Montag, 7. Juni 2021

Progressive Drain

BLADEE
the Fool
YEAR0001
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ drainig | hyperpoppig | elektronisch ] 

Es ist sicherlich kein allzu kontroverses Statement zu behaupten, dass der große Hype um die Drain Gang im Sommer 2021 langsam vorbei sein könnte. Nach einer Reihe überraschend großer Untergrund-Alben von Thaiboy Digital, Bladee und Ecco2K zwischen 2018 und 2020, die die Crew aus Stockholm im verwegenen Internet-Diskurs allgegenwärtig machten, ist inzwischen wieder ein bisschen Ruhe eingekehrt, was ich prinzipiell erstmal gut finde. Und zwar nicht nur deshalb, weil ich den ganzen Bohei im die Schweden zu dieser Zeit doch öfters etwas übertrieben fand, sondern vor allem auch, weil ich aus der Vergangenheit gelernt habe. Ähnlich wie ihr künstlerischer Pate Yung Lean, auf dessen Label YEAR0001 die Drain Gang ja seit jeher zu Hause ist, scheinen auch diese drei jungen Rapper Musiker*innen zu sein, die auch auf lange Sicht hochwertige Songs vorweisen können und nicht nur als Manufakturen eines Trends funktionieren. Wobei ich im Falle von Posterboy Bladee sogar sagen würde, dass er mit den Jahren immer besser wird. Nachdem ich ihn auf seinen ursprünglichen Durchbruchs-Platten Red Light und Trash Island noch für einen ziemlich untalentierten Troll hielt, der mit seinen verdrogten Flows und albernen Texten die Versumpfung des zeitgenössischen Cloudrap-Sounds ausnutzte, entwickelte er daraus nach und nach wider Erwarten immer mehr künstlerische Substanz. Sein Album 333 aus der letzten Saison war für mich das letztendlich der Knackpunkt, der mich von den Songs des Schweden überzeugte und mich zugeben ließ, dass ich seinen Vibe vielleicht doch interessant fand. Und ein Jahr später ist the Fool ein Album, das diesen Trend auf die beste Art und Weise fortsetzt. Mit mehr kompositorischem Fokus und einer klar ausgelegten Ästhetik, die aber trotzdem noch maximal verslackt und abgedröhnt klingt, legt der Stockholmer hier ein glaubwürdiges Konzept vor, auch bei abflauender Clout nicht den Faden zu verlieren. In erster Linie finde ich es dabei cool, wie Bladee sich noch weiter in die Bereiche von Electronica und Pop hinaus wagt und seine Rap-Assoziation, die je eh schon immer ziemlich lose war, hier endgültig verlässr. Diese LP als ein Hyperpop-Projekt zu betiteln, ist in meinen Augen nicht die abwegigste Stilzuschreibung und gerade zu den britischen Kolleg*innen von PC Music werden die Parallelen langsam immer deutlicher. Was aber keinesfalls bedeutet, dass die ebenfalls sehr originäre Drain Gang-Ästhetik hier verloren gehen würde. Viel eher ist es die bisher eingängigste und bestmöglich ausformulierte Version davon, die auch Hooks und songwriterische linke Haken kann. Und zumindest wenn man mich fragt, tut Bladee das auch gut. Die Songs hier bekommen dort scharfe Kanten, wo sie gebraucht werden, gewinnen an charakteristischen, erinnerungswürdigen Momenten und müssen dafür trotzdem nicht die klanglichen Ideale verraten, die den Schweden bei vielen so beliebt machen. Wobei ich es auch beeindruckend finde, dass der Künstler für diese Entwicklung nicht außerhalb seiner Bubble nach Kollaborateur*innen suchen musste, sondern die Weiterentwicklung ganz aus der Sache selbst heraus entsteht. Und sicher, etwas verballert und quatschig finde ich das hier am Ende immer noch, aber es ist eben nicht mehr die prägende Eigenschaft dieser Musik, sondern ein Nebenschauplatz. Ob man dass jetzt klangliche Reife nennen kann, weiß ich noch nicht genau, aber es gefällt mir auf jeden Fall erstmal.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡⚫⚫⚫⚫ 07/11

Persönliche Höhepunkte
The Fool Intro | Hotel Breakfast | I Think... | Thee 9 is Up | BBY | Trendy

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Yung Lean
Unknown Death 2002

Hannah Diamond
Reflections


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