Dienstag, 31. Januar 2017

Das Recht auf Langeweile

Es ist schon eine traurige Angelegenheit, dass tatsächlich wieder so viel Zeit ins Land gegangen ist und man Leute mittlerweile daran erinnern muss, dass Cloud Nothings für einen kurzen Moment mal eine der spannendsten Rockbands des Universums waren. Dass es ein temporäres Fenster in der Geschichte gab, in dem es nicht unglaublich langweilig war, dieser Band zuzuhören und man ohne Scheiß dachte, das würde alles noch sehr lange so weiter gehen. Ich spreche hier genauer gesagt vom Frühjahr 2012, als ich gerade mit diesem Format anfing, noch keinen Plan von garnichts hatte und mir eine Platte mit dem Namen Attack On Memory die Synapsen wegpustete. Ich mochte das Album damals, weil es mich an eine Mischung aus den späten Nirvana und den frühen Strokes erinnerte und weil ich damals dachte, hier unglaublich gebildete Musik zu hören. Doch abgesehen von mir waren auch alle anderen davon begeistert und auch sie hatten ihre Gründe. Zum Beispiel, dass der bis dato als talentloser Kinderstar geschmähte Dylan Baldi plötzlich mit so einem Brett um die Ecke kam. Dass niemand geringeres als Steve Albini selbiges produziert hatte. Und natürlich, dass dieser Junge mit seinen Kollegen Emorock wieder salonfähig machte (rückblickend eine sehr folgenschwere Facette der LP). Wer sich für sehr gut gemachte moderne Rockmusik interessiert, dem kann ich auch fünf Jahre später noch wärmstens diese Platte ans Herz legen und kann ihm noch dazu dringend davon abraten, sich irgendetwas anderes von den Cloud Nothings anzuhören. Ich habe es mehrmals gemacht und bin jedes Mal wieder enttäuscht gewesen. Die beiden Alben vor Attack On Memory sind beide viel zu chaotisch und unbestimmt und zeigen, dass Baldi hier musikalisch noch nicht auf der Höhe war. Und was den bisher einen Longplayer danach angeht, Here and Nowhere Else von 2014, so ist er lediglich die immens schwächere Version seines Vorgängers. Man kann also getrost sagen, dass meine Vorfreude auf Life Without Sound sich durchaus in Grenzen hielt. Mit den ersten Singles stellte ich zwar durchaus fest, dass die Band hier wieder eine Veränderung anstrebte, diesmal eher in die Richtung melodischer Emorock, doch was sollte das bitte groß ändern? Im Optimalfall würde es Cloud Nothings höchstens das Recht einräumen, von nun an für immer langweilig zu klingen. Also was soll der Mist? Nachdem ich mir die fertige LP nun doch ausführlich zu Gemüte geführt habe, muss ich zugeben, dass besagter Optimalfall hier dann doch eingetreten ist und meine Erwartungen hier vielleicht sogar ein klein wenig übertroffen wurden. Das bedeutet allerdings noch lange nicht, dass Life Without Sound ein gutes Album wäre. Ja, die Band wirkt in diesem seichteren, melodischen Sound wieder glaubwürdiger und ja, Dylan Baldi kann nach wie vor gute Songs schreiben. Trotzdem ist es manchmal kriminell, diese Musiker hier so dermaßen zahm und unlebendig zu erleben. Auf den meisten Songs klingen sie wie das Klischee einer guten, erfolgreichen Indieband, die mittlerweile von einem arschigen Major-Deal dazu gezwungen wird, benutzerfreundlich langweilig zu sein. Nur mit dem Unterschied, dass dieses Album so wie jedes zuvor bei Wichita, einem rennomierten und schicken britischen Indielabel, erscheint und dass Cloud Nothing scheinbar aus freien Stücken so klingen wollen. Das ist besonders traurig in Momenten wie Darkened Rings oder Strange Year, in denen Baldi doch wieder wie einstmals losbrüllt, dabei aber so abgenutzt und schwach wirkt, als würde er die guten Tage von vor fünf Jahren heimlich am liebsten zurück holen. Ich für meinen Teil hätte absolut nichts dagegen und will das hier als nächsten Schritt nur sehr bedingt anerkennen. Die Band macht ihren Job hier einigermaßen okay und man erkennt, dass auch sie nicht in nostalgischer Anbetung verharren will. Doch sie hätte sich bei dieser Unternehmung ruhig etwas mehr Mühe geben können und mit Inbrunst zeigen können, dass es ein Leben nach Attack On Memory gibt. Auch wenn es niemals dasselbe sein wird.





Persönliche Highlights: Up to the Surface / Darkened Rings / Enter Entirely / Sight Unseen

Nicht mein Fall: Things Aren't Right With You / Modern Act / Strange Year

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