Montag, 23. November 2020

Don't Kill My Vibe

Trippie Redd - Pegasus 

[ atmosphärisch | relaxt | vibend ]

Es mag vielleicht ungewöhnlich klingen, doch wenn man mich fragt, dann ist Trippie Redd spätestens seit dem vergangenen Jahr einer der stabilsten Protagonisten innerhalb der aktuellen Cloudrap-Bubble. Nicht dass ich mir einbilde, nach gerade Mal ein paar Jahren ein definitives Urteil über den Output dieses Typen zu fällen, doch angesichts des erstaunlichen Verhältnisses von Quantität und Qualität, das der Kalifornier letzte Saison mit Platten wie ! und Love Letter to You 4 an den Tag legte, ist er Stand jetzt jemand, auf den ich einiges halte. Vor allem in Hinblick auf Konsistenz, denn wirklich schlechte Musik gab es von ihm schon seit einer ganzen Weile nicht mehr. Eine LP wie Pegasus war im Vorfeld allerdings doch eine, die mir ein wenig Kopfschmerzen bereitete, denn in vielen Belangen ist sie für Trippie ein Schritt in neues Terrain. Wo seine bisherigen Alben und Mixtapes unter anderem deshalb so gut waren, weil sie im kleineren Rahmen funktionierten und eben keine großen Statements sein wollten, geht LP Nummer drei jetzt doch deutlich diesen in diese Richtung. Mit 26 Songs in 84 Minuten ist Pegasus nicht nur bei weitem das längste Trippie-Projekt, darüber hinaus tauchen auch erstmals große Namen wie Lil Wayne, Future, Partynextdoor oder Busta Rhymes in der Gästeliste auf. Dass das hier sowas wie das Eternal Atake des Kaliforniers wird, war also durchaus zu befürchten. Und ein bisschen ist es das vielleicht auch. Zumindest muss ich sagen, dass es strukturell durchaus einige auffällige Ähnlichkeiten mit der jüngsten Großprojekt-Katastrophe von Lil Uzi Vert gibt und die Platte definitiv nicht allen gefallen wird. Wer ein Problem mit etwas doozigen, ätherischen und monotonen Cloudrap-Ästhetiken hat, kann direkt hier aufhören zu lesen. Denn Pegasus ist ganz klar eines dieser Projekte wie die jüngeren Sachen von Drake oder Lil Baby, die sehr auf einen breit ausgewalzten, chilligen Vibe setzen als auf vereinzelte Banger oder dynamische Klangwelten. Und ob ihrer Länge neigt diese LP doch sehr dazu, repetetiv zu werden. Zum Glück ist Trippie Redd für mich aber mal wieder einer derjenigen, die diesen Stil sehr gut auszufüllen wissen und sich im klaren sind, was eine solche Platte ästhetisch sein kann. Was heißt, dass Pegasus ein Album ist, in das ich mich über kurz oder lang ganz gut eingrooven kann. Klanglich und kompositorisch ist das ganze dabei wie ein trippiger, relaxter Fluss von zurückgehaltenen Beats und dem betäubenden Gecroone, aus dem hin und wieder eine bemerkenswerte Hook, ein spannendes Feature oder eine besondere Line hervorsticht. Das bedeutet auf der einen Seite, dass man sich in der Atmosphäre der Tracks gut verlieren kann, auf der anderen aber auch, dass sie nie zu langweilig oder dröge werden, sondern immer mal wieder coole Blickpunkte aufzeigen. Wirklich genial sind diese in den wenigsten Fällen, manchmal sogar eher albern, wie zum Beispiel in Spaceships (Ich zitiere: "I just flew two bitches in from overseas / They both from Portugal, they both Portuguese"), immer jedoch gerade spannend genug, um mich aus dem hypnotischen Delirium aufzuwecken, das dieses Album dominiert. An manchen Stellen finde ich Trippies Entscheidungen allerdings auch krass fragwürdig. Vor allem Mood ist in dieser Hinsicht ein erwähnenswerter Fauxpas, da er nicht die eklig misoyne kleine Schwester von Kendrick Lamars Bitch Don't Kill My Vibe zu sein scheint, sondern zu allem Überfluss auch noch Chris Brown als prominentes Feature einbaut. 2020 definitiv eine Sache, die nicht mehr passieren dürfte. Für jeden künstlerischen Move, der nicht passt gibt es hier aber auch immer zwei, die erstaunlich gut funktionieren wie das ambiente instrumentale Outro von Spaceships, die großartige Hook in Weeeeee, die packende Chemie zwischen Trippie, Lil Mosey und Quavo in No Honorable Mention, den fantastischen Zwotausender-Boyband-Moment in I Got You oder wie ausgerechnet Swae Lee das Finale in TR666 veredelt. Wenn es auf diesem Album nur darum geht, die Sache über die Zeit zu kriegen, dann hat Pegasus auf jeden Fall genug Ideen im Ärmel, um das großzügig zu gewährleisten. In Hinblick auf Trippies Entwicklung als Künstler muss ich sogar sagen, dass er hier nochmal ein paar Punkte zugelegt hat. Wenn ! und Love Letter to You 4 die Platten waren, die bei mir die Frage aufkommen ließen, ob dieser Typ ein großes Unterfangen wie dieses stemmen kann, beantwortet Pegasus diese mit einem eindeutigen Ja. Denn gerade wenn man sieht, wie kläglich im Vergleich diese Saison die sehr ähnlichen Alben von Future oder Lil Uzi Vert abschnitten, ist das hier ein Projekt, das es besser macht. Und das scheint in den letzten Jahren öfter der Fall zu sein, wenn wir von Trippe Redd reden. Hoffentlich auch weiterhin.


Hat was von
Lil Uzi Vert
Eternal Atake

Lil Baby
My Turn

Persönliche Höhepunkte
Love Scars 4 | So Stressed | Excitement | Pegasus | Weeeeee | Personal Favorite | V-12 | Spaceships | No Honorable Mention | I Got You | Too Fly | Red Beam | Oomps Revenge Pt. 2 | Take One | Sleepy Hollow | Kid That Didd | Don | Hell Rain | TR666

Nicht mein Fall
Mood |

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