Freitag, 20. Januar 2017

Basteltipps mit Billy

Ich will hier überhaupt keine wilden Prognosen aufstellen, aber der Januar dieses frischen Jahres scheint eine wahre Schatzkammer für großartige Ambient-Releases zu sein. Nachdem bereits vor drei Wochen Altmeister Brian Eno mit Reflection gehörig vorlegte (siehe hier), erschienen heute gleich zwei weitere potenzielle Highlights aus dieser Richtung: Zum einen die von mir bereits sehnsüchtig erwartete neue LP von Kid Koala und Emìliana Torrini, zu der ich in wenigen Tagen hoffentlich einige Worte loswerden kann, zum anderen A Shadow in Time von William Basinski. Der Name des Texaners reicht mittlerweile in Fachkreisen aus, um für aufgeregtes Raunen und große Hoffnungen zu sorgen, hat er doch mit dem vierteiligen Disintegration Loops-Projekt eines der Standardwerke der Minimal Music im 21. Jahrhundert aufgenommen. Als Loopdigger der Ambient-Szene hat er einen mittlerweile fast unantastbaren Status, abgesehen davon jedoch ist er bisher recht wenig aufgefallen. In den letzten Jahren hat Basinski zwar regelmäßig neues Material veröffentlicht, das jedoch von vielen Schreibern, inklusive mir, häufig ignoriert wurde. Es liegt meiner Meinung nach an der im letzten Jahr erneut aufgekommenen Aufmerksamkeit für seine Person und einer vorsichtigen Einstufung der Disintegration Loops als klassische Alben, dass nun plötzlich alle dieses neue Projekt hören wollen. Auch ich mache hier gerade nichts anderes, als auf einen aktuellen Hypetrain aufzuspringen. Aber es ist ein Sprung, der sich durchaus lohnt. Ich hatte hier damit gerechnet, hier ein sehr zurückgenommenes, sphärisches Klangerlebnis zu hören, doch zu meiner Überraschung hört man den Künstler auf A Shadow in Time vor allem als Instrumentalisten und Tüftler. Auf beiden Tracks ist ein von Basinski selbst erfundener Synthesizer namens Voyetra 8 zu hören, der einen überraschen organischen, orchestralen Sound fabriziert. Stellenweise erinnert die Ästhetik des Geräts sehr an die Streicher-Drones bei Sigur Rós oder noch eher an Jónsis Album Riceboy Sleeps (was ja aber eh keiner kennt). Zusätzlich erlebt man in der ersten Hälfte den Texaner auch als Saxofonisten, der ein paar wilde Free-Jazz-Jams über die wogenden Klangflächen kleckert. Produziert ist das ganze sehr eindrücklich und schwer, was aber der kompositorischen Schwerelosigkeit kein bisschen im Weg steht. Einzig das Saxofon in For David Robert Jones (das im übrigen auch David Bowie gewidmet ist) klingt mitunter etwas plärrig. Dafür ist das verhuschte Piano am Ende des Titeltracks umso schöner geworden. Insgesamt erleben wir hier ein sehr gutes und stimmiges Album, das William Basinski sicherlich realistsischer in Szene setzt als es Disintegration Loops getan hat, das aber bei weitem auch nicht so spektakulär ist. Ich hatte zwar auch nicht erwartet, dass ich hier, nachdem ich mich jahrelang nicht für diesen Musiker interessiert habe, direkt einen neuen Klassiker vorgesetzt bekomme, doch am Ende ist das hier vielleicht doch ein bisschen zu generisch. Besser als ein Großteil der Ambient-Szene ist es dennoch und dafür haben wir ja bereits mit diesem Namen quasi eine Garantie. Meckern sollte man deshalb also eigentlich nicht. Aber es liegt nun mal in meiner Natur, es doch zu tun.





Persönliche Highlights: For David Robert Jones / A Shadow in Time

Nicht mein Fall: -

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