Freitag, 4. Dezember 2015

Brumm Dröhn Fiep

SUNN O)))

Kannon

Southern Lord

2015
















Der schlafende Riese ist erwacht. Das erste Sunn O)))-Album seit sechs Jahren ist nicht mehr nur eine Fantasie der hingebungsvollen Drone-Gemeinde, die ihrem Messias nachheulen, es ist tatsächlich Realität. Man kann es käuflich erwerben, streamen, Reviews darüber lesen (und schreiben). Lange hat man darauf gewartet, nun ist es endlich da. Und es ist wahrhaftig ein Luxusgut: Denn es präsentiert die lebende Legende aus den Staaten erneut in ihrer reinsten Reinstform. Über den gesamten Zeitraum seit dem einzigartigen Meilenstein Monoliths & Dimensions von 2009 mussten sich die ach so armen Fans mit jeder Menge Nebenprojekten, altem Material und Kollaborationen zufrieden geben, sodass das Gejammer allerorten groß war und die Frage, wann es Sunn O))) denn endlich mal wieder in echt gibt, noch größer. Dass besagte Projekte teilweise echt fantastisch waren und die Band nebenbei auch noch fleißig tourte, konnte egal sein: Es musste eben das Komplettprogramm sein. Und obwohl das jetzt endlich wieder der Fall ist, sind die meisten trotzdem nicht zufrieden. Kannon geht ja nur eine halbe Stunde! Und es klingt kein bisschen wie sein Vorgänger, sondern eher wie ein Relikt aus der Metal-lastigen Frühphase des Duos. Zwar sind die bekannten Gäste wie Attila Csihar, Steven Moore und Oren Ambarchi auch hier dabei und konzeptuell gesehen könnte sich das ganze hier locker mit einem Terence Malick-Film messen, doch da muss man ihnen recht geben, klanglich fällt das Comeback der Drone-Giganten etwas mau aus. Die Platte besteht im wesentlichen aus den drei Tracks Kannon 1 bis 3, wobei diese zwischen neun und 13 Minuten rangieren. Und das war es dann auch schon mit den Highlights. Wo Monoliths & Dimensions durch vielfältige Instrumentierung und einen breit gefächerten Sound überzeugte, dominieren hier wieder die großen Klangräume der Gitarren. Denen werden wie gewohnt sphärische Gelärme entlockt, die sich meditativ über die komplette Spieldauer hinziehen, während Csihar singt wie ein Dämonenbeschwörer. So weit so gut. An sich haben wir Sunn O))) so kennen und lieben gelernt. Doch dieses vielbetonte letzte Album der Band ist tatsächlich aus einem Grund ein besonderes, und das fällt erst durch Kannon wirklich auf: Damals konnte man nämlich zum ersten Mal hören, wie diese Band klingt, wenn man dem Affen Zucker gibt. Die Nebenprojekte mit Ulver und Scott Walker machten das ebenso deutlich. Und nachdem die Fangemeinde diese Erfahrung einmal gemacht hat, will sie das jetzt natürlich nicht mehr missen. Man kann es mit dem Effekt vergleichen, als hätte Peter Jackson, nachdem er Der Herr der Ringe fertig hatte, wieder angefangen, eklige B-Movie-Horrorstreifen zu drehen. Es ist, und das klingt jetzt hart, ein Rückschritt für Sunn O))). Wir haben es hier zwar weder mit einem an sich schlechten Album noch mit einer schwächeren Performance als 00 Void oder Black One zu tun, doch wir wissen inzwischen, dass weit mehr als das möglich ist. Und da uns das nicht geboten wird, ist Kannon zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich überzeugend. Das haben die Fans nun also davon, dass sie den Kreativurlaub der Band so konsequent geschmäht haben. Wenn ich daran denke, wie großartig vor zwei Jahren Terrestrials (die Platte mit Ulver) war, fallen diese Songs hier für mich ziemlich weit zurück. Ich will nicht sagen, es wäre der Mühe nicht wert gewesen, doch der Mythos, den Sunn O))) in den Jahren der Abwesenheit aufgebaut haben, ist hier quasi innerhalb einer halben Stunde für die Katz. Für wen das sehr enttäuschend ist, dem kann ich dafür jedoch das ultimative Heilmittel anbieten: Sunn O))) live. Wem das zu unspektakulär ist, der hat es nicht besser verdient.
8/11

Bester Song: Kannon Pt. 3

Nicht mein Fall: Kannon Pt. 2

Weiterlesen:
Mehr Pulver mit Ulver (#derkamflach):
zum Review

Sunn O)))-Nebenprojekt X:
zum Review

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