Mittwoch, 17. Oktober 2018

Schon okay





















Gäbe es sowas wie ein Wettbüro, bei dem man darauf setzen könnte, wie gut oder schlecht kommende Projekte von Musiker*innen werden, dann wären die Gewinnquoten für eine richtig gute LP von High On Fire ganz sicher nicht die besten. Denn dass ihre Platten gut werden, darauf kann man mittlerweile echt einiges in den Lostopf setzen. In den inzwischen schon fast 20 Jahren, in denen die Kalifornier Musik veröffentlichen, konnte man sich qualitativ schon immer komplett auf sie verlassen und gerade in den letzten zehn davon haben sie sich endgültig zu einer der großen Adressen im Bereich des Sludge entwickelt. Die beiden Longplayer die in dieser Zeit erschienen, De Vermis Mysteriis von 2012 und Luminiferous von 2015, dürften so ziemlich jeden Fan exzellent gearbeiteter und trotzdem gewaltiger und brutaler Metalmusik beflügeln und seien an dieser Stelle wärmstens empfohlen. Vielleicht sollte man sie auch erstmal hören, bevor man sich ohne Vorwarnung auf ihre neueste LP Electric Messiah stürzt, damit kein falscher Eindruck entsteht. Denn wenn man, egal ob Fan oder nicht, direkt hier entsteigt, könnte es möglicherweise sein, dass man von dieser Band das erste Mal in seinem Leben ein bisschen enttäuscht ist. Man muss jetzt nicht gleich Panik bekommen: Weder ist diese neue Platte bedeutend schwächer als ihre Vorgänger (sie ist sogar eigentlich nicht schlecht), noch muss man große stilistische Umstellungen hinnehmen. Und wenn man nicht so genau hinhört, dann ist Electric Messiah wahrscheinlich auch ein High On Fire-Projekt wie jedes andere. Erst wenn man etwas genauer hinhört und wirklich abwägt, was hier die Unterschiede zu den letzten Malen sind, merkt man, dass der Teufel im Detail steckt. Und dieser hört in diesem Fall nicht selten auf den Namen Sleep. Es ist reine Spekulation, aber es scheint, dass nach dem unlängst veröffentlichten Comeback-Album der Stoner-Legenden, aus deren Bongwasser High On Fire ja ursprünglich hervorgingen, auch sie wieder ein Stück weiter in Richtung Kifferrock rutschen. An sich ist das ja auch überhaupt kein Beinbruch, allerdings merkt man auch deutliche Veränderungen: Im Vergleich zu Luminiferous sind die Riffs nicht mehr ganz so scharf, das Tempo ist überall ein bisschen raus und die Qualität der Aufnahmen ist eine ganze Ecke schmutziger. Gleichzeitig will die Band aber nicht den ganzen Weg gehen und bindet nach wie vor großzügig Elemente aus Thrash-, Doom- und Heavy Metal ein, die das ganze ein bisschen ins Wanken bringen. Mit dem Effekt, dass Electric Messiah insgesamt deutlich weniger nach vorne geht. Tracks wie the Pallid Mask und House of Enlil spielen darüber hinaus noch mit komischen Songstrukturen herum, die nicht immer aufgehen. Klanglich hat die Platte dadurch das Problem, dass Matt Pikes Gesangsperformance häufig nicht zu den melodischen Parts passt und wer auch immer die Idee hatte, das Schlagzeug so pampig und klobig abzumischen, trägt mit Sicherheit die Hauptschuld am Scheitern einiger im Ansatz toller Ideen. All diese Makel sind durchaus nicht unauffällig, man kann aber auch in keinster Weise davon sprechen, dass sie die LP irgendwie ruinieren. Das Niveau, auf dem ich hier jammere, ist auf der Höhe einer der besten Sludge-Formationen der letzen 20 Jahre angelegt und dass hier einmal nicht jede einzelne hinhaut, ist mehr als verzeihlich. Zwar ist es ein kleiner Wermutstropfen, Electric Messiah nicht unter den Highlights von 2018 zu sehen (Es sei denn wir reden vom extrem gelungenen Artwork der Platte, das noch immer eine Chance auf die Liste hat!), doch dafür ist die Wahrscheinlichkeit, in drei Jahren dafür ein umso geileres Projekt von ihnen zu erleben, äußerst realistisch. Und selbst wenn das nichts wird haben die Kalifornier immer noch den vielleicht besten Backkatalog ihres Fachbereichs. Ein nur okayes Album von ihnen werden wir also überleben.






Persönliche Highlights: Electric Messiah / God of the Godless

Nicht mein Fall: the Witch & the Christ

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