Montag, 14. August 2017

Techno Music (For A Film)

Es gab in den vergangenen Jahren immer wieder viele Anfragen von bestimmten Leser*innen, ich solle doch auch mal ein paar Filmsoundtracks besprechen, was ich immer ein bisschen für problematisch hielt. Es ist eine Sache, einfach nur eine Musik zu betrachten, die losgelöst von sonstigen Eindrücken funktioniert, aber eine andere, über welche zu reden, die nur als Begleiterscheinung eines eigentlich viel größeren Werkes existiert. Insbesondere, wenn ich besagten Film nicht gesehen habe (wie im folgenden Fall), ist das immens schwierig. Deshalb hier gleich der Disclaimer: Dieser Artikel wird sich lediglich mit der Musik zu Good Time befassen und so gut wie gar nicht mit dem Inhalt des Films. Mich interessieren Platten, die auch für sich funktionieren und da ich glaube, dass dies hier so eine ist, will ich explizit darüber sprechen. Gerade Originalscores haben nämlich durchaus das Potenzial, musikalisch ganz neue Türen aufzustoßen und auf einer komplett anderen Ebene zu wirken als "normale" Alben. Gerade heutzutage, wo durchaus auch große Hollywood-Projekte an coole, spannende Künstler*innen wie Mogwai, die Chemical Brothers oder William Ryan Fritch vergeben wird, können in diesem Bereich viele Horizonte erweitert werden. Und ganz bestimmt auch im Falle von Daniel Lopatin alias Oneohtrix Point Never. Wer sich mit der Musik des New Yorkers ein bisschen auskennt weiß, dass er mit Sicherheit einer der kreativsten und vielseitigsten elektronischen Künstler des letzten Jahrzehnts sein dürfte, der sich immer wieder die tollsten Dinge einfallen lässt. Und weil es immer spannend ist, wie er sich auf musikalisches Neuland stürzt und Filmmusik eben solches ist, hätte Good Time mit großer Wahrscheinlichkeit eine Offenbarung sein können. Einige seiner Platten hörten sich schon immer wie Soundtracks an und Stimmung erzeugen kann der New Yorker wie ein Gott, wieso also nicht? Die Antwort darauf könnte sein: Weil diese Art von Komposition eben limitierend ist. Scores zu schreiben ist immer etwas, bei dem man sich der Ästhetik und der Handlung des Films unterordnen muss, was für abstruse Experimente meist wenig Platz lässt. Wer hier also eine kreative Explosion erwartet hat, den muss ich enttäuschen. Good Time ist ein sehr gutes Album, aber das eben im Rahmen seiner Möglichkeiten. In Sachen Sound und Songwriting sind die 13 Titel hier stimmig und ich kann mir vorstellen, dass sie die düstere, postmoderne SciFi-Film-Noir-Aura des Streifens gut einfangen, doch sie bleiben eben auch sehr zahm. Zwischen finsterem Ambient und nostalgischer Proto-Elektronik schafft Lopatin hier einen technisch überzeugenden Soundtrack, der eher als Fan-Projekt funktioniert. Wenn man sich den bisherigen Output von Oneohtrix Point Never ansieht, ist es beispielsweise bestimmt kein Zufall, dass viele der Tracks an die Musik von Blade Runner erinnern. Andere Vergleichspunkte wären vielleicht der Hanna-Score der Chemical Brothers oder the Social Network von Trent Reznor und Atticus Ross. Insgesamt also nichts wirklich neues und bombastisch aufregendes. Einzige Ausnahme ist sicherlich der Closer the Pure and the Damned, der immerhin von Iggy motherfuckin' Pop gesungen wird. Er gibt dem hektischen, actionreichen Album einen eher melancholischen Ausklang und ist dann tatsächlich einer dieser Fälle, in denen ein Soundtrack Horizonte pusht. Wo sonst hätten diese beiden Künstler aufeinander treffen können und dabei so genial harmoniert? Leider bleibt es dann eben doch bei nur einem Song. Womit ich bei Gott nicht sagen will, dass Good Time schlechte Musik ist. Ich bin mir sicher, dass Danial Lopatin diesen Film mit seinen Stücken ungemein bereichert und auch unabhängig davon funktioniert das alles. Ich möchte lediglich diejenigen warnen, die sich hier ein vollwertiges Oneohtrix Point Never-Album vorgestellt haben, denn das wird man hier nicht bekommen. Um hier aus seiner Haut zu fahren und seine eigenen Limits zu erreichen, ist dieser Produzent dann doch zu umtriebig und diese Platte nur eine von vielen Stationen, die man ja mal gemacht haben kann (abgesehen davon, dass sie wahrscheinlich ordentlich Geld bringt). Dieser Score ist am Ende des Tages also eher für die Cineasten unter euch etwas. Die werden sich aber trotzdem ärgern, weil ich in diesem ganzen Text noch kein Wort über den Film gesagt habe. Okay Leute, hier ist ein Trailer und jetzt hört auf zu heulen. Das hier ist ein Musikblog, verdammt!





Persönliche Highlights: Good Time / Hospital Escape / Acces A-Ride / Flashback / Romance Apocalypse / the Acid Hits / the Pure and the Damned

Nicht mein Fall: -

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