Sonntag, 29. November 2020

Das Geheimnis für spürbar jüngeren Sound

Kylie - Disco 

[ feierwütig | junggeblieben | catchy ]

52 Lenze alt ist Kylie Minogue im Winter 2020, genauso alt wie DJ Bobo, LL Cool J, Celine Dion und Will Smith. Und wenn man mich fragt, so ist die Australierin in diesem Alter nicht nur besser drauf als die meisten Künstler*innen ihrer Generation, sondern auch im direkten Vergleich mit sich selbst am Anfang ihrer Karriere. Blickt man auf die über drei Dekaden zurück, die Minogue jetzt schon im Geschäft ist, ist sie keine dieser Alt-Popstars, die mittlerweile nur noch ihrer verlorenen Jugend hinterherrennen und langsam immer peinlicher werden, sondern stattdessen immer cooler werden. Wenn man mich fragt, ist sie ein Paradebeispiel für eine Mainstream-Persönlichkeit, die unglaublich gut altert und sogar immer noch weiter wächst. Ihr Output während der gesamten Zwotausendzehner war so vielseitig wie nie zuvor und von clubbigem Techno über Glamrock bis zu Countrypop war sie für alles zu haben. Und wenn man so will, ist Disco auf dieser Liste ein weiterer grüner Haken. Wie Name und Artwork schon suggerieren, widmet sich Minogue auf dieser LP (ihrer insgesamt sechzehnten) exklusiv dem stilstischen Bereich Disco, wobei man in diesem Fall eher von clubbigem Dancepop sprechen sollte. Denn obwohl überall auf diesem Album klanglicher Pailettenglitzer, groovige Analog-Synths, dicke Streicher und Funk-Motive zu finden sind, ist der Ansatz bei weitem nicht so authenthisch-retrospektiv wie beispielsweise der von Daft Punk oder Bruno Mars. Die Inspirationen von ursprünglichen Acts wie Abba, den Bee Gees oder Earth, Wind & Fire sind hier zwar da, aber betrachtet durch den Filter von vierzig Jahren Popmusik, die dazwischen passiert sind. Vor allem Minogues Faible für House und soften Techno, den man bereits aus ihrem Spätnenunziger-Output kennt, erlebt hier nochmal eine Art zweiten Frühling und im Sinne eines Mainstream-kompatiblen kommerziellen Projektes ist hier auch die Produktion entsprechend angepasst. Ich würde aber durchaus sagen, dass diese Modifikation zum Vorteil von Disco funktioniert. Denn die Entscheidung, kein reines Retro-Produkt zu erschaffen macht vor allem Platz für das noch immer extrem eingängige Songwriting von Kylie Minogue und ihrem Team, das unabhängig von stilistischen Bezügen funktioniert. Das einzige, was dadurch zusätzlich motiviert wird ist, dass hier wieder etwas mehr die clubbige Seite der Australierin herausgekehrt wird, die in meinen Augen schon immer ihr größtes Talent war. Was wiederum zur Folge hat, dass Disco wieder eine LP ist, die ordentlich ballert. Und dass eine Künstlerin ihres Schlags so etwas auf unpeinliche weise abliefern kann, ist ein deutliches Zeichen dafür, wie cool diese Frau noch immer ist. Jene ausgelassene, jugendliche Popstar-Energie, die bei Leuten wie Madonna, Jessie Ware oder Jennifer Lopez (letztere beide sind sogar jünger als Kylie Minogue) schon seit einer Weile eher krampfig wirkt, zaubert dieses Album ein weiteres mal mit einer beneidenswerten Leichtigkeit zurecht und fühlt sich dabei kein bisschen selbstverleumderisch an. Ich würde sogar sagen, dass Disco für diese Sängerin ein natürlicherer Zustand ist als eine Platte wie Golden von 2018, die tatsächlich ein wenig nach Alterswerk klang. Und solange die Songs so hervorragend bleiben, bin ich auch absolut dafür, dass sie damit weitermacht. Denn wenn diese Musik der Jungbrunnen ist, den die Künstlerin braucht, dann können wir noch einiges erwarten. Denn vom Herbst einer Karriere ist das noch erfrischend weit entfernt.


Hat was von
Dua Lipa
Future Nostalgia

Mark Ronson
Late Night Feelings

Persönliche Höhepunkte
Magic | Miss A Thing | Say Something | Last Chance | I Love It

Nicht mein Fall
Where Does the DJ Go

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