Freitag, 27. Januar 2017

Alors On Danse

Ich würde mich ein wenig scheuen, hier und heute über eine Platte von Vitalic zu schreiben, wenn das letzte Jahr nicht passiert wäre. 2016 hat mich, ob nun tatsächlich wieder hip oder nicht, erneut zum leidenschaftlichen French House-Fan werden lassen, der ich eigentlich aus guten Gründen seit Beginn dieser Dekade nicht mehr war. In der vergangenen Saison gab es ziemlich gute und vor allem hitlastige neue Platten von Leuten wie Justice oder M83, die bei mir für den einzigen Nostalgie-Flash sorgten, den man in meinem zarten Alter haben kann. Und umso mehr freute es mich zu hören, dass im Januar 2017 auch ein weiterer meiner Lieblings-Acts der Bewegung wieder aus der Versenkung aufersteht: Pascal Arbez-Nicolas, besser bekannt unter dem Namen Vitalic. Die meisten kennen den aus Dijon stammenden Produzenten sicher wegen seines einen großen Club-Hits, Poison Lips von 2009, aber in meinen Augen war er immer einer der coolsten Knöpfedreher innerhalb der französischen Szene und bis heute ist er der Hauptgrund, warum ich später angefangen habe, EDM zu hören. Doch auch bei jemandem wie ihm kann man nicht erwarten, dass er eine Pause von fünf Jahren, in denen sein Stil den kompletten Kreislauf von richtig uncool zu fast schon wieder vintage durchläuft, einfach so wegsteckt. Und deshalb macht er auf Voyager das, was gerade alle Stars des French House vor dem aussterben rettet: elektronische Pseudo-Retromanie. Wer vor vier Jahren Random Access Memories von Daft Punk und vor ein paar Monaten Junk von M83 mochte, wird sich hier mit Sicherheit wiederfinden und der ganze Rest des ahnungslosen Feier-Klientels bestimmt auch. Ich persönlich finde gar, dass Vitalic diese oldschoolige Neuausrichtung seines Sound mal wieder etwas besser gelingt als allen anderen. Voyager ist eine Platte voller Hits, die alle sowohl total nach den späten Siebzigern klingen als auch überhaupt nicht, die aber alle sofort in die Blutbahn übergehen. Schon die erste Single Waiting for the Stars begeisterte mich im Dezember des vergangenen Jahres ungemein und man kann getrost sagen, dass der Song hier in guter Gesellschaft ist. Schon das nicht mal zweiminütige Intro sorgt mit einem seltsam verzerrtem Gitarrenriff für interessiertes Staunen und fast alles was danach kommt ist ein Selbstläufer. Die Single an zweiter Stelle nimmt die Radio-Laufkundschaft mit, Levitation erinnert an die Heavy Metal-Einflüsse bei Justice, im kompletten Mittelteil muss man zweimal nachschauen, ob man nicht doch zufällig eine Giorgio Moroder-Platte laufen hat und ganz zum Schluss gibt es mit Don't Leave Me Now noch eine ziemlich coole Elektro-Soul-Nummer. Einzig das etwas stumpf und schlagerig geratene Sweet Cigarette ist ein kurzer Zwischenausfall. Voyager ist am Ende des Tages auch alles andere als ein intelligentes oder reifes Album, aber das will es auch gar nicht sein. Zu diesen Songs soll man tanzen gehen, schnell Auto fahren und auch mal nicht so viel nachdenken. Diese Songs sind guter Elektropop für eine Mainstream-Kundschaft, weshalb auch Sperenzchen wie LP-Gesamtklang oder textliche Tiefe eher zweitrangig sind. Wichtig ist, dass die Platte Spaß macht und dieser Prämisse wird sie in fast jeder Sekunde gerecht. Und dann ist es auch egal, ob dieser Sound vor vierzig oder vor zehn Jahren cool war oder es gerade jetzt ist. Man macht einfach mit. So wie das bei Vitalic eigentlich schon immer war.





Persönliche Highlights: El Viaje / Waiting for the Stars / Hans is Driving / Use It or Lose It / Lightspeed / Nozomi

Nicht mein Fall: Sweet Cigarette

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