Mittwoch, 24. Oktober 2018

Der Mann mit dem Koks ist da





















Ich muss zu meinem großen Unbehagen gestehen, dass ich es bis heute nicht geschafft habe, so richtig Anschluss an den ganzen 187-Zug zu bekommen, der ja nun immerhin schon seit geraumer Zeit den deutschsprachigen Poprap uneingeschränkt dominiert. Die Musik der vier Hamburger Rapper hört man überall, regelmäßig ist die Crew mit mehreren Songs in den Singlecharts vertreten, Stand 2018 klingt jede*r zweite Hiphop-Künstler*in in Deutschland nach ihnen und wer sich über den kulturellen Impact dieser Jungs trotzdem noch im unklaren ist, braucht bloß mal die Tags an der nächsten Bushaltestelle zu checken. Nichtsdestotrotz hat es lange gedauert, bis auch ich mich endlich dazu herabließ, mich im Rahmen dieses Formats damit zu beschäftigen. Vielleicht liegt es daran, dass ich so ein beknackter Gymnasiast bin oder weil das Thema Deutschrap sowieso gerade ein bisschen ein heißes Eisen ist, aber faktisch ist meine erste Besprechung eines Longplayers aus dem 187-Kosmos vom Juni diesen Jahres. Im Klartext heißt das vor allem, dass ich an einem Punkt mit der ganzen Sache anfange, an dem der ganz große Hype eigentlich schon lange vorbei ist. Die großen Platten wie Ebbe & Flut, die gesamten Label-Sampler und insbesondere der erste Teil von Palmen aus Plastik sind eine ganze Weile her und bei den Akteuren selbst geht es inzwischen darum, aus dieser temporären Aufmerksamkeit eine nachhaltig funktionierende Mainstream-Karriere zu machen. Und auf diesem Weg ist nach Compilations und Solo-Spinoffs diese LP hier der nächste große Schritt. Denn nicht nur ist Palmen aus Plastik 2 die direkte Fortsetzung der bisher wichtigsten Platte von Bonez MC & RAF Camora, sondern als solche auch konsequenter als es scheint. Dass die 187-Crew Serien-Releases mag, ist auch mir schon lange klar und nachdem mit High & Hungrig auch die ersten beiden Kollabo-Alben dieser beiden MCs zwei Teile hatten, bedeutet das PAP-Franchise nicht weniger, als dass sie an ihrer Sache dran bleiben. Und das bedeutet in diesem Fall vor allem auch klangliche Weiterentwicklung. Nachdem bereits der Vorgänger sich mit seinen sommerlich-melodischen Trap-Sounds deutlich von der härteren Gangart der sonstigen Veröffentlichungen abhob, schlägt Teil Zwei nun noch deutlicher diesen Weg ein. Die Frage, wieviel hier noch Afro-Trap und wieviel schon Neo-Dancehall beziehungsweise Mallorca-Schlager ist, kann man am Ende individuell selbst entscheiden, doch bis auf vereinzelte Banger ist das hier Sound-technisch eher ein smoothes Album. Textlich kann man das natürlich schon weniger behaupten. PAP2 ist wie schon alles zuvor geprägt vom typischen 187-Narrativ, das irgendwo zwischen Gangsterrap, Hedonismus und Automarken-Namedropping stattfindet und an sich nichts neues ist. Was mich hier allerdings positiv überrascht ist, dass die beiden es zumindest in groben Zügen schaffen, einzelne Songs thematisch abzutrennen. Zwar ist die Message noch immer ziemlich konstant, doch geht es nicht in jedem Track um das gleiche. Alien handelt von Fame-bedingter Paranoia, Risiko vom YOLO-Lifestyle, Krimineller vom hinderlichen Gangster-Image und Nummer unterdrückt, nun ja, von Problemen mit dem Handyvertrag. Innerhalb des Albums sorgt das für eine angenehme Vielfalt, die viele Vorgänger dieser LP nicht hatten und macht zwischen Realtalk und Spaß-Rap einen thematischen Spagat auf, den ich von 187 eigentlich nicht erwartet hätte. Und obgleich das alles heißt, dass ich von Bonez und RAF generell positiv überrascht bin, muss ich doch sagen, dass die ganze Sache an sich mir nach wie vor fremd ist. Dass die beiden ein ziemlich gutes Afro-Trap-Projekt machen, hält mich in keinster Weise von der Überzeugung ab, dass Afro-Trap generell eine blöde Idee war. Dass sie ihre Texte besser strukturieren, ändert nichts daran, dass diese ziemlich substanzlos, pubertär und ekelhaft sind. Und dass sie hier ihren Erfolg zementieren, macht nicht den scheußlichen Umstand wieder gut, dass besagter Erfolg überhaupt erst möglich war. Sicher gönne ich den Jungs ihre Lorbeeren, denn dahinter scheint tatsächlich harte Arbeit zu stecken. Doch glaube ich inzwischen immer mehr, dass sie in den letzten Jahren das schlimmste waren, was Deutschrap passiert ist. Palmen aus Plastik 2 ist definitiv eines der besten Alben aus dem gesamten 187-Universum, aber es ist eben trotzdem nicht gut. Und das erklärt vielleicht auch ein bisschen, wieso ich mit ihrer Musik so lange gebraucht habe.






Persönliche Highlights: 500 PS / Nummer unterdrückt / Kompanie / Prophezeit / Alien

Nicht mein Fall: Kokain / Krimineller

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