Mittwoch, 25. November 2020

Gut in Form

Oneohtrix Point Never - Magic Oneohtrix Point Never 


[ verschachtelt | elektronisch | hyperpoppig | nerdig ]

 Gerade mal ein paar Wochen ist es her, dass ich beim archivieren von alten Posts nochmal über meinen Artikel zu Garden of Delete stieß, den ersten, den ich in diesem Format über ein Album von Oneohtrix Point Never verfasst hatte. Abgesehen davon, dass darin ein paar horrende Vergleiche gemacht wurden und der Titel des Posts sehr schlecht gealtert ist, stellte ich vor allem fest, wie meine Leidenschaft für die Musik von Daniel Lopatin seitdem zurückgegangen ist. Denn als ich vor fünf Jahren anfing, über ihn und seine Platten zu schreiben, war das, weil ich ihn für einen der genialsten Künstler im Bereich der elektronischen Musik hielt. Sein früher Output, den ich damals vor allem via Youtube-Best Ofs für mich entdeckte, begeisterte mich mit jedem Song mehr und auch besagte LP war damals ein echtes Highlight. Wenn ich mir die Sache heute so ansehe, bin ich zwar noch immer sehr vom Talent dieses Mannes überzeugt, jedoch schon lange nicht mehr so euphorisch wie einst. Was auch tatsächlich daran liegt, dass sein Oeuvre in den letzten fünf Jahren etwas nachgelassen hat. Platten wie seinen Nachfolger Age Of von 2018 und die beiden Kino-Soundtracks für Benny Safdie (Good Times und Der schwarze Diamant, könnte man vielleicht kennen) mochte ich zwar, ihre Halbwertszeit war allerdings eher kurz. Vor allem jedoch habe ich mittlerweile ein ziemlich großes Problem mit der strukturlosen Art, wie Lopatin komponiert. Viele seiner jüngeren Alben hören sich an, als würden einem lediglich halbgare Vignetten vorgesetzt, die zwar in sich clever sind, bei denen jedoch nicht mehr die Energie aufgebracht wird, sie zu vollwertigen Songs zu verarbeiten. Und so cool es anfangs auch war, dem Künstler quasi beim arbeiten zuzuhören, wollte ich über kurz oder lang auch mal wieder ein richtiges, abgerundetes Gesamtwerk. Die gute Nachricht: Magic Oneohtrix Point Never kommt diesem Ideal zum ersten Mal wieder sehr nahe. Zwar ist es auch hier wieder faktisch so, dass es einige Tracks wie Bow Ecco, Answering Machine oder die vierteilige Cross Talk-Serie sehr skizzig und knapp gehalten sind und mit einem Verhältnis von 17 Tracks in knapp 50 Minuten ist das hier nicht gerade ein sinfonisches Album, doch kann man wenigstens sagen, dass sich diesmal Mühe damit gegeben wurde. Wenn ein Song hier 49 Sekunden geht, dann wurde immerhin versucht, in diese Zeit auch so viel wie möglich klanglichen Aha-Moment zu verkapseln und selbst kleine Interludes fühlen sich hier wieder wertvoll an. So mag ich die Art wie Cross Talk I die LP mit einer Soundcollage eröffnet, die sehr an ein cineastisches Jingle erinnert oder wie Answering Machine die warmen Videospiel-Synths von Garden of Delete zurückbringt. In solchen Momenten brilliert Lopatin zum ersten Mal seit langem wieder als Virtuose des postironisch entrückten Mashups, der aus geplünderten Samples wahrhaft harmonische Kompositionen zusammenbastelt. Und an manchen Stellen gelingt es ihm sogar, wieder großformatiger zu arbeiten. In Songs wie Imago, No Nightmares oder the Whether Channel erleben wir für Abschnitte der LP tatsächlich wieder die Art von vier- bis sechsminütigen Tracks, die wirklich kompositorische Substanz und eine zu Ende gedachte Idee hinter sich haben. Für mich persönlich sind diese Parts die wirklichen Erweckungsmomente auf Magic, die mir wieder zeigen, warum ich diesen Typen noch immer so liebe. Dass viele davon stark in Richtung Hyperpop und A.G. Cook tendieren, ist bei jemandem wie Oneohtrix Point Never, der schon immer progressiv und digitalistisch unterwegs war, nur konsequent. Denn das habe ich bei ihm inzwischen gelernt: Relevant ist nicht, was er stilistisch gerade macht, sondern wie er es macht. Und so wie es aussieht, hat er hier wieder seine Sprache gefunden. Eine, die ich nicht verstehe, aber die zumindest sehr schön klingt.
 

Hat was von
A.G. Cook
7G
 
Position Normal
Stop Your Nonsense
 
Persönliche Höhepunkte
Cross Talk I | Long Road Home | Cross Talk II | I Don't Love Me Anymore | Bow Ecco | the Whether Channel | No Nightmares | Cross Talk III | Tales From the Trash Stratum | Answering Machine | Imago | Cross Talk IV / Radio Lonely | Lost But Never Alone | Wave Idea | Nothing's Special
 
Nicht mein Fall
-
 
 

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