ungemein fasziniert. Ich würde ja anprangern, dass es No Plan letztes Jahr nicht auf das Album schaffte, doch das würde irgendwie schlafende Hunde wecken. Genießen reicht mir fürs erste.

TY SEGALL
Break A Guitar

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Es passiert nicht ständig, dass Ty Segall Hits schreibt. Aber dass er diesmal einen gemacht hat ist ein großes Glück. Denn damit eröffnet er nicht nur sein neues selbstbetiteltes Album gebührend, er schafft auch einen herrlich röhrenden Throwback auf die ewigen Classic-Rock-Klischees, die schon im Titel nur so triefen. Besonders tiefsinnig ist das Ding dann natürlich nicht, aber der Kalifornier bastelt dafür ein Riff, welches das doppelt und dreifach wett macht. Wenn ich mich weit aus dem Fenster lehne würde ich sagen, dass Break A Guitar Segalls beste Promo-Single seit Sleeper von 2013 ist und dieser Song hat sich bis heute zu einem All Time Favorite von mir gemausert. Und die Chancen, dass dieses Stück die nächsten Monate weiter durch meine Boxen dröhnt, ist äußerst wahrscheinlich.

FOXYGEN
Avalon

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Unter den vielen bunt geschmückten, aufwändig arrangierten Songs auf dem neuen Foxygen-Album ist Avalon sicherlich der bunteste und aufwändigste. Die tausend kleinen Soli, die hier im Sekundentakt stattfinden, die vielen stilistischen Wandlungen, die hier durchlaufen werden und vor allem die wahnsinnig ansteckende Glam-Hook machen richtig Bock und haben auch für Technik-Nerds und Vintage-Fetschisten jede Menge zu bieten. Das erstaunlichste ist dabei vielleicht, dass der ganze Fasching am Ende trotzdem kein bisschen albern rüberkommt, sondern den Respekt für die Leistung dieser Band nur noch erhöht. Und wem das noch immer nicht genügt, der kann sich ja die Platte kaufen. Meine Empfehlung habt ihr!

THUNDERCAT FEAT. MICHAEL MCDONALD & KERRY LOGGINS
Show You the Way
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Vom nerdigen Jazz-Freakshow-Fanatiker, der Thundercat vor fünf Jahren noch war, ist spätestens nach diesem Song nicht mehr viel übrig. Gemeinsam mit den beiden Experten Michael McDonald und Kerry Loggins avanciert der Brainfeeder-Veteran hier zum stylischen Soul-Musiker mit reichlich Charme und klaglichem Sex-Appeal. Über eine erotische Synth-Melodie und wunderbar sensibles Schlagzeugspiel falsettiert er hier als Sänger eine fantastische Rotlicht-Ballade, die für seine kommende LP genau die Punkte absteckt, die ich ganz unbedingt von ihm hören wollte. Was mir dabei vielleicht ein bisschen fehlt, ist sein abgefahrenes Bassspiel, aber das wäre hier auch irgendwie fehl am Platz gewesen und auf dem fertigen Album gibt es davon gewiss noch mehr als genug.

SLOWDIVE
Star Roving

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22 Jahre sind seit dem letzten musikalischen Lebenszeichen von Slowdive vergangen und gleich mit dem einen neuen Song, den sie veröffentlichen zeigt sich, dass sie in Sachen qualitativ hochwertiger Shoegaze nach wie vor unfickbar sind. Klar klingt das bei ihnen noch immer ein bisschen Neunziger und bringt wenig neues, aber fürs erste ist genau das richtig geil. Fast sechs Minuten psychedelisches Geschwurbel mit Halbschlaf-Vocals und ordentlich Reverb auf allem ist nach wie vor das Rezept, mich dem die Schotten mich absolut glücklich machen können und bei all dem New-, Black-, und Elektrogaze finde ich die klassische Formel zur Abwechslung ziemlich erfrischend.

SAMPHA
(No One Knows Me) Like the Piano
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Bisher war Sampha für mich nie mehr als das lästige Vokal-Anhängsel langweiliger Elektro-Produzenten, die selber nicht singen konnten, aber was der Kerl an Solosachen schreibt, ist überraschend genial. Ich hatte zunächst fest damit gerechnet, diesen Song zu hassen, weil er eben so heißt wie er heißt und weil ich das alles ja nicht wusste. Tatsächlich ist das hier aber eine echte Gänsehaut-Nummer, die das gefährliche Territorium der Klavierballaden äußerst kühn bezwingt und obendrein noch einen echten inhaltlichen Hammer drauf packt. Es wird schwer sein, so einem Einstand auf einem eventuellen Album zu begegnen, aber Sampha hat mich schließlich schon einmal überrascht.

BONOBO FEAT. RICK MURPHY
No Reason
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Weder Rick Murphy (für die Nappel: Chet Faker) noch Bonobo waren bisher Künstler, die von meiner Seite große Beachtung bekamen, doch dass sie einen Hit wie diesen auf dem Kasten hätten, hätte ich nicht zu bezweifeln gewagt. Beide sind Meister des melodischen und des hippen Indie-Sad Boy-Charmes, das haben sie ausreichend oft gezeigt. Der Vorteil dieses Songs über so viele Radiotöter ist allerdings, dass er trotzdem noch genug Fleisch hat, um nicht an seiner eigenen Leichtigkeit zu ersticken und im Grunde genommen sogar das Potenzial für einen ziemlich tanzbaren Remix hergibt. Abgesehen davon ist es der beste Track auf dem neuen Album von Bonobo. Und der einzige, der vielleicht tatsächlich mal im Radio gespielt wird.

AUSTRA
Future Politics
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Ob Future Politics tatsächlich so ein gesellschaftskritischer und philosophischer Song ist, wie Katie Stelmanis behauptet, sei jetzt mal dahingestellt. Denn vor allem hat das Ding eine richtig coole Hook, die mir bereits seit letzter Woche unablässig im Hirn spukt. Allein das zu erreichen, ist schonmal ein gewaltiger Schritt für die KanadierInnen von Austra und sollte definitiv gewürdigt werden. Auf ihrem neuen Longplayer ist es zwar nicht der einzige Track, der ziemlich catchy ist, doch ganz bestimmt der meiste und der, der als kräftigstes Symbol für die neue Coolness dieser Band steht. Was allerdings nicht für das Video gilt, welches eines der peinlichsten sein dürfte, die ich dieses Jahr bisher gesehen habe. Nicht ansehen!

ME NOT YOU
Relief

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Schrabbelige Riot-Grrrl-Indiebands mag ich spätestens seit Hop Along und mit Me Not You scheint mir eines der Newcomer-Talente des neuen Jahres ins Netz gegangen zu sein. Die Single Relief ist die perfekte Schnittmenge zwischen kuscheligem Pop-Appeal und rotziger Garagen-Attitüde. Das klangliche Erlebnis erinnert dabei ebenso sehr an Sonic Youth wie an Carla Bruni und glänzt kompositorisch nicht nur mit seiner passionierten Hook. Viel hat man von diesem jungen Duo noch nicht gehört, aber was da kommt, könnte durchaus spannend werden. Nicht nur, weil die Band offiziell von Stereogum gefeatured wird.

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