Freitag, 3. April 2020

Der Sänger von Rihanna

[ schmachtend | melancholisch | unterkühlt ]

Ich muss zugeben, ich habe mir in den letzten Jahren ein einigermaßen doofes Narrativ angewöhnt, in dem der Name Partynextdoor immer ein bisschen als Strohmann für das Phänomen furchtbar langweiliger R'n'B-Acts steht, das in der Pop-Landschaft seit etlichen Jahren grassiert. Und ja, dieses ist auch durchaus ein bisschen verdient. Als der Mann fürs softe in Drakes handverlesenem OVO-Kader war Jahron Brathwaite schon seit langem ein bisschen die lahmere Version seines Vorgesetzten, der für genau die tranige, schmalzige und einschläfernde Variante von Sensibilitäts-Schnulzen verantwortlich war, die sich seit ungefähr 2016 jede Menge Künstler*innen als Blaupause nahmen. In dieser Funktion war er auch wesentlicher Kollaborateur des berüchtigten If You're Reading This it's Too Late-Mixtapes und ständig der Hintermann für seichte Beats bei allen Leuten von Kanye West bis Calvin Harris. Doch hatte ich bei all meinem Spott über seine Musik nie so richtig die Eier, darüber auch mal einen eigenständigen Artikel zu schreiben schreiben, obwohl mittlerweile auch schon drei Alben von ihm selbst erschienen. Wobei man ehrlich gesagt erst bei diesem hier wirklich das Gefühl hat, dass sich auch wirklich jemand dafür interessiert. Große Wellen machte das Release von Partymobile letzte Woche vor allem desahalb, weil klar wurde, dass es auf dem Album einen der extrem rar gesäten Gastparts von niemand geringerem als Rihanna geben würde, die traditionell nur sehr handverlesene Kollaborationen eingeht. Die besagte Single Believe Me sorgte dementsprechend auch für ein ziemliches Aufsehen im Internet, allerdings PR-technisch auf eine eher ungünstige Weise für den eigentlichen Hauptakteur. Denn die Beteiligung der karibischen Popdiva, die hier nicht mal eine ganze Strophe hat, sorgte vor allem dafür, dass die Leute über Rihanna redeten, wobei einige fälschlicherweise sogar glaubten, hier die Leadsingle ihrer neuen LP zu hören. Ziemlich blöd gelaufen für einen eigentlich so sicheren Promo-Move, letztendlich aber auch halb so wild, weil man sich die dazugehörige (echte) Platte sowieso schenken kann. Es ist fast ein bisschen lächerlich, wie sehr Partynextdoor auf diesen 14 Tracks so ziemlich jedes existierende Klischee über zeitgenössischen R'n'B triggert und faszinierend, mit welcher Souveränität er dabei scheitert. Partymobile ist ein unfassbar langatmiges und ausgedehntes, aber dabei immens monotones Stück Musik, dessen Hauptfokus schmalzige Songs über Eifersucht und Einsamkeit mit einer Prise Fuckboy-Attitüde sind. Wo das aber lediglich eine Dummheit ist, die in der R'n'B-Bubble die meisten Leute machen, sind es die peinlichen Dancehall-Einflüsse, die wirklich den Vogel abschießen. In fast jedem Track läuft im Hintergrund der gleiche shufflige Trap-Beat mit schlecht geklauten Karibik-Vibe, der kollossal nervt und gelegentlich kommen dann noch so Momente wie Brathwaites Ini Kamoze-Abklatsch in Turn Up dazu, die die Sache einfach komplett gegen den Baum fahren. Es gibt dazwischen auch ein paar Lichtblicke wie das ganz schmissige Trauma, das an Future erinnernde Showing You oder den epochalen Closer Savage Anthem, doch auch diese Momente sind meistens nicht wirklich originell oder gut geschrieben, nur etwas spannender als der große Rest. Und im großen und ganzen machen auch sie die Suppe hier nicht mehr fett, da die Masse an drögem, furchtbarem Crooning-Matsch einfach zu undurchdringlich ist. Die 56 Minuten hier fühlen sich an wie mindestens zwei Stunden, Jahron Brathwaite ist ein lausiger Texter und Sänger und die Musik ist ebenfalls mehr oder weniger komplett belanglos. Und im übrigen: Rihanna hilft der ganzen Sache genauso wenig wie das zweite prominente Feature von Drake, denn beide sind ehrlich gesagt ziemlich grottig und heben sich kaum von der lahmarschigen Oberfläche ab. Was auf so einem Album dann schon fast wieder eine beachtliche Leistung ist, weil eigentlich alles interessanter klingen müsste als die Songs von Brathwaite. Und leider ist mein Fazit diesbazüglich auch das sehr unschöne Resultat, dass mein Branding von Partynextdoor als schleimiger Stromlinien-Soul vielleicht nicht besonders nett war, letztendlich aber auch nicht ungerechtfertigt. Denn wenn das hier seine bisher beste Platte sein soll, bin ich tatsächlich ganz froh, ihn bisher ignoriert zu haben.



Hat was von
the Weeknd
Starboy

Drake
Nothing Was the Same

Persönliche Höhepunkte
Touch Me | Trauma | Showing You | Savage Anthem

Nicht mein Fall
Turn Up | the News | Split Decision | Loyal | Believe It | Never Again | PGT | Another Day


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