Sonntag, 29. Januar 2017

Weißes Plätschern (ft. Malische Popmusik 101)

Ich habe mich bisher relativ selten dazu hinreißen lassen, über afrikanische Folk-Musik ganz allgemein, geschweige denn über malische Musik zu schreiben und muss zugeben, dass die Sache jetzt, wo ich es endlich tue, ein ziemlich heißes Eisen ist. Ich möchte mir bei diesem Post sehr große Mühe geben, nicht zu wirken wie ein blasierter, weißer europäischer Blog-Scheißer, der sich an der "Exotik" und "Originalität" afrikanischer Popmusik aufgeilt, nur weil er diese nicht versteht. Es ist jedoch absolut offensichtlich, dass ich keine Ahnung von der Szene in Mali habe und das einzige, was ich davon kenne, die Gastbeiträge und inspirativen Verwurstungen eines Damon Albarn sind. Dabei ist das nordwestafrikanische Land historisch gesehen alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Bekannte Interpreten wie Ali Farka Touré oder Tinariwen sind bereits seit Jahrzehnten aktiv und auch hierzulande bekannt und beliebt, nur haftet dem ganzen noch immer sehr das ekelhafte Label "Weltmusik" an, weil der Stil dieser bestimmten Szene eben nach wie vor relativ traditionell beeinflusst ist. Das großartige an Mali ist ja gerade, dass westliche Einflüsse hier nur sehr subtil stattgefunden haben und sich hier eine Art von moderner Popmusik entwickeln konnte, die mehr oder weniger unabhängig von eurozentrischen Maßstäben existiert. Aber sowas verstört uns blöde, verwöhnte Konsumenten eben und deshalb verklappen wir die erste LP-Veröffentlichung von Awa Poulo hierzulande auch auf ein Label, das sich plakativ Awesome Tapes From Africa nennt und freuen uns über unsere eigene Weltoffenheit, ohne Poulo Warali einfach mal als das anzuerkennen, was es am Ende ist: Ein ziemlich gutes Album. Mit einer überschaubaren Backing-Band mit Gitarre, seichter Percussion und Flöten schafft die junge Sängerin hier wunderbar chilliges, entspanntes und dennoch erfrischendes Projekt, das irgendwo zwischen spritzigem Jazz und Afrobeat stattfindet. In etwas mehr als einer halben Stunde werden hier acht drei- bis fünfminütige Songs geboten, die in Sachen Songwriting trotz ihrer offenen Struktur sehr catchy geraten sind. Da gibt es das ziemlich flotte und hibbelige Djulau, das mit verzerrten Gitarren angereicherte Mido Yirima, das schlacksige Noumou Foli und so weiter und so fort. Eigentlich funktioniert hier so gut wie jeder Track nach einem ähnlichen Prinzip und obwohl das bedeutet, dass alle davon erstmal Spaß machen, fehlen mir hier doch an einigen Stellen die Highlights. Wenn beispielsweise am Anfang von Mido Yirima die sehr bluesige Klampfe losprescht, wird man erstmal hellhörig, doch innerhalb von Sekunden geht diese wieder im plätschernden Gesamtklang unter. So klingt das Ergebnis zwar stimmig und aus einem Guss, aber irgendwie auch generisch und ein bisschen langweilig. Man kann fast nicht anders, als die Platte nebenbei laufen und sich damit berieseln zu lassen, was für jemanden wie mich eigentlich den Tod bedeutet. Vor allem, weil es die tollen Melodien und Techniken hier durchaus gibt, man nur eben sehr gut hinhören muss, um sie zu entdecken. Daran trägt auch die Produktion mit Schuld, die etwas dünn und labberig daher kommt. Ich kann Poulo Warali trotzdem empfehlen, aber eben unter Vorbehalt. Wer hier ein Interesse für die Szene an sich erkennt, aber mal einen Musiker mit Charakter hören will, für den ist in meinen Augen Ali Farka Touré noch immer die beste Empfehlung. Das hier ist auch für mich wahrscheinlich nicht mehr als eine Einstiegsdroge.





Persönliche Highlights: Dimo Yaou Tata / Djulau / Djara Willam / Mido Yirima / Noumou Foli / Polou Hoto Ngari / Poulo Warali / Sidy Modibo

Nicht mein Fall: -

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