Freitag, 20. November 2020

Nur ich und mein Echopedal

Nothing - The Great Dismal  

 
[ atmosphärisch | krachig | psychedelisch | geräumig ]

Es ist eine ziemliche Schmach, wie wenig ich auf diesem Format 2020 über Shoegaze gesprochen habe, gemessen daran, wie viel es in der Vergangenheit hier stattfand. Mitte November diesen Jahres gibt es gerade Mal eine Besprechung hier, die mit dem entsprechenden Genre-Tag versehen ist, und das ist die zum aktuellen Deftones-Album, das ja eigentlich primär eine Metal-LP mit Shoegaze-Einschlag ist, also auch nicht wirklich güldet. Damit die Saison für mich aber nicht komplett ohne ein empfehlenswertes Stück Musik aus diesem Bereich zu Ende geht, gibt es jetzt das neue Album von Nothing, die hier wieder mal beweisen, dass man sich in solchen Situationen auf sie verlassen kann. Bereits seit sechs Jahren gehört ihr Katalog in meinen Augen zu den stabilsten, die der moderne Shoegaze-Pop vorweisen kann und überzeugt seit dem Debüt Guilty of Everything 2014 pünktlich alle zwei Jahre mit einer guten bis sehr guten Neuerscheinung. Und viel mehr als dass the Great Dismal in dieser Hinsicht wieder abliefert, gibt es an dieser Stelle eigentlich nicht zu vermelden. Nach den etwas waghalsigeren, großkotzigen Ansätzen des Vorgängers Dance On the Blacktop von 2018 ist die Stimmung hier wieder etwas konservativer und konzentriert sich auf bewährte Kernkompetenzen: Schürfende Riffs, süßlich-melancholische Wellenbrecher, viel Dynamik und genau die richtige (Über-)dosierung von Reverb auf allen Spuren, die für ein ausgewogenes psychedelisches Erlebnis sorgen. Nothing sind dabei seit dem letzten Mal ein Mü rockiger geworden, auch wenn sie diesmal weniger Liam Gallagher sein wollen als Rachel Goswell. Vor allem heißt das, dass the Great Dismal auf kompositorischer Seite schön klassisch bleibt und herrlich nach den frühen Neunzigern klingt, in Sound und Produktion aber so breitbeinig aufgestellt ist wie nie zuvor und tatsächlich die Ästhetik sucht, die am meisten scheppert und den größten Raum greift. Best of both worlds also und in seiner Ausführung tatsächlich ein Shoegaze-Highlight wie aus dem Lehrbuch. Fast jeder Song hier ist auf seine Art ein Höhepunkt, abfallende Formkurven gibt es kaum und wenn, dann nur damit Nothing kurz danach mit einem fetten Break aus dem Hinterhalt kommen und mich wieder völlig verzaubern. All das konnten sie zwar auch vorher schon, doch ist the Great Dismal das Album, auf dem vieles noch mal ein Stückchen besser ausbalanciert und zurechtoptimiert klingt. Und klar kann man der Band vorwerfen, dass das mittlerweile sehr routinemäßig geschicht und wirklich neue Ideen weiterhin wenig stattfinden, doch müsste mich diese tolle Eingespieltheit und Chemie dafür erstmal stören, was hier absolut nicht der Fall ist. Im Gegenteil: Neben Tired of Tomorrow von 2016 dürfte das hier das bisher stärkste Album der Gruppe sein. Das große Jahreshighlight im Bereich Shoegaze ist es außerdem, das allerdings ist 2020 auch nicht besonders schwer.


Hat was von
Slowdive
Slowdive

Simon Says No!
Simon Says No!

Persönliche Höhepunkte
A Fabricated Life | Say Less | April Ha Ha | Famine Asylum | Bernie Sanders | In Blueberry Memories | Blue Mecca | Just A Story | Ask the Rust

Nicht mein Fall
-

1000kilosonar bei Twitter
1000kilosonar bei Rateyourmusic

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen