Donnerstag, 3. August 2017

Lachen mit Lana

2017 sind wir beim mittlerweile vierten Album von Elizabeth Grant aka Lana del Rey angekommen und ich muss mir selbst nun wohl endgültig eingestehen, dass ich ihre Musik weder hassen kann noch will. Erst vor kurzem habe ich ihr Material von den alten Lizzy Grant-Platten entdeckt, das ich tatsächlich ziemlich genial finde und dass die Kalifornierin die Ästhetik meiner Generation geprägt hat, ist inzwischen Fakt. Genauso wie es Fakt ist, dass ich vor sechs Jahren, als ich das erste Mal Video Games sah (damals noch auf MTV!), wie viele andere ebenfalls komplett geflasht war. Und bis heute höre ich nach wie vor sehr gerne ihre großartigen Singles wie Born to Die, Blue Jeans oder Honeymoon. Mein Verhältnis zur Schmollmund-Diva aus Hollywood ist also nicht wirklich so schlecht, wie ich es in der Vergangenheit gerne dargestellt habe. Doch wenn ich die Sache mal mit der Distanz des Kritikers betrachte, die auch total wichtig ist, bin ich trotzdem alles andere als überzeugt. Denn was Lana del Rey bisher eindeutig fehlt, ist ein Album, das auch als ganzes funktioniert und Spaß macht. Da wurde bisher immer ziemlich nachlässig gearbeitet. Das bisher beste, was die Künstlerin in dieser Hinsicht abgeliefert hat, ist ihr letzter Longplayer Honeymoon von 2015. Hier zeigte sich Grant stilistisch vielfältig, verzichtete auf Füllmaterial und probierte sich an zeitgenössichen Sounds. Die LP machte Hoffnung, dass sie vielleicht doch mehr sein wollte als die melancholische Teenie-Ikone mit dem Altherren-Fetisch. Und Lust for Life macht auf den ersten Blick auch erstmal den Eindruck, als wäre das der Plan. Auf dem Cover lächelt Frau Grant erstmals deutlich, der Plattentitel steht ebenfalls im Kontrast zum bisherigen Image und vor allem Features von the Weeknd, A$ap Rocky, Playboi Carti, Stevie Nicks und Sean Lennon machen neugierig. Nicht zu vergessen die ambitionierte Spielzeit von knapp 72 Minuten, also praktisch fast ein Doppelalbum. Lana del Rey hat sich auf jeden Fall was ausgedacht hier. Da ist es schon ein kleines Wunder, wie sie es hier trotzdem hinbekommt, ihr vielleicht langweiligstes Album seit Ultraviolence zu veröffentlichen. Auf Lust for Life erleben wir zwei Jahre nach dem Zuversicht spendenden Vorgänger wieder die ungluablich dröge und jammerige Schmalspur-Diva, von der wir uns im Geiste eigentlich schon getrennt hatten. Der ziemlich coole Trap-Sound von Honeymoon wird hier systematisch in 16 sterbensöden Tracks langsam und qualvoll abgetötet und schon nach den ersten vier oder fünf hat man davon mehr als genug. Die Gesangsleistung bewegt sich mehr als sonst auf dem Niveau einer Kettenraucherin mit Lokalanästhesie und leicht betäubt scheinen auch alle an Songwriting und Produktion beteiligten Menschen gewesen zu sein. Denn bei dem Schneckentempo, in dem die Platte über eine Stunde vor sich her schleicht, wird man ebenfalls schnell etwas duselig. Und daran können auch die vielen Trap-Breaks und die Auftritte von A$ap Rocky und Playboi Carti nichts ändern. Sie machen es sogar teilweise noch schlimmer. Dabei haben wir über die inhaltlichen Dimensionen der LP noch nicht mal geredet. So wie ich das verstehe, ist Lust for Life Lana del Reys "politisches Album" und schon bei der Vorstellung kann ich mir ein leichest Schmunzeln nicht verkneifen. Die Wirklichkeit ist aber noch um einiges lustiger. Wer Songs wie Coachella oder When the World Was at War... tatsächlich ernsthaft hören kann, ohne wenigstens ein bisschen Fremdscham zu empfinden, der hat seine Weltanschauung wahrscheinlich aus der Bravo oder aus einer Pepsi-Werbung. Das mitleidige Larifari in diesen Stücken ist so dermaßen verblendet, dass man sich nicht wundern braucht, warum Leute Donald Trump wählen. Ich weiß, dass das wahrscheinlich alles Teil des Reiches-Dummes-Mädchen-Images von Grant ist, aber trotzdem ist es ziemlich albern. Wenn das hier Absicht ist, dann parodiert sich Lana del Rey inzwischen selbst und dann darf ich bitteschön auch drüber lachen. Aber was bedeutet diese LP jetzt für die Künstlerin selbst? Es ist wie immer alles nicht so schlimm, wie ich es darstelle. Zwar empfinde ich Lust for Life als bisherigen Tiefpunkt der Karriere von Grant, doch verloren ist trotzdem nicht alles. Für Liebhaber gibt es hier nach wie vor ein paar ganz solide Einzeltracks wie Love, Change oder 13 Beaches, die durchaus funktionieren und sogar ganz poetisch sind. Außerdem steht dieses Album nicht zuletzt dafür, dass Lana del Rey sich noch weiter von ihrem ursprünglichen Stil befreit. Sich Gäste aufs Album zu holen und mit der Produktion zu spielen ist ja an sich kein schlechter Schritt dafür. Nur muss sie eben noch rausfinden, wie man das ganze so anstellt, dass eine spannende Platte dabei rauskommt. Und mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass Elizabeth Grant und früher oder später doch wieder überraschen wird. Irgendwann werden ja die ganzen Teenager auch erwachsen.





Persönliche Highlights: Love / 13 Beaches / In My Feelings / Change

Nicht mein Fall: Lust for Life / Summer Bummer / Groupie Love / Coachella - Woodstock in My Mind / God Bless America - And All the Beautiful Women in It / When the World Was at War We Kept Dancing / Beautiful People Beautiful Problems / Tomorrow Never Came / Get Free

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