Mittwoch, 16. Dezember 2015

Single-Review: Mix mich!

DAMIEN JURADO

Exit 353

Secretly Canadian

2015
















Dass an der Spitze der Liste mit meinen liebsten Alben letztes Jahr der Name Damien Jurado stand, hatte für mich den Effekt eines Befreiungsschlags. Schon so lange hatte der Kalifornier Musik gemacht, war dabei immer ziemlich gut, doch nie wirklich überzeugend genug für mich gewesen. Von einer LP zur anderen hangelte er sich mit durchwachsenen bis guten Eindrücken und immer war dabei irgendetwas anderes der Wermutstropfen. Jedes Mal hoffte ich auf das Projekt, das alles verändern würde, aber wer so lange im Geschäft ist, hat für sowas meistens zu viel Routine im Blut. Dann, mit Brothers and Sisters of the Eternal Son im Januar 2014, kam nach fast 20 Jahren produktivem Profi-Daseins endlich diese eine fantastische Platte, die in Stein meißelte, wozu dieser Künstler fähig war. Ein durch und durch stimmiges Gesamtwerk, dem es nicht an Spannung und Kreativität fehlte und das sogar ein paar echte Hits aufzuweisen hatte. Den Longplayer, den die meisten Bands in ihren ersten Jahren machen, machte Jurado mit viel Erfahrung im Rücken. Und veröffentlichte damit einen konkurrenzlosen All Time Favorite. Dass man mit einem solchen Ergebnis nicht umgehen kann wie mit einem guten Debüt oder zweitem Album, wurde mir erst später klar. Ganz zu schweigen davon, dass Brothers and Sisters nicht wirklich erfolgreich war. Für den Künstler hinter dahinter ist das ganze nach wie vor nur eine weitere Platte und es wird ihn sicherlich wenig scheren, was ein gerade Mal volljähriger Indie-Blogger auf der anderen Seite des Atlantiks darüber denkt. Und deshalb wird Visions of Us On the Land, das neue Werk von Jurado welches im März erscheint, auch nur eine weitere Platte sein. Die Vorbereitung darauf gibt uns seit gestern Exit 353, die erste Single davon. Der Songwriter geht hier weiter den schon seit einer Weile von ihm eingeschlagenen Weg: Tracks mit akustischer Basis, aufgepumpt mit Psychedelik und Prog-Elementen, dazu das unverwechselbare Falsett und große Melodiebögen. Allein danach zu urteilen könnte das hier auch ein Stück von Brothers and Sisters sein. Doch Jurado geht noch ein paar Schritte weiter, macht die klangliche Ebene hier offener, legt die Produktion poppiger an und zieht das Tempo straffer. Das sind relativ bescheidene Modifizierungen, doch jemandem wie mir, der viel Material des Kaliforniers gehört hat, fällt trotzdem auf, dass der Song stärker in Richtung Radio will. Dem kann man, so man möchte, ein gewisses Kalkül unterstellen. Wenn Jurados Karriere in den letzten Jahren eine unerwartete Richtung genommen hat, dann dadurch, dass er zum Opfer vieler Remixes geworden ist. Clubbige Bearbeitungen von introvertierten Folk-Zauseln laufen seit Asif Avidian und Vance Joy ziemlich gut und da wir es bei diesem Typen mit einem heimlichen Rhythmik-Frickler zu tun haben, ist das ganze doppelt attraktiv. Ein Song wie Exit 353 soll nun möglicherweise ein wenig Zuarbeit in diese Richtung liefern. Es könnte aber auch sein, dass er als erste Single im Stil von Silver Timothy als Aufheizer funktioniert. Was fest steht ist, dass es kein schlechter Track ist. Vielleicht nicht so gut wie die vom Vorgänger, aber ein gutes bis sehr gutes Album kann man von diesem Vorgeschmack ausgehend durchaus erwarten. Wie gesagt, für Jurado ist es nur eine Platte. Für mich jedoch ist es schon etwas spezielles, denn eine LP des Jahres bleibt nie ohne Konsequenzen.

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