Freitag, 13. Januar 2017

Triple X

Um ehrlich zu sein, habe ich mit the XX immer ein kleines bisschen Mitleid gehabt. Auf der einen Seite sind die drei Briten eine der erfolgreichsten und rennomiertesten Indiebands dieses Jahrzehnts, die auch im Maisntream ordentlich abräumen und bisher zwei Alben veröffentlicht haben, die für meine Generation mehr oder weniger prägend waren. Andererseits muss sich die Band diese Aufmerksamkeit auch immer wieder verdienen, weil ihre Musik relativ schnell altert. Würde das Trio heute eine Platte wie ihr Debüt von 2009 herausbringen, wäre das Geschrei sehr schnell groß und auch ihr zweiter Longplayer Coexist von 2012 scheint dieser Tage extrem veraltet. Dass für Album Nummer drei mal wieder eine komplette Neuorientierung der Band her musste, war also bereits vor Jahren klar. Aber zum Glück gab es in der Zwischenzeit In Colour. Das 2015 veröffentlichte Solo-Debüt von Produzent Jamie XX setzte der gleichermaßen gefeierten wie verteufelten lethargischen Melancholie der XX-Platten ein paar dick aufgetragene Partysongs entgegen, die den Stil, den die Briten so felsenfest vertreten in eine völlig neue Richtung brachte und große Hoffnungen machte, dass ein neues Band-Projekt durchaus richtig unterhaltsam werden könnte. Und Ansätze dafür sind hier auf jeden Fall zu hören. Gleich der erste Track Dangerous beginnt mit einer plärrigen Trompete und einem verhältnismäßig zackigen Beat und steht für die offensichtlichen Veränderungen: Noch mehr Instrumente, angezogenes Tempo, auf Kuschelkurs mit Clubmusik. In diesem Song und dem nachfolgenden Say Something Loving funktioniert diese Strategie auch ganz gut. Hier staunt man über das ein oder andere neue Element und freut sich darüber, dass the XX trotzdem noch viel ihres ursprünglichen Charakters erhalten haben. Und weil man ja weiß, dass diese Band so etwas kann, denkt man aber auch, dass es von nun an so weiter geht. Aber kaum hat man diesen Gedanken gefasst, fällt die Platte mit Songs wie Lips und Performance wieder in alte Gewohnheiten zurück. Der gesamte Mittelteil ist sehr konservativ gehalten, aber besonders diese beiden Songs erinnern böse an das uralte Debüt. In Replica versuchen the XX noch dazu, uns den bereits auf dem Vorgänger verwendeten Trick mit der Steeldrum noch einmal als originell zu verkaufen und trotz einigen eingestreuten exotischen Instrumenten kann von Neuorientierung keine Rede sein. Zum Schluss hin werden dann zwar mit dem ziemlich an das Album von Jamie erinnernden On Hold und dem Radio-Standard I Dare You noch Versuche unternommen, die Situation etwas abzufedern, songwriterisch gut sind diese aber auch nicht. Und was der Closer Test Me dann eigentlich noch soll, ist mir absolut schleierhaft. Was also so verheißungsvoll anfing, endet hier im bisher vielleicht schwächsten Album von the XX. Das ist deshalb besonders frustrierend, weil der Weg nach In Colour eigentlich so einfach gewesen wäre. Ein paar mehr Impulse aus diesem Projekt hätten I See You echt weitergeholfen, zumal die, die es tatsächlich gibt, zumeist genau das tun. Nur lässt es sich diese Band scheinbar nicht nehmen, hier nach wie vor ihren üblichen Stiefel zu spielen, der spätestens jetzt nur noch sterbenslangweilig ist. Ich hatte nie daran geglaubt, dass der Sound der Briten prinzipiell zum Scheitern verurteilt ist, aber wenn es natürlich so forciert wird, haben sie eben Pech gehabt.





Persönliche Highlights: Dangerous / Say Something Loving / Brave for You

Nicht mein Fall: Lips / Performance / On Hold / Test Me

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