Donnerstag, 4. Oktober 2018

Vitamin Beak





















Es ist eigentlich totaler Quatsch, Beak> noch immer als reines Nebenprojekt von Geoff Barrow aufzuzeigen, denn obgleich ein Künstler wie er scheinbar nie genug zu arbeiten hat und das hier bei weitem nicht seine erste Band war, ist sie doch das beständigste Format, in dem der Brite überhaupt Musik macht. In der Zeit seit 2008, als das letzte Album seiner eigentlichen "Hauptbeschäftigung" Portishead erschien, findet bei Beak> eine komplette Karriere Platz, inklusive zweier offizieller Longplayer und einer Soundtrack-Arbeit. Und da er sonst eher singuläre Sachen macht und künstlerische Wiederholung eher meidet, ist das hier als das Projekt, zu dem er immer wieder zurückkehrt, schon etwas besonderes. Zumal wir hier auch von einer Band sprechen, die zu den besten und kreativsten im modernen Progressive Rock zählen dürfte, was von vielen gerne unterschätzt wird. Sicher, ihr Ansatz ist ein kleines bisschen retro, aber eben nicht auf eine Weise, die sich jeglicher Originalität verweigert und dass es ihren Songs an Experimentierfreude fehlt, kann man weiß Gott nicht behaupten. Außerdem vestehen es diese drei Künstler, das wüsteste Zeug kompositorisch angenehm klingen zu lassen und ihrem fast gänzlich elektronischen Instrumentarium etwas zu entlocken, das ziemlich nach Rockmusik klingt. Schon ihr letztes Album >> überraschte mich vor sechs Jahren mit diesem Amalgam sehr und dass Beak> diesmal noch ein Stück weiter in diese Richtung gehen, war auf jeden Fall keine schlechte Entscheidung. Einfach gesagt könnte man >>> als eine Krautrock-Platte bezeichnen, weil sie mit sehr maschinellen Drum-Grooves, warmen Gitarrenflächen (zumindest klingt es nach Gitarre) und einem großen Faible für Repetition arbeitet. Und Gruppen wie Cluster, Harmonia und die frühen Kraftwerk sind definitiv Anschlusspunkte. Aber wie schon gesagt wird auf diesem Album dabei weniger kopiert als modifiziert und das Verhältnis des Trios zu seinen Altvorderen gleicht eher dem, das man in den Neunzigern bei Tortoise oder Stereolab hörte. Weder lassen sich Beak> hier zu zwanzigminütigen Jam-Ausflügen hinreißen, noch schicken sie ihr Publikum in den psychedelischen Damo-Suzuki-Exzess-Trichter. Viel mehr schreiben sie hier strukturell sehr klare und ordentliche Popsongs, die eben nur ein bisschen nach Kiffgras, Liebezeit und Autobahn klingen. Die größte Dreistigkeit ist mit siebeneinhalb Minuten das Herzstück Allé Sauvage, ansonsten geht es hier wieder mal sehr gesittet zu. Und zu einem gewissen Teil macht das auch die Qualität dieser LP aus. Denn die komplette Spieldauer über nur an einer Schraube zu drehen, wäre der immensen Kreativität dieser Band einfach nicht angemessen. Statt sich also an zwei Ideen abzuarbeiten, gibt es hier zehn Tracks, von denen absolut jeder ziemlich tadellos gemacht ist. Von den beatlesken Stücken Harvester und When We Fall über die krautigen Luftschlösser wie the Brazilian oder Abbots Leigh bishin zum schweren Synth-Brett RSI ist alles hier absolut genial und bis ins letzte Detail ausgetüftelt. Selten hört man ein Album, das von vorn bis hinten so stabil abliefert wie dieses und weil das so ist, schert es mich auch kein bisschen, dass es vielleicht noch einen coolen Ausreißer-Track hätte geben können und dass Geoff Barrow absolut nicht singen kann. Die Gesamtmasse stimmt, und das ist ja schonmal eine Riesensache. Und das tolle: Für diese Band ist das Teil des Service.






P.S.: Deutliche Kaufempfehlung für dieses Album, denn ihr wisst: Geoff Barrow kommt euch nachts besuchen, wenn ihr seine Musik streamt!

Persönliche Highlights: the Brazilian / Brean Down / Birthday Suit / Harvester / Allé Sauvage / King of the Castle / RSI / Abbots Leigh / When We Fall

Nicht mein Fall: -

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