Donnerstag, 5. Januar 2017

Solange die Hook stimmt

Der Grund, warum ich Run the Jewels in den letzten drei bis vier Jahren so sympathisch fand, hat eigentlich wenig mit ihrer Musik zu tun. Es liegt eher daran, dass sie anscheinend ein paar echt angenehme Typen sind. Immer, wenn man El-P und Killer Mike in irgendwelchen, teilweise ziemlich absurden, Video- und TV-Formaten sieht, muss man über die Coolness dieser zwei Rapper staunen und über ihren Aktivismus ebenso. Ob bei inspririerenden Anti-Gewalt-Ansagen auf ihren Konzerten, als Kummerkasten für sexuell verwirrte Teenager oder Wahlkampfhelfer für Bernie Sanders: Run the Jewels machen stets einen guten Eindruck. Und wo man sich über ihre Tatkräftigkeit in dieser Hinsicht wirklich nicht streiten kann, muss ich zu ihrer Musik doch leider eine eher unpopüläre Meinung äußern. Bereits seit ihrem Debüt vor drei Jahren empfinde ich ihre Projekte zwar schon ziemlich gelungen, aber eben auch nicht als so genial wie sehr viele Musikfans sie darstellen. Die bisherigen zwei Platten waren nicht schlecht, doch hatte ich auch immer irgendetwas daran zu nörgeln. So war die erste LP zwar ein lyrisches Meisterwerk und ein perfekter Schlagabtausch der beiden Parteien, die Beats dafür reichlich albern und etwas zu lahm produziert. Beim nächsten Mal war zwar die Produktion fetter und schnittiger, dafür waren aber die Texte äußerst einseitig und diverse grottige Features versauten den guten Gesamteindruck. Den großen Hype um die Band verstand ich deshalb nur bedingt. Weil Run the Jewels aber augenscheinlich coole Leute sind und an sich auch talentierte Rapper, würde ich mir ein tolles Album von ihnen auch wirklich mal wünschen. Und RTJ 3 kommt dem bisher wahrscheinlich am nächsten. Bereits die zuvor veröffentlichten Singles 2100, Talk to Me und Legend Has It machten auf mich einen sehr soliden Eindruck und machten einige Hoffnungen auf mehr. Und die fertige Platte zeigt das Duo nun tatsächlich in seiner bisherigen Höchstform. Diese Aussage sollte man allerdings nicht überbewerten, bedeutet es doch lediglich, dass die beiden ihre bereits bekannten Stärken hier endlich auch optimal einsetzen und die bestmöglichen Songs daraus machen. El-Ps Beats hier sind überraschend oldschool und Grime-inspririert, aber ohne Frage großartige Banger und dabei auch nicht gerade unkreativ. Inhaltlich stehen zwar vor allem wieder Run the Jewels selbst im Mittelpunkt und lyrische Songs bleiben eher die Ausnahme, doch ist die ewige Angeberei hier wieder wesentlich schicker umgesetzt als auf dem Vorgänger und fabriziert wenigstens gute Punchlines. Und so lange die Hook stimmt, passt das schon irgendwie. Eine nach wie vor spannende Sache ist das Thema Features. Die Gäste auf RTJ3 sind wie bereits auf dem Vorgänger vorzugsweise riskante Kandidaten wie Tunde Adebimpe von TV On the Radio, Boots oder Kamasi Washington, die Tracks zwar spannend, aber auch geschmacklich grenzwertig machen können und hier meistens auch beides tun. Es werden gerade Stücke wie 2100, Down oder Thieves! sein, an denen sich viele aufreiben werden, eine ziemlich safe Strophe von Danny Brown in Hey Kids (Bumaye) wird das wohl kaum schaffen. Aber wenigstens nicht wieder Zach de la Rocha. Wenn man mich fragt, gefallen mir Run the Jewels zwar noch immer am besten, wenn sie straighten HipHop ohne Crossover-Ambitionen spielen, aber dass sie sich auch woanders umsehen, sollte man theoretisch nicht verurteilen. Und so oder so macht es nach wie vor Spaß, ihnen zuzuhören. RTJ3 ist qualitativ kein Riesenschritt im Vergleich zu den letzten beiden Platten und man merkt den Unterschied wahrscheinlich nur, wenn man sich alle sehr genau angehört hat. Ich mag die neue LP, zu meinen Helden werden El-P und Killer Mike deswegen aber trotzdem nicht. Zumindest nicht als Rapper, denn als Menschen sind sie das ja schon lange.




Persönliche Highlights: Talk to Me / Legend Has It / Call Ticketron / Hey Kids (Bumaye) / Don't Get Captured / 2100 / Panther Like A Panther / Thursday in the Danger Room

Nicht mein Fall: Down / Thieves

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