Sonntag, 8. Januar 2017

Die EP danach

Es ist heute genau ein Jahr her, dass David Bowie sein nunmehr wahrhaftig letztes Album Blackstar veröffentlichte, dem nur drei Tage später der Tod des Künstlers folgte. Über alle Facetten dieses letzten Albums und natürlich über ihn selbst wurde während dieser vergangenen 365 Tage lang und breit duskutiert und dabei mehr oder weniger einstimmig beschlossen, dass der Tausendsassa der britischen Popmusik mit seinem Schwanengesang noch einmal eines seiner unumstößlichen Meisterwerke verfasst hatte. Auch ich empfand Blackstar als eines seiner besten Projekte überhaupt und war deshalb einigermaßen aufgeregt, als zum siebzigsten Geburtstag Bowies diese EP mit einigen Outtakes der Platte erschien. Allein die Tatsache, dass hinter dem Werk, das die Karriere des Musikers noch einmal ordentlich befeuert hätte haben können ist unheimlich spannend und auch wenn bloß drei davon letztendlich hier zu hören sind, so zeigen sie doch ungemein eindrücklich den Facettenreichtum ihres Schöpfers. Dass die EP mit dem Song Lazarus, meinem Lieblingsstück auf Blackstar, beginnt, wirkt im ersten Moment vielleicht etwas überflüssig, doch der Track sorgt hier auf jeden Fall noch einmal für die richtige Stimmung. Besonders interessant ist, dass er im Kontext des letzten Albums immer sehr düster und deprimiert auf mich wirkte, unter diesen neuen Nummern jedoch einen von mir bisher unerkannten feierlichen Charakter aufzeigt. Ich habe keine Ahnung, ob in dieser Version irgendetwas anders gemischt oder gemastert wurde (an sich unterscheiden sich die LP- und die EP-Ausführung lediglich um zwei Sekunden Spieldauer), doch sie erhält hier irgendwie einen anderen Vibe. Die danach folgende Single-Auskopplung No Plan ist da schon wieder sehr tragisch angehaucht. Das an die frühe Zweitausender-Phase von Radiohead erinnernde Stück ist jedoch entgegen aller meiner Erwartungen noch einmal ein richtig fantastischer Song, von dem ich wünschte, er hätte es vor einem Jahr auf die Album-Tracklist geschafft. Wie unglaublich weich die Instrumente hier einfach mal ineinander gleiten und die gebrochene Stimme des Sängers untermalen ist unglaublich und es funktioniert hier stellenweise besser als auf einigen Cuts, die am Ende tatsächlich auf der LP sind. Außerdem untermauert No Plan meinen Standpunkt, dass Bowie erst zu Ende seiner Karriere so richtig großartige Texte geschrieben hat. Aber wo dieser Take auf jeden Fall Lust auf mehr macht, kann man das von den restlichen zweien nicht wirklich sagen. Killing A Little Time scheint der Versuch von Bowie zu sein, einen Heavy Metal-Track zu intonieren, was zu meinem großen Bedauern katastrophal schief läuft und der Closer When I Met You, der ein bisschen wie ein sehr schlechtes Stück aus seiner Berlin-Phase klingt, ist sogar noch ein bisschen schlimmer. Manchmal ist es eben auch okay, wenn Aufnahmen unveröffentlicht bleiben. Aber wenngleich hier nicht alles total super klingt und mitunter auch so richtig beschissen, so ist diese EP doch im mindesten dafür gut, einen Einblick in die Arbeitsphase dieses tollen Albums Blackstar zu bieten und erahnen zu lassen, wie Bowie dessen Stil gefunden hat. Eigentlich bin ich auch sehr froh darüber, dass hier nicht die gigantische B-Seiten-und-Outtake-Compilation kein Jahr nach dem Ableben des Künstlers auf den Tisch gepackt wurde, sondern eher ein dezenter Winker, um noch einmal das Genie seiner letzten Aufnahmen nachhallen zu lassen. Richtig das Erbe großer Popstars verwalten - Columbia zeigt, wie es geht.





Persönliche Highlights: Lazarus / No Plan

Nicht mein Fall: Killing A Little Time / When I Met You

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