Sonntag, 20. Juni 2021

Alles zieht vorbei

Polo G - Hall of FamePOLO G
Hall of Fame
Columbia
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ stromlinienförmig | normal | ahnbar ] 

Fragt man die Leute die Ahnung von Hiphop haben, dann war Polo G in der letzten Saison wahrscheinlich sowas wie der Newcomer des Jahres. Mit seinem zweiten Album the GOAT machte der MC aus Chicago im Mai 2020 halbwegs unerwartet ordentlich Welle und baute sich darüber auch ein ziemlich ernsthaftes Fan-Backing auf, das über die gesamte Saison hinweg spürbar war. Selbst für jemanden wie mich, der den Rapper die meiste Zeit davon kein bisschen auf dem Schirm hatte. Ich für meinen Teil bekam von Polo G wenig mehr als den Hype mit und hörte von der besagten LP insgesamt vielleicht 2 Songs. Als große Nummer sah ich ihn folglich lange nicht, auch nachdem er in der Szene bereits für eine Weile als solche gehandelt wurde. Erst jetzt, nachdem ich seinen Nachfolger Hall of Fame gehört habe, bereue ich ein bisschen, an dieser Stelle nicht aufmerksamer gewesen zu sein. Und zwar nicht etwa, weil ich hier plötzlich das Potenzial des Rappers erkannt habe und rückwirkend nochmal seine Bestform hören möchte, sondern viel mehr, weil ich tatsächlich neugierig wäre, wie zum Teufel ein gutes und spannendes Album von ihm eigentlich klingen soll. Ganz einfach weil die 20 Songs auf dieser Platte es unmöglich erscheinen lassen, dass so etwas überhaupt existiert. Ich höre für dieses Format ja so einige zeitgenössiche Cloudrap-Projekte, von denen viele in meinen Augen auch generisch und öde klingen. Bei den allerwenigsten davon war mir aber so dermaßen langweilig wie bei diesem hier. Wo selbst ein Eternal Atake oder ein Savage Mode II wenigstens noch ein paar gescheite Beats, einen halbwegs coolen Quotenbanger oder ein, zwei clevere lyrische Spitzen hatten, ist das hier mehr oder weniger völlig ereignislos. Der Trend zur ultimativen Flaute, der in solcherlei Musik mitunter steckt, wird hier anscheinend absichtlich zur Perfektion getrieben. Allerdings nicht in der Art und Weise eines coolen Streamrolling-Projekts wie bei Drake oder Trippie Redd, sondern einfach nur in Form von stumpfer Ideenlosigkeit. Im Sinne einer emotionalen LP mit persönlichen Inhalten versucht Hall of Fame den Drift ins Territorium des Emotrap, wo sie an den meisten Stellen klingt wie eine richtig schwache Knockoff-Version von Juice WRLD, was schonmal ungefähr 90 Prozent dieser Platte ausmacht. Im Rest gibt es durchaus Stücke wie GNF oder For the Love of New York, die diese Ästhetik brechen wollen, das aber auch eher dillettantisch tun. Schade ist das letztendlich vor allem deshalb, weil die Intentionen von Polo G hier eigentlich sehr nobel sind. An vielen Stellen dieses Albums erinnert sich der Rapper hier an verlorene Freunde, wobei insbesondere der letztes Jahr verstorbene Pop Smoke eine Art Schlüsselrolle einnimmt. Auf dem vorletzten Song Clueless gibt es von dem sogar ein Feature, das nach all dem eigentlich wie etwas besonderes wirken sollte. Doch weil alles vorher irgendwie so lahmarschig bleibt und auch der besagte Part mit großer Wahrscheinlichkeit eher aus dem Vault von Pop Smoke kommt, dringt das alles hier nur sehr selten durch. Viel eher wirkt Hall of Fame wie eine Platte, die mit dem Strom schwimmen will und deshalb ein Feature des New Yorkers kauft, wie es gerade alle machen. Zumal sein Beitrag zwischen haufenweise anderen zahnlosen Strophen teuer eingekaufter Hochkarätern wie DaBaby, Young Thug, Nicki Minaj, Lil Wayne oder Lil Durk völlig untergeht. Ebenfalls Namen, mit denen man im Traprap 2021 Bingo spielen könnte. Und so entspricht praktisch gesehen alles an dieser LP so maximal dem Klischee von zeitgenössischem Cloudrap, dass es fast schon ein Witz ist. Nur leider keiner, den ich irgendeiner Form unterhaltsam oder spaßig finde. Das hier ist zum jetzigen Zeitpunkt das ereignisloseste und drögste Stück Musik, das ich in dieser Saison gehört habe und allein deshalb werde ich mir merken, dass es überhaupt existiert. Und wenn es nach mir geht, kann Polo G auch die Sache mit den großen Newcomer-Hoffnungen vergessen. Denn für sowas müsste man ja einen Eindruck hinterlassen.

🔴🔴02/11

Persönliche Höhepunkte
Go Part 1 | Clueless

Nicht mein Fall
Toxic | Epidemic | Boom | Fame & Riches | For the Love of New York


Hat was von
Lil Baby & Lil Durk
Voice of the Heroes
 
JuiceWRLD
Legends Never Die
 
 

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